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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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einziehen!«
    »Ich bin ja nicht eure Beraterin, überhaupt gehe ich schon lange nicht mehr in die Tiefe …«
    Mir fiel ein, wie ich Vika neulich mit dem Helm auf dem Kopf vorm Laptop ertappt hatte, doch ich sagte kein Wort.
    »Vika, lass es uns doch erst mal versuchen, dann sehen wir weiter!«, sagte Bastard.
    »Es gibt eine ganz einfache Regel für die eigene Sicherheit«, bemerkte Vika. »Und die lautet: Meide gefährliche Orte. Im Moment ist die Tiefe ein gefährlicher Ort. Es wäre wesentlich sicherer für euch, eine Zeit lang ohne sie auszukommen. Warum seht ihr das nicht ein?«
    »Das tun wir doch«, erwiderte Bastard. »Aber wir können halt nicht anders. Morgen gehen wir ins Labyrinth.«
    »Davon würde ich euch dringend abraten«, brachte Vika mit Nachdruck hervor. »Euch allen. Doch in erster Linie Ljonka.«
    »Den Rat haben wir auch schon von jemand anderem gehört«, entgegnete Bastard. »Der hockt vermutlich auch gerade vor einer durchgeschmurgelten Kiste …«
    Ich sah Vika an – dann senkte ich meinen Blick. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meiner Haut.
    »Die Situation eskaliert immer weiter«, bemerkte Vika, an Bastard gewandt. »Noch vor einem Jahr hättest du an der Decke geklebt, wenn irgendein Dreckskerl einen fremden Rechner zum
Abschmieren gebracht hätte. Und heute lachst du dir vor Schadenfreude ins Fäustchen.«
    »Und was hat dieser Kerl Ljonka angetan?!«, stieß Bastard aus. »Wer hat denn angefangen?!«
    »Na?«, entgegnete Vika. »Wer?«
    Bastard und ich, wir sahen uns an.
    »Also, Maniac zählt nicht …«, erklärte Bastard. »Seine Waffe war sauber. Außerdem hat sie überhaupt nicht funktioniert. Und Pat …«
    Vielleicht hätte ich Vika doch noch nicht alles erzählen sollen …
    »Er ist noch ein Kind«, fuhr Bastard fort. »Gut, er hat es verdient, dass ihm jemand den Kopf wäscht … oder übers Knie legt. Aber warum vernichtet jemand seine Kiste?«
    »Bastard, ihr habt zu einer Waffe der zweiten Generation gegriffen – und ihr habt nicht mal ein schlechtes Gewissen«, konstatierte Vika. »Genauso würde es mit einer Waffe sein, mit der man einen Menschen tötet. Sobald einer von euch sie in die Finger bekommt, wird er eine Rechtfertigung finden, um sie einzusetzen.«
    »Nie im Leben!«, widersprach Bastard.
    »Dann werdet ihr umgebracht. Ihr begebt euch freiwillig in eine Situation, die nach immer heftigeren Maßnahmen verlangt. Dieser Dark Diver hat euch gewarnt! Und wahrscheinlich weiß er wirklich mehr als ihr.«
    »Dann hätte er sein Wissen mit uns teilen müssen.«
    »Vielleicht hatte er das ja vor?«
    »Warum verteidigst du ihn eigentlich, Vika?«, fragte Bastard. »Er hat Romka auf dem Gewissen, er ist in Dschingis’ Haus eingebrochen und er hat Leonids Kiste lahmgelegt!«
    »Ich verteidige ihn nicht, ich bemühe mich lediglich um Objektivität. Je tiefer ihr euch in diese Geschichte verstrickt, desto größer ist das Risiko, dass ihr dieser neuen Waffe zum Opfer fallt. Oder … sie selbst einsetzt.«
    »Nie im Leben!«, wiederholte Bastard.
    »Darauf würde ich nicht wetten.« Vika zuckte die Achseln. »Im Übrigen ist es eure Entscheidung.«
    »Wirst du Leonid verbieten, in die Tiefe zu gehen?«, fragte Bastard naiv.
    »Du scheinst nicht ganz zu begreifen, was für eine Beziehung wir haben«, antwortete Vika lächelnd.
    Das war nicht weiter erstaunlich – ich selbst blickte da seit Langem nicht mehr durch.
    »Wie könnte es auch anders sein?«, entgegnete Bastard ihr.
    »Dann will ich es dir erklären«, fuhr Vika ruhig fort. Unsere Blicke kreuzten sich. Ich sah als Erster zur Seite. »Ljonka und ich, wir lieben einander. Aber wahrscheinlich lieben wir uns in erster Linie so, wie wir in der Tiefe sind. Wie wir vor zwei Jahren waren, als wir uns kennengelernt haben, als wir zusammen sehr … sehr viel … durchgemacht haben … Aber zusammen unter einem Dach zu leben, in der richtigen Welt … das ist etwas anderes. Es klappt, wie du siehst. Und wir lieben uns. Aber …«
    Vika stellte das leere Glas leise ab.
    »Als ich nach Petersburg geflogen bin, um Ljonka persönlich kennenzulernen, habe ich eine Stunde am Flughafen gewartet, bis ich begriff, dass er mich nicht abholt. Danach haben wir eine einfache Regel aufgestellt. Eine ganz einfache. Unser Leben in Deeptown ist eine Sache, unser Leben in der realen Welt eine andere. Wenn wir wirklich zusammenleben wollen, dann haben wir nicht das Recht, dem anderen vorzuschreiben, was er in der Tiefe zu machen hat.

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