Der falsche Mann
ihm. Hat ihn nie besucht, soweit wir wissen. Außerdem gibt’s da einen Bruder, aber der hängt auf den Kaimaninseln rum.«
» Das hilft uns nicht weiter.«
» Hey, Mooch, bieg hier rechts ab«, schnauzte Ramini den Fahrer an, Donnies Bruder. Wenn es überhaupt möglich war, noch weniger talentiert zu sein als Donnie, dann gebührte dieses zweifelhafte Verdienst seinem Bruder. » Ich will ins Fitnessstudio.«
» Was machst du da, Stepmaster und Nautilus und solchen Kram?«, fragte Donnie.
» Nee, die haben dort ein Laufband. Die meiste Zeit renne ich.«
» Ich hab auch schon drüber nachgedacht, so was zu machen.«
Ramini musterte seinen dreihundert Pfund schweren Freund. » Tja, kann sicher nicht schaden, Don.«
Der Wagen hielt vor dem Fitnesscenter.
» Rede mit Paulie, Don«, sagte Ramini. » Und zwar heute noch.«
» Also gibt es da niemand? Komm schon, Petey, gibt es wirklich niemanden, den wir bei diesem Anwalt als Druckmittel einsetzen können? Keiner, der ihm was bedeutet?«
Peter Ramini überlegte einen Augenblick. Er dachte an Kolarichs Begleitung beim Nachstellen des Mordes. Das alles konnte rasch ziemlich kompliziert werden.
» Er hat eine Freundin«, sagte er.
37
Tom Stoller starrte auf seine Füße, und seine Zunge huschte mit hundert Stundenkilometern über seine Lippen. Seine Hände konnte ich nicht sehen, aber mit Sicherheit zuckten seine Finger. Er befand sich gerade in seiner eigenen Welt, dachte an hundert Dinge, die nichts mit seinem Auftritt vor Gericht oder mit seinem Fall zu tun hatten, sondern höchstwahrscheinlich mit seinem Einsatz im Irak.
Und eine Vertreterin des Staates, der diesen Mann zu seiner schmutzigen Arbeit nach Übersee geschickt hatte, ihn damit persönlich ruiniert und anschließend im Stich gelassen hatte, verlangte jetzt, dass ein Richter in seinem Fall Schuldunfähigkeit ausschloss.
Der Gerichtsschreiber rief unseren Fall auf. Tom verzog keine Miene bei der Erwähnung seines Namens.
Heute war Dienstag. Wir befanden uns im letzten Stadium der Prozessvorbereitung. Sämtliche Ablenkungen – andere Mandanten, Meetings, Gerichtstermine – hatten wir inzwischen hinter uns gelassen. Jetzt hieß es, alle Mann an Deck. Shauna arbeitete mit den Sachverständigen. Bradley skizzierte die Vorverfahrensanträge. Joel Lightner jagte allem hinterher, was er über Gin Rummy, Summerset Farms und Global Harvest finden konnte. Ich war mir sicher, dass da irgendwas verborgen war. Und Kathy Rubinkowski war darüber gestolpert.
Aber da ich mich nicht auf das rechtzeitige Eintreffen von handfesten Beweisen verlassen konnte, musste ich mich gleichzeitig für eine auf Schuldunfähigkeit basierende Beweisführung rüsten. Shauna würde unseren Psychiater Dr. Baraniq präparieren und ich vermutlich den Experten der Gegenpartei ins Kreuzfeuer nehmen. Vorausgesetzt, Richter Nash schloss Schuldunfähigkeit nicht ganz aus; wenn doch, würde das bedeuten, dass er mir Zeit für einen völligen Neuaufbau der Verteidigung geben musste. Diese Möglichkeit war, wie Shauna bereits bemerkt hatte, eine meiner stärksten Motivationen heute – die Hoffnung, dass der Richter eventuell Schuldunfähigkeit ausschloss und ich während eines Verhandlungsaufschubs das viel stärkere Unschuldsargument untermauern konnte.
Richter Nash fixierte uns über seine Brille hinweg. Er war heute übler Stimmung. Die drei Anwälte auf der Prozessliste vor uns hatte er bereits heruntergeputzt. Seine Stimmung oder seine Beleidigungen waren mir egal, aber er wurde dadurch unberechenbar – oder besser, noch unberechenbarer.
» Ms. Kotowski«, donnerte er. » Sie sind an der Reihe.«
Wendy stürzte sich in den Kampf. Sie argumentierte, ihre Experten hätten Tom Stoller nicht untersuchen können, da er sich geweigert habe, mit ihnen über die fragliche Nacht zu reden. Sie zitierte einen mir unbekannten Präzedenzfall, dem zufolge der Richter eine Schuldunfähigkeitsverteidigung ausschließen konnte, wenn der Angeklagte die Zusammenarbeit mit den staatlichen Ärzten verweigerte.
Sie führte noch ein weiteres Argument an. Und das war ihr stärkstes. » Bei einem Gespräch mit dem staatlichen Sachverständigen Dr. Ramsey, bei dem sich der Angeklagte zumindest vorübergehend öffnete, erklärte er, er hätte keinerlei Erinnerungen mehr an den Mord an Kathy Rubinkowski. Euer Ehren, laut Gesetz gibt es gewisse Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Schuldunfähigkeit seitens eines Angeklagten, aber diese
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