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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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mich nicht täuschte, ist es haargenau die gleiche Gruppe. Einzelne Gesichter erkenne ich wieder, außer Nike ist da noch ein älterer Mann, der sehr intelligent aussieht, zwei Zwillinge (die ja vielleicht sogar tatsächlich Brüder sind), eine kurvige Frau, die mich irgendwie an Luisa erinnert, ein pickliger Teenager, der von einem Menschen designt worden sein muss, der Jugendliche hasst.
    »Das ist ein Scheißspiel!«, fasst einer der beiden Zwillinge in Worte, was alle denken. Der andere nickt nur.
    »Wir zwingen niemanden, daran teilzunehmen.« Der Sergeant spuckt auf den Boden. »Wer zu feige ist, kann gern gehen.«
    Schweigend stelle ich mich unter die Dusche.
    Die anderen folgen meinem Beispiel.
    »Vielen Dank für die Pistole«, sage ich Nike.
    »Welche Pistole?« Sie wäscht sich in der Nachbarkabine den Dreck und das Blut ab. Jede Scham ist längst vergessen.
    »Ich habe deine Leiche gefunden. Und mir deine Waffe genommen. «
    Die Frau kehrt mir nun doch den Rücken zu. »Wenn du den Abzug drei Sekunden gedrückt hältst«, erklärt sie, »intensiviert sich die Schusskraft.«
    »Danke, aber da bin ich auch von allein hintergekommen. Doch selbst mit der stärksten Ladung kannst du mit dieser Waffe auf dem Planeten nur Fliegen umbringen.«
    Wir werden wieder in die Wannen getrieben.
    Ein weißes Gas zischt. Ein kurzer Schmerz, verursacht von Stromschlägen, durchzuckt mich. Dann folgt Dunkelheit.
     
    Diesmal wache ich zusammen mit allen anderen auf. Der Saal hat weniger gelitten als beim letzten Mal, dafür haben bei den meisten Anabiosewannen die Apparaturen verrückt gespielt. In ihnen liegen nur noch verbrannte Körper.
    »Das sind diejenigen, die keine Seele hatten«, erklärt Nike und setzt ein triumphierendes Lächeln auf.
    Wohl oder übel muss ich ihr recht geben. Gestorben sind nur völlig banale Figuren – die eindeutig computergeneriert waren.
    Wohingegen alle, in denen ich echte Menschen vermutet hatte, noch leben.
    Genau wie die drei Sergeanten. Sie verteilen Pistolen und Uniformen in einem tristen Grau an uns. In der bunten Welt außerhalb des Raumschiffs werden wir in diesen Dingern ein vorzügliches Ziel abgeben …
    Unsere kleine Truppe begibt sich nach draußen.
    »Abmarsch!«, brüllt einer der Sergeanten.
    »Ich gehe meinen eigenen Weg!«, sage ich und richte die Pistole auf ihn.
    »Was???«
    »Ich bin der Revolvermann. Ich gehe allein.«
    Der picklige Teenager ist begeistert. Der Intelligenzler und die Zwillinge betrachten mich missbilligend. Nike scheint über etwas nachzugrübeln.
    Nach kurzem Zögern nickt der Sergeant. »Na gut, du Idiot, geh ruhig allein.«
    Daraufhin zieht die Gruppe ab. Nike bleibt noch stehen und sieht mich an. »Warum sonderst du dich ab?«, will sie wissen.
    »Dieser Trupp marschiert wie auf dem Präsentierteller«, antworte ich. »Wenn du ein Ziel für deine Rakete suchst, kannst du dir gar nichts Besseres wünschen.«
    »Und wie willst du dich allein durchschlagen?«
    »Ich werd mir schon was einfallen lassen.«
    Nike sieht der Gruppe nach, zuckt die Achseln und jagt den anderen schließlich hinterher.
    Ich setze mich erst mal auf einen Stein und lasse mir die Situation durch den Kopf gehen. In aller Ruhe. Nach reiflicher Überlegung folge auch ich der Gruppe.
    Einerseits ist es natürlich absolut mies von mir, die anderen vorzuschicken, damit sie mir den Weg bahnen. Andererseits bin ich ja auch nicht zum Spielen hier.
    Ausschlaggebend ist jedoch: Ich glaube nicht an ihren Erfolg.
    Und damit liege ich völlig richtig.
    Der Tunnel in der Höhle erinnert inzwischen an ein Schlachtfeld, überall liegen Leichenteile rum. Aber leider keine Waffen.
    Dafür sind wieder diese schweren Schritte zu hören.
    »Ich bin der Revolvermann«, wiederhole ich, um mir dann auf die Lippe zu beißen. Ob dieses Mantra vielleicht schon abgenutzt ist?
    Die Schritte kommen immer näher.
    Kurz bevor das Monster um die Ecke biegt, drücke ich sanft auf den Abzug. Die Pistole vibriert leicht, als sie den intensivierten Schuss vorbereitet. Schließlich spuckt sie ein dunkelblaues Flammenknäuel aus, das die Brust des Feindes trifft.
    Doch auch diesmal lässt der Treffer dieses Untier völlig kalt!
    Ich sause los, zische dem Monster direkt vor die Nase, weil ich hoffe, dass er sich mit seinem Raketenwerfer nicht vor die Füße schießt.
    In der Tat, er verzichtet darauf.
    Stattdessen schlägt er mit seiner kräftigen Pfote zu, und obwohl er mich leicht verfehlt, werde ich gegen die Wand

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