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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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über die Wiederaufnahme des DFB entschieden wurde, war das Exekutivmitglied Manning schließlich gar nicht anwesend.«
    Das »Wunder von Bern« erlebt Gus Manning nicht mehr mit. Der Fußballpionier, 1950 in die National Hall of Fame des US-Fußballs aufgenommen, stirbt am 1. Dezember 1953 in New York und wird auf dem National Cemetery Arlington bestattet.
    Josef Pollack, sein alter Mitstreiter aus Freiburger Tagen, folgt ihm fünf Jahre später. Er stirbt 79-jährig und wird auf dem Union Field Cemetery in Brooklyn beigesetzt. Bayerns erster Schriftführer und Torjäger hinterlässt seine Ehefrau Leona Baum Pollack und einen Sohn Edward. Dieser lebt bis Ende 1990 in einem Altenheim im Bundesstaat Florida, verweigert aber jegliche Kommunikation mit Deutschen. Zahlreiche Familienmitglieder waren von den Nazis ermordet worden.
    Putsch gegen Landauer
    Als Kurt Landauer sich 1951 für eine fünfte Amtszeit zur Verfügung stellt, bringt ihn eine vereinsinterne Opposition zu Fall.
    Die entscheidende Versammlung findet in der Unions-Brauerei am Max-Weber-Platz im Stadtteil Haidhausen statt. Wie so oft, entdeckt man auch an dieser Stelle jüdische Wurzeln. Die Unionsbrauerei war 1885 vom jüdischen Kommerzienrat Joseph Schülein als Aktiengesellschaft gegründet worden und um die Jahrhundertwende eine der größten Münchner Brauereien. 1921 erfolgte die Fusion mit der Münchner Aktienbrauerei zum Löwenbräu. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme hetzten die Antisemiten gegen Schüleins »Judenbier«. Er zog sich auf seinen Besitz Schloss Kaltenberg (Gemeinde Geltendorf) zurück, wo er 1938 starb. Sein Sohn Dr. Fritz Schülein wurde in der Reichspogromnacht verhaftet und in Dachau interniert. Anschließend konnte er in die USA fliehen und wurde Manager der »Liebmann Breweries« in New York.
    Auf der Versammlung des FC Bayern in der Unions-Brauerei sind die Handballer des Klubs in ungewohnt großer Zahl vertreten. Waren es 1933 die Skifahrer, die sich an der Dominanz der Fußballer rieben, so sind es jetzt die Handballer. Hans Schiefele 2003: »Eigenartigerweise haben wir uns schon gedacht, warum ist die Handballabteilung so stark vertreten? Die sind mit 150 Mann gekommen. Nun war es so, dass laut Satzung die einfache Mehrheit über das Präsidentenamt entscheidet. Und zweiter Kandidat außer Herrn Landauer war ein gewisser Herr Julius Scheuring, Teppichgroßhändler, der gleichzeitig Abteilungsleiter der Handballer war. (Die 50-Jahre-Festschrift weist ihn als Leiter des Vergnügungs-Ausschusses aus, d. A.) Und die 150 Handballer wählten natürlich ihren Präsidenten. Und einige kamen noch hinzu, die vielleicht nicht mehr ganz einverstanden waren mit dem Kurt Landauer. Also, mit der einfachen Mehrheit war das Ding gelaufen, die Handballer haben den Präsidenten gewählt. Für Kurt Landauer war es seine schlimmste Niederlage, glaub’ ich – nach dem Exil, nach den Nazis –, dass sie ihn abgewählt haben. Also mir hat er leid getan, ich habe damals natürlich, selbstverständlich, für Kurt Landauer gestimmt. (…) Er war ein Mann, der die Bayern geprägt hat wie kein anderer.«
    Der FC Bayern zieht Konsequenzen aus dem Eklat. Fortan muss der Präsident des Klubs aus der Fußball-Sparte kommen, doch diese Korrektur kommt zu spät. Dass die Mitglieder ihn einfach so abwählen, ihn, den verdienstvollen Präsidenten und Architekten des Aufstiegs zu einem deutschen Spitzenklub, das Opfer des Nationalsozialismus und die wichtigste Eintrittskarte in das redemokratisierte Deutschland, muss Landauer schwer getroffen haben. Und hat ihn wohl auch an seinen Abgang 1933 erinnert. Bei den Bayern-Spielen wird Landauer nun nicht mehr gesehen.
    Der verfolgte Jude, so erscheint dieser Vorgang, hat seine Schuldigkeit getan. Am 23. Mai 1949 ist die Bundesrepublik Deutschland gegründet worden. Die exekutive Macht geht von der alliierten Militärregierung auf das neue Bundeskabinett über. Leute wie Kurt Landauer benötigt man nun nicht mehr als Ausweis politischer Läuterung. Und man muss auf sie auch keine Rücksicht mehr nehmen.
    Etwas Positives hält das Jahr 1951 für den geschassten Bayern-Präsidenten dann doch noch bereit. Kurt Landauer heiratet seine aus Memmingen stammende ehemalige Haushälterin Maria Baumann, mit der er bis zu seinem Tod am 21. Dezember 1961 in der Virchowstraße Nr. 14 in Schwabing lebt. Seine letzte Ruhe findet Landauer auf dem Neuen Israelitischen Friedhof, unweit seiner Wohnung.
    Sportlich magere

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