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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Voraussetzungen sind hier eindeutig nicht erfüllt. Der Angeklagte kann unmöglich eine auf PTBS basierende Verteidigung für sich in Anspruch nehmen, wenn er sich nicht mal an die Ereignisse erinnern kann.«
    Tom hatte mir dasselbe gesagt oder mir vielmehr zugeflüstert, als er mich im Besuchsraum zu Boden geworfen hatte. Außerdem hatte er es in meinem Beisein gegenüber seinem Kriegskameraden Buddy erwähnt.
    » Nun, Mr. Kolarich.« Der Richter wandte sich mir zu. Ich näherte mich dem Pult, trotzdem redete er weiter. » Ihr Mandant will also nicht mit den staatlichen Sachverständigen sprechen?«
    » Das behaupten die Sachverständigen, Sir. Ich bin kein Fachmann …«
    » Hat Ihr Mandant mit Ihrem Sachverständigen gesprochen?«
    Ich zögerte. » Mein Sachverständiger wird während der Verhandlung dazu aussagen …«
    » Ist das ein Nein, Herr Anwalt? Es klingt wie ein Nein.«
    » Er hat Dr. Baraniq keine Details schildern können«, gab ich zu.
    » Verstehe. Also, erinnert sich Ihr Mandant jetzt an die Ereignisse des Abends oder nicht?«
    » Herr Richter«, sagte ich, » ich möchte der Anklage nur ungern Einblick in meine Beweisführung gewähren.«
    Der Richter runzelte die Stirn. » Das werden Sie aber müssen, wenn Sie bei dieser Beweisführung bleiben wollen. Sie können sich nicht hinter dem fünften Zusatzartikel verstecken, wenn Sie mit Schuldunfähigkeit argumentieren. Das wissen Sie.«
    » Euer Ehren, ich trage in diesem Fall die Beweislast. Die Verteidigung. Die Anklage kann meine Argumentation immer noch entkräften, nachdem ich …«
    » Mr. Kolarich.« Er schüttelte den Kopf. » Die Staatsanwaltschaft hat recht. Der Angeklagte kann keine auf posttraumatischem Stress basierende Verteidigung für sich in Anspruch nehmen, wenn er sich nicht an das Verbrechen erinnert. Ich habe die Unterlagen des Sachverständigen vorliegen, laut denen der Angeklagte sich nicht erinnern kann. Und ich habe bisher kein Gegenargument von Ihnen gehört.«
    » Herr Richter …«
    » Herr Anwalt, Sie oder Ihr Mandant können mir jetzt erklären, ob er aussagen will – aber das ist Ihre letzte Chance. Erinnert sich Ihr Mandant an die fragliche Nacht oder nicht?«
    » Herr Richter, soweit ich weiß, erinnert er sich nicht, aber mein Sachverständiger wird bezeugen, dass …«
    » Nein«, sagte der Richter kopfschüttelnd. » Nein. Ich schließe hiermit eine auf Schuldunfähigkeit basierende Beweisführung aus. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft wird stattgegeben.«
    Ich legte eine kurze Pause ein, als müsste ich diese im Grunde vorhergesehene Entwicklung verdauen. Beide Argumente der Anklage hätten dem Richter ausreichend Grund geliefert, eine Schuldunfähigkeitsverteidigung abzulehnen.
    Aber ich hatte einen Plan B, und es war an der Zeit, ihn in Kraft treten zu lassen. » Herr Richter, das Problem der Anklage mit meinem Mandanten ist auch mein Problem. Er reagiert nicht auf meine Fragen. Er kann mir nicht helfen. Er ist nicht in der Lage, mich bei meiner Verteidigung zu unterstützen. Und das ist nicht allein meine Einschätzung. Die Staatsanwaltschaft liefert selbst die nötigen Argumente dafür. Tom Stoller ist nicht verhandlungsfähig.«
    » Augenblick mal«, protestierte Wendy.
    » Nicht so schnell, Herr Anwalt«, sagte der Richter. » Mr. Kolarich, reden wir jetzt über Verhandlungsfähigkeit? Zwei Anhörungen über die Verhandlungsfähigkeit ihres Mandanten wurden bereits auf Staatskosten durchgeführt. Beide Male hat man ihn für verhandlungsfähig erklärt.«
    » Er will und er kann nicht mit mir reden, Herr Richter. Wie kann er mich dann bei meiner Verteidigung unterstützen? Und das ist die eigentliche Definition von Verhandlungsunfähigkeit. Keine der vor Ihnen erschienenen Parteien glaubt nicht daran, dass er verhandlungsunfähig …«
    » Herr Anwalt, Ihr Mandant will nicht mit dem staatlichen Sachverständigen reden. Deswegen ist er noch lange nicht verhandlungsunfähig. Sie scheinen ja durchaus Dinge von ihm erfahren zu haben, auch wenn Sie diese vor Gericht nicht preisgeben wolle. Es wird keine dritte Anhörung über seine Verhandlungsfähigkeit geben, und damit Schluss.«
    » Euer Ehren …«
    » Der Punkt ist erledigt, Herr Anwalt. Endgültig.«
    » Dann werde ich einen Verhandlungsaufschub beantragen«, sagte ich mit einem leichten Gefühl der Panik. Ich hatte erwartet, mit Plan B durchzukommen. Dies war jetzt Plan C. » Sie haben acht Tage vor Prozessbeginn unsere Verteidigungsstrategie

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