Der falsche Mann
gewesen waren, aber immer noch Respekt einflößend. Waffen, Prostitution und Wetten, nicht zu vergessen Drogen und Schutzgelderpressung. Rico Capparelli war das Oberhaupt der Familie, aber er saß nach einer Verurteilung wegen organisierter Kriminalität im Knast – ironischerweise also wegen der sogenannten RICO -Gesetze. Man ging davon aus, dass sein Bruder Paul jetzt die Geschäfte lenkte, aber das alles wusste ich nur aus Zeitungsberichten. Als Staatsanwalt war ich auf Straßengangs spezialisiert gewesen, nicht auf den Mob.
Was auch immer Lorenzo Fowler möglicherweise getan oder auch nicht getan hatte, er wurde von einem Anwalt der Mafia vertreten. Und dessen Loyalität galt stets der Mafia und nicht seinem Klienten. Fowler hatte einen Tauschhandel anzubieten, konnte ihn aber nicht über seinen gegenwärtigen Rechtsvertreter abwickeln. Was bedeutete, er wollte jemanden preisgeben, der in der Nahrungskette über ihm stand.
» Sie brauchen eine Rechtsberatung«, sagte ich. » Sie wollen wissen, was bei einem Deal für Sie rausspringt.«
» Sie haben’s erfasst.«
Das war es also. » Um was geht es bei dieser Sache, die Sie vielleicht getan haben oder vielleicht auch nicht?«
Er hob eine Schulter. » Der Typ, dem das Knockers gehört. Der Stripclub drüben auf der Green. Vielleicht hat er letzte Woche ’nen kleinen Denkzettel verpasst gekriegt. Vielleicht wird er den nicht überleben.«
» Tut mir leid, das zu hören.«
» Würd es nicht, wenn Sie das Arschloch kennen.«
Dieser Lorenzo Fowler wurde mir langsam richtig sympathisch.
» Okay, also schwere Körperverletzung, vielleicht versuchter Totschlag«, sagte ich. » Und irgendwann könnte das Ganze zum Totschlag werden.«
Fowler schauderte bei dem Gedanken.
» Was haben Sie anzubieten?«, fragte ich.
Das ließ ihn noch mehr schaudern. Er zog die Schultern hoch. » Vielleicht gab es da noch einen Mord. Wegen einer ganz anderen Geschichte. Und vielleicht weiß ich was darüber.«
» Sie wissen möglicherweise, wer es getan hat?«
» Nehmen wir an, ich wüsste es.« Sein Gesicht verriet nichts über seine Gedanken. Ein Wesenszug, den er sich vermutlich im Verlauf seiner miesen, kleinen Gangsterkarriere angeeignet hatte.
» Okay, gehen wir also davon aus. Können Sie einen Mordfall für die Polizei lösen? Das wäre schon was wert. Vermutlich keine Immunität, aber immerhin etwas.«
Er lauschte aufmerksam. » Kein Freispruch?«
» In dieser Sache mit dem Stripclub-Besitzer? Das bezweifle ich. Immerhin handelt es sich um schwere Körperverletzung, falls der Typ überlebt. Oder um Totschlag, falls nicht. Also kaum vorstellbar. Hängt aber letztlich von den Umständen ab.«
» Selbst wenn der Kerl, den ich liefere, Gin Rummy ist?«
Die Anspielung sagte mir nichts. Aber seinem gespannten Ausdruck nach zu urteilen, erwartete er, dass ich den Namen kannte.
» Wer ist Gin Rummy?«, fragte ich.
Ein Lächeln huschte über seine Lippen. » Es gibt nur fünf Leute auf der Welt, die das wissen. Wollen Sie der sechste sein?«
Ich schüttelte den Kopf. » Das überlasse ich Ihnen. Offenbar ist Gin Rummy also jemand Bedeutendes?«
» Für die Cops? Absolut. Und fürs FBI auch. Und für Paulie ganz sicher.«
Womit er aller Wahrscheinlichkeit nach Paul Capparelli meinte, das neue Oberhaupt des Verbrecherclans.
» Paulie sagt immer: ›Gin Rummy ist unser Reinigungsmann‹.« Fowler lachte leise.
» Gin Rummy ist Berufskiller?«, fragte ich.
Fowler starrte mich lange an. Schließlich sagte er: » Fast.«
» Ein Auftragsmörder«, sagte ich.
» Richtig.«
» Besteht für Sie irgendein Unterschied zwischen ›Berufskiller‹ und ›Auftragsmörder‹?« Es war keine sonderlich hilfreiche Frage, aber langsam ging mir dieser Kerl auf die Nerven. Egal, wir hatten genug Katz und Maus gespielt. » Gut, war es das, Lorenzo? Nur Gin Rummys Klarname? Oder haben Sie Beweise, dass Gin Rummy diesen anderen Mord begangen hat?«
Erneut zeigte er mir seine ekelhaften Zähne. » Ich hab Beweise.«
» Welche Art von Beweisen?«
» Beweise eben.«
Das wenige Wissen, das ich als Staatsanwalt über die Mafia und ihre Mitglieder gesammelt hatte, war nun schon ein paar Jahre alt. Trotzdem klang es so, als sei Gin Rummy eine entscheidende Figur. Möglicherweise war das doch größere Zugeständnisse wert.
» Sie denken an so was wie ein Zeugenschutzprogramm?«, fragte ich.
» Richtig. Das Problem ist, dieser eine Mord, über den ich Informationen hab, für den
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