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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Vor Gericht wäre ich lediglich ein Strafverteidiger, der sich verzweifelt an irgendwelche Fakten klammerte, um seinen Mandanten zu entlasten.
    » Diese Karte stammt also aus Stanley Keanes Haus«, sagte Lee Tucker. » Und du hältst diese mit einem X markierten Gebäude für Anschlagsziele.«
    » Du etwa nicht?«, erwiderte ich.
    » Und Stanley Keane liegt gerade mit diversen gebrochenen Knochen im Krankenhaus und erholt sich von einem massiven Schockzustand.«
    Ich nickte. » Er hat sich so beeilt, mir die Karte zu übergeben, dass er dabei die Treppe runtergefallen ist.«
    Tucker grinste nicht mal. » Ist das auch seine Version der Geschichte?«
    » Lee, sind wir hier, um darüber zu diskutieren, ob ich dieses Arschloch angegriffen habe, oder darüber, ob er irgendwann in nächster Zeit Bomben in unserer Stadt hochgehen lassen will?«
    Tucker dachte länger darüber nach, blätterte in seinen Notizen und nickte dann. » Okay, Kolarich, verstanden«, sagte er.
    Prima, er hatte verstanden. Mehr würde ich von ihm nicht erfahren. Immerhin hatte ich meine Pflicht getan. Wieder einmal.
    Joel und ich kehrten gegen vier Uhr nachmittags in die Kanzlei zurück. Shauna saß in ihrem Büro und tippte eifrig. Morgen früh würden wir Richter Nash einen schriftlichen Antrag vorlegen, der alle unsere Ermittlungsergebnisse zusammenfasste und darlegte, warum wir eine Einstellung wegen Verfahrensfehler oder einen Verfahrensaufschub forderten. Sollte Richter Nash diesen Antrag ablehnen, würde ich einen Eilantrag an das Oberste Bundesgericht schicken, das die Aufsicht über jedes Gericht und jeden Fall führte, und sie darum bitten, aufgrund der aktuellen dramatischen Entwicklungen den Prozess auszusetzen. Und ich würde dafür sorgen, dass Richter Nash von meinem Plan B erfuhr. Danach blieb mir nur zu hoffen, dass das drohende Schreckgespenst des höchsten Gerichtshofs den alten Sturkopf zu einer kurzen Unterbrechung des Verfahrens bewegte. Die meisten Richter hätten dem zugestimmt. Aber wie gesagt, Richter Nash war nicht die meisten Richter.
    Wie auch immer, die schriftliche Eingabe musste absolut wasserdicht sein. Ich brauchte ein bestmöglich abgefasstes Schriftstück, und das bedeutete, Shauna musste ran. Sie beherrschte so etwas aus dem Effeff, doch da sie sich bisher auf die Forensik konzentriert hatte, bat ich auch noch Joel Lightner hinzu. Außerdem rief ich Tori an, die bei einigen Ermittlungen persönlich dabei gewesen war. Wir brauchten eine knappe, knackige Zusammenfassung und zudem eidesstattliche Versicherungen, die unsere Erörterung der Faktenlage unterstützten.
    » Okay, lass deine Magie wirken«, sagte ich zu Shauna. » Und Lightner, benimm dich anständig in Gesellschaft dieser beiden wunderhübschen Damen.«
    » Ach ja?«, sagte er. » Und wohin zum Teufel verdrückst du dich?«
    Ich streckte meine Arme. » Ich bereite mein Abschlussplädoyer vor«, sagte ich. » Für den Fall, dass Richter Nash uns komplett auflaufen lässt.«
    89
    Den Rest des Abends und bis in den frühen Morgen hinein arbeitete ich an zwei Dingen: den Argumenten, warum Richter Nash den Fall neu aufrollen und Ermittlungen zu den von mir vorgelegten Beweisen zulassen sollte, und, falls er das ablehnte, an meinem Abschlussplädoyer über die unzureichenden Beweise der Anklage bezüglich der Schuld von First Lieutenant Thomas Stoller.
    Gegen drei Uhr morgens kapitulierte ich schließlich. Tori, die mit mir in der Kanzlei ausgeharrt und sich sogar mehrfach mein abschließendes Resümee angehört hatte, begleitete mich in mein Hotelzimmer.
    Mein Zimmer war lausig, aber immerhin hatte ich von dort einen Ausblick über die North und die East Side, wo die meisten jungen Menschen lebten und ein Großteil des Nachtlebens tobte.
    Selbst jetzt noch um halb vier Uhr morgens. Ein paar dieser Läden hatten eine Ausschanklizenz bis vier. Ich erinnerte mich an die Zeit vor meiner Ehe, als man nicht vor Mitternacht ausging, um vier Uhr morgens das Trinken einstellte und sich dann ein 24-Stunden-Diner oder einen Burrito-Imbiss suchte.
    » Du hast getan, was möglich war, und mehr als das«, sagte Tori, die auf meinem Bett saß. Sie trug ein graues T-Shirt und sonst nichts. Unter anderen Umständen hätte ich wohl kaum widerstehen können. Ich wäre aufs Bett gehechtet.
    » Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Hätte ich mich nicht so in Gin Rummy verbissen, hätte ich Lightner diesen Randall Manning möglicherweise schon viel früher unter die Lupe nehmen

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