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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Mir gefällt der Gedanke überhaupt nicht, dass Leonid sich in dieses Abenteuer stürzt. Aber ich habe nicht das Recht, es ihm zu verbieten.«
    Bastard erhob sich ungeschickt, hüstelte und schnappte sich seine Tasche. »Dann werd ich wohl mal … Vielen Dank, Vika. Hat mich gefreut, dich kennenzulernen.«
    »Lass dich mal wieder blicken«, sagte Vika und lud ihn herzlich ein.
    »Ich würd mich freuen, dich wiederzusehen.«
    In der Diele packte Bastard mich am Kragen und zischte mir ins Ohr: »Was bist du für ein mieses Schwein! Warum konntest du sie nicht abholen?!«
    Ich befreite mich aus seinem Griff und löste seine Hand mit einiger Mühe von meinem Hemd. »Dazu solltest du eins wissen, Bastard«, flüsterte ich halblaut. »Ich war sicher, ich hätte Vika abgeholt.«
    Er nahm es mir nicht ab. Ich öffnete die Tür und sah ihn fragend an.
    »Ist noch was?«, wollte Bastard wissen.
    »Wann soll ich da sein?«
    »Morgen um Punkt zehn, bei Dschingis.«
    »In der Tiefe ?«
    »Ist wahrscheinlich besser.«
    »Ich werde da sein.«
    Daraufhin ging Bastard.
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, war Vika bereits im Schlafzimmer verschwunden. Die Flaschen und Gläser standen immer noch da, wo wir sie abgestellt hatten. Ich sammelte sie ein und brachte sie in die Küche. Die Flaschen landeten in einer alten Plastiktüte, die Gläser im Abwasch.
    Vika war ins Bett gegangen, ohne auf mich zu warten.
    Kurz kämpfte ich gegen die Versuchung, mich vor den Rechner zu setzen. Ein neuer Prozessor! Ein erweiterter Arbeitsspeicher! Es dürfte nichts schaden, ein paar Tests vorzunehmen und mir anzusehen, wie schnell die Kiste jetzt war.
    Am Ende zog ich mich aber doch aus, löschte das Licht und legte mich neben Vika. Sie schlief immer schnell ein. Vielleicht war das ja auch jetzt der Fall.
    »Gute Nacht«, sagte ich.
    Vika antwortete nicht.
    Gut, dann gehen wir mal davon aus, dass sie wirklich schläft.
    »Ich habe damals nicht verschlafen, Vika. Ich habe gedacht, dass ich dich abhole. Ich bin zum Flughafen gefahren und habe am Infoschalter auf dich gewartet. Und du bist gekommen. Du hast genauso ausgesehen wie jetzt. Genauso wie in der Tiefe . Und ich habe dir gesagt, ich würde dir niemals gezeichnete Blumen schenken.«
    Kein Wort. Vikas Atem ging leise und gleichmäßig.
    »Nur hat damals meine Deep-Psychose begonnen, Vika. Es war der erste Anfall. Der schwerste wahrscheinlich. Jedenfalls hat es mich seitdem nie wieder so heftig erwischt.«
    Sie schlief wirklich.
    Ich lag noch eine halbe Stunde schweigend neben ihr. Vielleicht hoffte ich, sie würde doch noch etwas antworten. Vielleicht befürchtete ich aber auch gerade das. Dabei sah ich zu den phosphoreszierenden Sternen hoch, die an der Decke klebten. Sie leuchteten immer schwächer und schwächer.
    Es gab nicht nur gezeichnete Blumen.
    Dann schlief ich ein.
     
    Der Tag begann mit Wechselduschen.
    Es gibt eine wunderbare russische Tradition: sich vor dem Kampf zu waschen und etwas Sauberes anzuziehen.
    Vielleicht kämpfen wir deshalb so gern: weil wir ab und an mal sauber durch die Gegend laufen wollen?
    Vika war bereits weg, sie musste in aller Herrgottsfrühe das Haus verlassen haben. Ich hatte gehört, wie sie sich anzog, wie die Tür ins Schloss gefallen war, bin aber liegen geblieben.
    Jetzt musste ich was essen. Und sei es nur eine Kleinigkeit.
    Ich machte mir einen Toast und aß ihn, ohne den Geschmack wahrzunehmen. Dazu trank ich starken Kaffee, löslichen zwar, der aber trotzdem nicht schlecht war.
    Die Uhr zeigte kurz nach neun.
    Genug Zeit, mich mit dem aufgerüsteten Rechner vertraut zu machen.
    »Vika, öffne das Programm«, sagte ich. Ich holte einen sauberen Overall, den ich unter dem Sensoranzug anziehen würde, aus dem Schrank. Den alten, den ich in den letzten drei Tagen völlig durchgeschwitzt hatte, knöpfte ich heraus und schmiss ihn in den Wäschekorb.
    Die Vika auf dem Bildschirm wartete bereits auf mich.
    Kurz stellte ich mich noch vors Fenster. Es schneite, ja, es ging sogar ein leichter Schneesturm. Und so wie der Himmel aussah, würde es so bald nicht aufhören. Der Winter hatte Einzug gehalten …
    »Wähl dich ins Netz ein«, befahl ich. »Über die Standardverbindung. Figur Nr. 7, der Revolvermann.«
    Ich stülpte mir den Helm auf, verschloss ihn, erhöhte die Helligkeit der Displays …
    Deep.
    Enter.
    Ein feuriger Regenbogen …
    Wahrscheinlich funktioniert eine Waffe der dritten Generation auf die gleiche Weise. Sie überflutet dich mit Farben,

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