Der FC Bayern und seine Juden
machen, um so den notwendigen Kontakt zwischen Ihnen und mir herzustellen. Ich ersuche Sie schon heute, das bisher den Bayern gezeigte Wohlwollen auch auf meine Person übertragen zu wollen.«
Anders als der Lokalrivale muss der FC Bayern weder Abbitte leisten noch den Bittsteller spielen, sondern kann sich selbstbewusst als Partner im Prozess der Entnazifizierung und Redemokratisierung präsentieren. Der Münchner Stadthistoriker Ingo Schwab: »Landauer räumt mit diplomatischem Geschick wie auch mit energischem, gelegentlich rücksichtslosem Vorgehen seinem Verein die Steine aus dem Weg. Statt um Hilfe zu bitten, bietet Landauer Hilfe an.«
Besonders deutlich wird dies im Ringen um die Säbener Straße. Nach dem Krieg nutzten die Bayern zunächst die Plätze der Hypo-Bank. Am 1. April 1948 wird das Pachtverhältnis wegen eines Eigenbedarfs der Hypo-Betriebsteams aufgekündigt. Das Amt für Leibesübungen sieht sich nun »aus sportlichen und moralischen Gründen genötigt, den ›Bayern‹ einen Teil der Spielplätze an der Säbener Straße abzugeben«.
1949 droht die amerikanische Militärverwaltung mit der Beschlagnahmung eines Teils der Säbener Straße. Landauer setzt nun die Stadt und hier namentlich den zuständigen Direktor Rüff mächtig unter Druck. Die Stadt beschließt, bei den Amerikanern zu protestieren, was aber Landauer zu wenig ist. Ingo Schwab: »Man spürt heute noch beim Studium der Akten seine Ungeduld: der Hauptgrund für seine Verstimmung gegen Rüff liege in der Frage Säbenerplatz, führt er aus. Bei der Beschlagnahmung des vom FC Bayern hergerichteten Geländes habe Rüff nicht ausdauernd genug verhandelt. Stadtrat Lettenbauer nahm Rüff in Schutz und schilderte, der Leiter des Stadtamtes ›sei von dem zuständigen amerikanischen Offizier nicht nur einmal, sondern dreimal hinausgeworfen worden. Es sei unter der Würde eines Deutschen, sich von einem Offizier einer Siegerarmee so behandeln zu lassen. Man habe zuerst gewinselt, da es ja um die Jugend und um den Sport gegangen sei‹; es sei aber trotz wiederholter Vorsprachen kein Erfolg zu verzeichnen gewesen. Auf Landauers kategorische Antwort: ›Wenn man etwas erreichen will, muß man oft gehen… ‹ , betont Lettenbauer den Unterschied zwischen Behörde und den Möglichkeiten Landauers: ›Das sei durch die persönliche Verbindung von Herrn Landauer zu den Leuten möglich gewesen, die Herrn Landauer als Privatmann anders einschätzen als einen Beamten oder Angestellten einer Behörde, der bei diesen Herrn ein Dreck sei.«
Uri Siegels Erfahrungen
Zu den Rückkehrern gehört auch Kurt Landauers Neffe Uri Siegel. Als 19-Jähriger hatte sich Siegel der britischen Armee angeschlossen. Siegel ging zur Artillerie, für die ihn sein Onkel Franz begeistert hat, der in den Ersten Weltkrieg als glühender Patriot gezogen war. In britischer Uniform und in den Reihen der Royal Artillery kämpfte Siegel gegen Nazi-Deutschland. »Wir sagten uns: Wenn wir nicht gegen Hitler kämpfen, wer dann?« Beim israelischen Unabhängigkeitskrieg war Siegel ebenfalls dabei, nun als Artillerist in der Zahal, der israelischen Armee.
Erstmals besucht Siegel im November 1945 seine Heimatstadt München, noch als englischer Soldat, der in Belgien stationiert ist. Zwischen 1951 und 1956 hält sich Siegel, der in die anwaltlichen Fußstapfen seines Vaters getreten ist, fünfmal in München auf, zumeist aus beruflichen Gründen. Bei einem dieser Besuche, im April 1951, lernt er bei »Annast« im Hofgarten (früher und heute wieder: Café Luigi Tambosi) seine spätere Frau Judith kennen. Siegel in einem Interview mit dem »Jetzt-Magazin« der »Süddeutschen Zeitung«: »Ich war in München und sie war eigentlich auf dem Weg von Los Angeles, wohin ihre Familie emigriert war, nach Israel. In München machte sie nur einen kurzen Stop, um sich von ihrer Stiefmutter zu verabschieden, die hier ihre Wiedergutmachungsangelegenheiten regeln sollte. Dabei haben wir uns kennen gelernt und im November 1951 haben wir in Israel geheiratet.«
1956 erlangt Siegel seine deutsche Staatsangehörigkeit wieder. Ein Jahr später übernimmt er die Vertretung einer israelischen Wiedergutmachungskanzlei in München und lässt sich mit seiner Frau hier nieder. Siegel: »Ich glaube, es ist leichter, in ein Land zurückzukehren, gegen das man kämpfte, als in eines, das einen verfolgt hat und wo man tatenlos zusehen musste.«
Damals dachte er noch, »das ist eine Sache von einigen Jahren,
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