Der FC Bayern und seine Juden
Hauptsponsor seit Mitte der 1920er J. & C.A. Schneider, mal als »größte Schuhfirma des Kontinents«, mal sogar als »größte Schuhfirma der Welt« beschrieben. Besitzer des Unternehmens, in dem täglich mehr als 3.000 Angestellte bis zu 75.000 Paar Schuhe (und »Hausschlappen«) produzieren, sind die drei jüdischen Geschäftsleute Lothar Adler, Fritz Adler und Walter Neumann. Insbesondere Walter Neumann, genannt der »Schlappe-Stinnes«, hat sich der Eintracht verschrieben, deren Spieler man bald »Schlappe-Kicker« nennt. 1949 heißt es in der Festschrift »50 Jahre Eintracht« rückblickend: »Der Mann, der die Eintracht führte, ohne auf dem Präsidentenstuhl zu sitzen, hieß Walter Neumann.« Auf der Lohnliste der Firma stehen Leistungsträger wie Nationalspieler Rudi Gramlich und Willi Lindner, ebenso Eintrachts jüdischer Schatzmeister Hugo Reiß.
Lokalrivale FSV Frankfurt, in den 1920ern eine große Nummer im deutschen Fußball, wird von zwei Juden geführt: zunächst vom Mediziner Dr. David Rothschild und anschließend von Alfred Meyers, Direktor der IG Farben und Erbauer des FSV-Stadions am Bornheimer Hang. Einer der wichtigsten Förderer des VfR Mannheim ist der jüdische Textilgroßhändler Max Rath, der 1921 den jungen Sepp Herberger vom »Arbeiterverein« Waldhof zum bürgerlichen VfR lockt.
Bei den Stuttgarter Kickers engagieren sich als Mäzene die Bettfederfabrik Rothschild & Hanauer, der Schuhfabrikant Moritz Marx und der Lederfabrikant Hugo Nathan. Als die Kickers 1929 und 1933 württembergischer Meister werden, heißt der Meistercoach Fritz Kerr. Als Aktiver hat Kerr für die Wiener Hakoah und die österreichische Nationalelf gespielt. Seine erste Trainerstation war der jüdische Sportklub Hasmonea im polnischen Lemberg (heute Ukraine) gewesen.
Bei Tennis Borussia Berlin ist die zentrale Figur des Vereinslebens bis 1933 der Jude Alfred Lesser. Lesser ist nicht der einzige jüdische TeBe-Funktionsträger. Der englische Sozialwissenschaftler Mike Ticher kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass weit über zehn Prozent der Mitglieder Juden waren. Für die Führungsetage vermutet er das Doppelte oder gar Dreifache. Im Oktober 1924 ist »TeBe« der erste deutsche Verein, der nach dem Ersten Weltkrieg gegen eine Elf des französischen »Erzfeindes« antritt – die heikle außen- und sportpolitische Mission wird vermutlich von Außenminister Gustav Stresemann angeregt. Star des Teams ist der Jude Simon »Sim« Leiserowitsch, Vorbild der späteren Berliner Fußballlegende Hanne Sobeck.
Der Aufstieg des 1. FC Nürnberg zu einem deutschen Spitzenklub ist eng mit dem Namen des jüdischen Rechtsanwalts Dr. Leopold Neuburger verbunden. Unter dem Club-Präsidenten Neuburger (1912-14 und 1919-21) werden »in entscheidenden Phasen der Entwicklung des Vereins die Weichen gestellt« (Club-Chronist Bernd Siegler). Dazu gehört der Bau der berühmten Kampfbahn »Zabo« wie der Aufbau einer spielstarken Mannschaft, die 1920 die erste Deutsche Meisterschaft für den Club gewinnt, der in fast der gleichen Besetzung vier weitere folgen.
Als der 1. FC Nürnberg 1925 sein 25-jähriges Jubiläum feiert, bereichert Neuburger die Festschrift mit einem Beitrag zum Thema »Sport und Politik«, der vielleicht repräsentativ ist für das Denken vieler deutsch-jüdischer Fußballfunktionäre im bürgerlichen Fußball. Neuburger bevorzugt eine Verbands- und Vereinspolitik auf »politisch und religiös neutraler Grundlage«. Der Sportler darf zur Politik Stellung beziehen, aber »während der sportlichen Betätigung muss er vermeiden, Politiker sein zu wollen«. Neuburger grenzt sich sowohl gegen die sozialdemokratische Arbeiter-Sport- und Turnbewegung wie gegen die deutsch-nationalistische und konservative Turnerschaft ab, die »im Gegensatz zu uns von politischen Einflüssen niemals freigeblieben« sei. Er bemängelt die »allzu deutliche Hervorhebung des Wortes ›deutsch‹ (…), als schritte sie (die Turnerschaft) bereits auf einem Wege, der in gerader Richtung auf den Nationalismus zuführt«. Neuburger versteht den Sport als Mittel zur Völkerversöhnung: »Je enger sich die internationale Bande des Sportes knüpfen, umso mehr werden bei den einzelnen Völkern das Verständnis und die Achtung für das Wesen des anderen geweckt und gefördert.«
Die (weiter unten dargestellte) Politik des DFB, den Spielverkehr mit ausländischen Profiteams zu unterbinden, stößt auf völliges Unverständnis: »Wollte man die
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