Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Angriffsprogramm.«
    »Das war ein Fehler, diese Möglichkeit nicht zu programmieren … Was ist mit seinen Schwachpunkten?«
    »Seine Wadenbeine«, antwortet Crazy völlig ernst. »Und die Schläfen. Außerdem … aber ein Angriff bringt eh nichts. Selbst diese andere Mannschaft hatte zu schwache Waffen. Und wir …«
    Der Fahrstuhl bleibt stehen.
    »Das ist der Thronsaal«, verkündet Crazy erleichtert. Wir betreten einen monumentalen, rautenförmigen Saal. Er ist sehr streng gehalten, verzichtet auf jeden Prunk. Nur der Thron in der gegenüberliegenden Ecke ragt aus dem Interieur heraus. Es ist ein riesiges Ding aus silbern funkelndem Metall.
    Und mit einem Wachtposten auf jeder Seite!
    Die beiden Monster haben nicht mit uns gerechnet. Wahrscheinlich hat bisher noch nie jemand versucht, in den Palast vorzudringen, denn das ist ja nicht das Ziel des Spiels. Den ersten Schuss gibt Pat ab. Mit ihm reißt er das Reptil unter den beiden Wachen in blutige Fetzen. Die schneckenförmige Kreatur zögert ein paar Sekunden, bevor sie den Kopf nach hinten wirft und uns ihren giftigen grünen Speichel entgegenspuckt.
    Doch der erreicht uns nicht. Zischend verdampft er auf den Marmorfliesen des Fußbodens.
    »He, du abgebrochener Sir Max!«, ruft Pat verächtlich und gibt den zweiten Schuss ab. Die Schnecke gleitet geschmeidig zur Seite. Daraufhin eröffnet auch Nike das Feuer. Ihr Nadelwerfer verwandelt das Monster in ein krampfhaft zuckendes Sieb.
    »Der Traum eines jeden Intelligenzlers aus Sowjetzeiten. Du brauchst deinen Feind nur anzuspucken, und schon verreckt er. Ob unsere russischen Programmierer hier die Finger im Spiel hatten?«, bemerkt Nike mit einem Blick auf Pat. »Das hast du gut gemacht.«
    Hinter uns wackelt der Aufzug und fährt wieder in die Tiefe.
    »Vielleicht kommt Dschingis ja doch noch?«, fragt Pat leise.
    »Darauf würde ich nicht hoffen.« Crazy nickt Richtung Thron. »Los jetzt! Wir brauchen fünf Raketen!«
    Pat und ich schießen gleichzeitig. Zwei Raketen. Vier. Sechs. Die letzte sicherheitshalber.
    Die Metallkonstruktion scheint zu implodieren. Verkohlte Metallstücke lösen sich wie Blütenblätter von ihr ab und fliegen durch den Raum. Im Innern dieser Blume zuckt ein purpurrotes, atemberaubendes Licht.
    »Schnell!«
    Crazy und Nike stürzen zum Eingang, Pat wirft noch einen hoffnungsvollen Blick Richtung Fahrstuhl. Der nähert sich bereits wieder.
    Ich packe den Jungen am Kragen und ziehe ihn zum zerstörten Thron.
    »Da sind Dschingis und Bastard!«, schreit Pat stur.
    »Die beiden sind längst tot!«, erkläre ich unumwunden und stoße Pat in den lichterfüllten Eingang. Er verschwindet genauso spurlos, wie vor ihm schon Nike und Crazy verschwunden sind.
    Als ich ihm nachspringe, habe ich dem Fahrstuhl das Gesicht zugekehrt. Da tauchen gerade die blonden Locken auf, unter denen mit sengendem Feuer die blauen Augen lodern.
    Du kommst zu spät, Freundchen.
     
    Alles ist dunkel. Um mich herum wabert grauer Nebel. Ich bin teilweise auf Pat gefallen, der sich nun unter mir windet.
    »Leonid?« Crazy hilft mir aufstehen. »Da wären wir also«, verkündet er mit einem schiefen Grinsen.
    Da wären wir also – im nebligen Nichts. Hier gibt es nur den festen Boden unter unseren Füßen, hier gibt es nur uns vier. Und den Nebel. Ein Déjà-vu vom Feinsten.
    »Was ist das?«, frage ich, als ich Pat hochhelfe. Der schnauft empört und schüttelt mich ab.
    »Das ist … eine Pause«, antwortet Crazy. »Der Tempel braucht eine gewisse Zeit, um sich aufzubauen. Aber keine Sorge, es ist alles, wie es sein soll.«
    »Und wie kommen wir rein? Du hast gesagt, man müsse einen Test absolvieren – ob du auch wirklich ein Diver bist.«
    »Stimmt«, erwidert Crazy. »Aber der ist simpel. Wir kommen schon in den Tempel. Wenn auch nur wir zwei.«
    Ich sehe Nike an.
    Sie hält ihren Nadelwerfer nach wie vor im Anschlag.
    Und auch ich nehme den Finger nicht vom Abzug.
    »Senk die Waffe, Nike«, verlange ich.
    Sie hat einen entschlossenen Blick. Einen äußerst entschlossenen und hoch konzentrierten Blick. »Ist das dein Ernst, Revolvermann?«
    »Mein völliger. Nicht dass du am Ende noch auf die Idee kommst, allein in den Tempel zu gehen.«
    »Verlier jetzt nicht die Nerven, Ljonka«, ermahnt mich Crazy. »Den Tempel kann nur ein Diver betreten …«
    Nike deutet ein Lächeln an.
    »Dick!«, sage ich nachdrücklich. »Denk doch bitte mal daran, wie sie die Trosse runtergekommen ist! Sie ist ein Diver, Crazy! Genau

Weitere Kostenlose Bücher