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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Deutschland den »Vertragsspieler« ein. Im Mai 1949 erfolgt die Ausdehnung auf alle westlichen Besatzungszonen. Der Vertragsspieler ist kein Amateur mehr, aber auch noch kein echter Profi. Seine Konstruktion ist ein Kompromiss zwischen zwei Epochen, ein Halbprofitum mit eingebautem Amateurgedanken. So heißt es im § 3, Absatz 1 des Vertragsspielerstatuts: »Der Spieler muss einen Beruf ausüben.« Die monatlichen Gehälter dürfen zunächst 160 DM, später 320 DM und 400 DM (1958) nicht überschreiten.
    Dem Oberliga-Mitbegründer Gustav Sackmann und dem Münchner Albert Bauer hatte mehr vorgeschwebt: die Einführung des Voll-prontums und einer landesweiten Liga, wie dies bereits 1932 der »Süddeutsche Verband für Berufsfußballspieler« vorgeschlagen hatte. Militärbehörden und Landesregierungen hatten für dieses Projekt bereits Lizenzen ausgegeben, aber sowohl dem Verband wie auch einigen größeren Vereinen war dies als erster Schritt zu groß.
    Zurück in der Welt
    Im Mai 1949 werden deutsche Mannschaften wieder zum internationalen Spielbetrieb zugelassen. Einige Monate später spielt der FC Bayern dann erstmals seit April 1944 wieder international. Natürlich in der Schweiz, wo die Bayern am 13. August zunächst beim FC Basel antreten und 1:4 verlieren. In den folgenden Tagen trifft man noch auf Servette Genf (2:3), auf eine Kombination von FC Brühl und FC St. Gallen (5:1) sowie den FC St. Gallen (3:1).
    Dem ersten ausländischen Team sind die Bayern aber bereits am 5. Juni 1946 begegnet. Der FC Bayern spielt an diesem Tag gegen den FC Ukraina Ulm, ein Team aus Displaced Persons aus der Ukraine. 1946 ist ein Großteil der DP wieder repatriiert. Aber rund 1,2 Millionen leben noch in den Westzonen Deutschlands und in Österreich, darunter ca. 200.000 Ukrainer. Etwa 80 DP-Lager werden überwiegend von Ukrainern bevölkert.
    Einige der Ulmer Ukrainer sind ziemlich gute Fußballer und werden später Vertragsspieler in der Oberliga Süd oder Profis in Frankreich wie Alexander »Iwan« Skocen in Nizza. Ihre Qualitäten zeigen sie auch gegen die Bayern: In Ulm gewinnt der FC Ukraina mit 5:0. Am 25. August 1946 kommt es im Post-Stadion an der Münchner Arnulfstraße zu einem Rückspiel, das 10.000 Zuschauer anzieht. Diesmal gelingt den Bayern ein 1:1-Remis.
    Auch die Nationalmannschaft wird neu gebildet und läuft am 22. November 1950 erstmals seit exakt acht Jahren wieder zu einem Länderspiel auf. Gegner ist die Schweiz, Schauplatz das Stuttgarter Neckarstadion, das noch einige Jahre zuvor Adolf-Hitler-Stadion hieß. Zuvor ruft der vom Reichs- zum Bundestrainer mutierte Sepp Herberger 30 Kandidaten in Duisburg zusammen. Einer von ihnen ist Bayerns Jakob »Jackl« Streitle, der auch zu den elf Glücklichen zählt, die dann bei der fußballerischen Premiere der bundesrepublikanischen Nationalelf dabei sein dürfen.
    An einem normalen Wochentag kommen rund 115.000 Zuschauer ins Stuttgarter Stadion, bis heute Rekord für ein Heimspiel der DFB-Elf. Für Rudi Michel, dessen jahrzehntelange Karriere als Sportreporter mit diesem Tag beginnt, war das Spiel »das wichtigste Signal für unsere Rückkehr in den Weltsport überhaupt«.
    Möglich wurde das Länderspiel, weil das Exekutivkomitee der FIFA am 23. September 1950 die vollständige Wiederaufnahme des DFB beschlossen hatte. In dem Gremium sitzt inzwischen auch Gus Manning, ein halbes Jahrhundert zuvor der Spiritus Rector der FC-Bayern-Gründung. 1948 war er als erster US-Amerikaner in das erlauchte FIFA-Komitee gewählt worden. Manning gehörte auch dem Nationalen Olympischen Komitee der USA an, verließ dieses aber 1940 aus Protest dagegen, dass die Spiele an Japan, das sich im Krieg mit China befand, vergeben wurden.
    Die vielfach kolportierte Behauptung, Manning habe zu den vehementesten Verfechtern einer Wiederaufnahme Deutschlands gezählt, lässt sich aber nicht aufrechterhalten. Hier ist eher der Wunsch Vater des Gedankens. Erstmals verbreitet wurde diese Darstellung wohl von Carl Koppehel in seiner 1954 erschienenen »Geschichte des deutschen Fußballsports«, von der noch die Rede sein wird.
    Jedenfalls kommt der Sporthistoriker Henry Wahlig nach eingehender Prüfung der entsprechenden FIFA-Unterlagen zu der Erkenntnis: »Gustav Manning äußerte sich in diesem Prozess nur wenig – tendenziell gehörte er anfänglich eher zu den Kritikern einer schnellen Wiederaufnahme Deutschlands. Bei den entscheidenden FIFA-Sitzungen im Juni bzw. September 1950, in denen

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