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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Sportfunktionärswesens, Präsident des Klubs, dem er auch als Mäzen diente. Vor dem Ersten Weltkrieg besteht etwa die Hälfte des MTK-Kaders aus Juden. Im Zeitraum 1901 bis 1918 tragen etwa 30 Juden das Trikot der ungarischen Nationalelf. Unter Ungarns Juden ist Fußball das populärste Spiel.
    Der FC Bayern empfängt die Ungarn auf dem MTV-Platz an der Marbachstraße in Sendlingen. Ein richtiges Stadion besitzt München noch nicht, doch wäre eine größere Spielstätte für diese Begegnung angemessen gewesen. Denn mit dem MTK begrüßen die Bayern die zu diesem Zeitpunkt wohl beste kontinentaleuropäische Fußballmannschaft. Die »Blauen« kommen als frischgebackener ungarischer Champion. Bereits in den Spielzeiten 1916/17 und 1917/18 hat Ungarns Meister MTK geheißen, trainiert vom bereits erwähnten Engländer Jimmy Hogan, dem vielleicht bedeutendsten der englischen Entwicklungshelfer auf dem Kontinent.
    Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs war der damals in Wien tätige Engländer als Bürger eines feindlichen Staates interniert worden. Als MTK davon erfuhr, nutzte man persönliche Verbindungen nach Wien und erwirkte Ende 1916 Hogans Ausreise nach Budapest.
    »Elegant« und »wissenschaftlich«
    Hogan gehört zu den wichtigsten Architekten des »Donaufußballs« oder »calcio danubiano«. Dessen Metropolen sind Budapest, Prag und Wien. Im Laufe der 1920er wird er im Schmelztiegel Wien, der ersten multikulturellen Stadt auf dem Kontinent, seine höchste Stufe erreichten. Der »Donaufußball« ist gewissermaßen ein moderner Gegenentwurf zum englischen Fußball mit seinem »Kick-and-Rush«. Sein hervorstechendes Merkmal ist ein Spielstil, der sich an das schottische Flachpassspiel anlehnt, aber auch dem Individualismus Raum lässt.
    Andreas Wittner über Hogans Wirken in Budapest: »Hogan war ein großer Verfechter des ›Schottischen System‹, das entgegen dem englischen ›Kick-and-Rush‹ neben der technischen Fertigkeit auf präzisem Flachpassspiel und gutem Stellungsspiel basierte. Diese Spielauffassung eignete sich hervorragend zur Ergänzung der technisch filigranen österreichisch-ungarischen Spielauffassung.« Dem MTK wird attestiert, dass seine Spieler mit dem »Gehirn« spielen, »elegant« und »wissenschaftlich«.
    Der schottische Flach- und Kurzpass, der in den frühen 1920ern zum Inbegriff moderner Fußballtechnik und -philosophie avanciert, ist auch den Wetterverhältnissen im Norden der britischen Insel geschuldet, wo es häufig und andauernd regnet. Auf den permanent nassen Rasenplätzen ließen sich lang geschlagene, »auftitschende« Bälle kaum kontrollieren. Schottische Trainer und Spieler, die das Flachpassund Kombinationsspiel verbreiten, firmieren als »scotch professors«.
    Hogan war aber nicht der Erste, der die schottische Spielphilosophie nach Ungarn trug. Schon 1911 hatte MTK-Boss Alfréd Brüll den Schotten Robertson als Trainer engagiert. Der erste Schotte bei MTK war aber ein Spieler gewesen: Edward Shires.
    Hogans Nachfolger wurde im Sommer 1918 der ungarische Jude und ehemalige MTK- und Nationalspieler Izidor »Dori« Kürschner, der wenig später auch den FC Bayern trainieren wird.
    Im Zeitraum 1914 bis 1925 heimst MTK zehn nationale Meisterschaften in Folge ein. Die letzte unter dem ein halbes Jahr zuvor zurückgekehrten Jimmy Hogan. Der Kader, mit dem MTK durch Deutschland tourt, ist vom Feinsten, gespickt mit zahlreichen Stars und begleitet von einem phänomenalen Ruf.
    Fünf Tage vor dem Auftritt an der Marbachstraße hat MTK den 1. FC Nürnberg mit 3:0 besiegt. Gustav Bark, Nürnbergs Schweizer Nationalspieler, war dermaßen beeindruckt vom Spiel der Ungarn, dass er während des Spiels mehrfach stehen blieb, um sie bei ihrer »Arbeit« zu bestaunen.
    Ein Team der Superlative
    In München läuft somit eine Ansammlung brillanter Fußballer auf, wie sie die Stadt bis dahin noch nicht gesehen hat. Der größte und schillerndste unter ihnen ist Alfréd »Spezi« Schaffer, Europas erster »Fußballkönig«. 1914/15, 1917/18 und 1918/19 war der Donauschwabe ungarischer Torschützenkönig geworden, seine 42 bzw. 41 Treffer 1917/18 und 1918/19 bedeuteten auch europaweit Platz eins. Richard Kirn beschreibt Schaffers Spielweise so: »Er bewegt sich auf dem Feld fast langsam, aber er geht mit dem Ball um, dass das ganze Spiel um ihn herum zu tanzen beginnt – und wenn er schießt: er hat einen erschreckenden Schuss!« Ein Wiener Fußballlexikon kürt die erste Primadonna des

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