Der FC Bayern und seine Juden
internationalen Kontakten – u.a. nach Prag und Budapest, wohin er wiederholt gereist ist. Der FC Bayern ist nicht der einzige Klub, dem der »Kicker«-Heraus-geber außenpolitisch unter die Arme greift. Auch der Bayern-Pate FC Freiburg kommt in den Genuss Bensemann’scher Hilfe. FFC-Chronist German Kramer: »Er war derjenige, der die vielen Auslandseinsätze des FFC organisiert und angeleiert hat. Es gibt viele Belege hierzu in den Clubnachrichten des FFC.«
Dass es Kurt Landauer und Walther Bensemann nicht nur um ein sportliches Kräftemessen geht, sondern auch um Völkerverständigung, dokumentiert ein Bericht Bensemanns über ein Bankett im »Bayerischen Hof«, das sich dem Spiel der Bayern gegen die Northern Normads, ein Team von Kickern aus Liverpool und Manchester, anschließt: »Die Worte des englischen Präsidenten erhoben sich über das übliche Niveau derartiger Festreden. (…) Dieser Mann, der den Krieg in Frankreich vom August 1914 bis November 1918 an der Front mitgemacht hatte, schloß mit den Worten: ›Das Vergangene ist vergangen, für uns sind Sie wieder liebe Kameraden. Kameraden im völkerversöhnenden Sport.‹ Überhaupt waren die Engländer von dem Empfang, den ihnen der F.C. Bayern bereitet hatte, gerührt und begeistert. (…) Die Münchener Hotelindustrie braucht eine sorgfältige, ausgedehnte und nie ermüdende Propaganda, um das in Jahrzehnten gutzuma chen, was die Fremdenpolizei in Jahren verpatzt hat. Und Deutschland braucht Tausende und Abertausende ausländische Sportleute der guten Klasse, die sich bei uns wohlfühlen können und in ihren Ländern die Überzeugung von den faustdicken Lügen feindlicher Propaganda mit zurücknehmen und verbreiten können.«
Im Zeitraum vom 8. Juni 1919 bis 29. Juni 1933 bestreitet der FC Bayern die beeindruckende Zahl von 56 internationalen Begegnungen. Eingeläutet wird diese Serie bereits am 6. Juni 1919 mit einem Spiel gegen den FC St. Gallen, Bayerns erster ausländischer Gast seit dem 9. Mai 1914. An der Leopoldstraße gewinnen die Hausherren mit 4:1.
Der FC St. Gallen bleibt mit acht Begegnungen bis 1933 Bayerns häufigster ausländischer Gegner. Lausanne Sports, FC Basel, FC Bern, Young Fellows und Grasshoppers Zürich und Servette Genf bringen die Zahl der Spiele gegen Teams aus der Schweiz auf 20. Zehnmal geht es gegen Klubs aus Wien (Rapid, Amateure/Austria, WAC und Vienna), viermal gegen Klubs aus Prag (Slavia, Sparta, DFC) und dreimal gegen Klubs aus Budapest (MTK, MAC, Ferencváros). Aus England kommen noch der FC Chelsea, West Ham United, Bolton Wanderers und Birmingham City, aus Südamerika die Boca Juniors Buenos Aires und Penarol Montevideo.
Die meisten Zuschauer mobilisiert Penarol. 1924 hatte Uruguay das olympische Fußballturnier gewonnen, mit 22 Nationalteams die bis dahin größte dieser Veranstaltungen und mit den südamerikanischen Teilnehmern das erste interkontinentale Länderturnier. Für die Münchner Presse sind die Penarol-Kicker »Weltmeister«. Am 10. April 1927 besiegt der FC Bayern Penarol Montevideo vor der Rekordkulisse von 30.000 Zuschauern an der Grünwalder Straße durch ein Tor von Josef Pöttinger und ein Eigentor des Uruguayers D’Agosto mit 2:1.
»Markstein in der Geschichte des Sports«
Sein 25-jähriges Wiegenfest feiert der FC Bayern nicht irgendwo, sondern im Deutschen Theater, was vor ihm noch kein Münchner Fußballklub gewagt hat. »Kicker«-Korrespondent Kraus: »Es darf ruhig behauptet werden, dass wohl noch kein Fußballverein mit einer solch glänzenden Veranstaltung in der breiten Öffentlichkeit aufgetreten ist. (…) Anwesende Vertreter von Staat, Gemeinde, Reichswehr und Polizei u.s.f. gaben beredtes Zeugnis davon, welchen guten Ruf und guten Klang der FC Bayern überall besitzt.« Das Orchester des Deutschen Theaters spielt, ein Festspiel mit dem Titel »Beim himmlischen Torwächter« wird aufgeführt, Rezitationen werden vorgetragen, und ein Sänger der Staatsoper tritt auf.
Der stilvolle Festakt ist ganz nach dem Geschmack von Walther Bensemann. Landauer hebt den Fußballsport auf ein kulturell und gesellschaftlich neues Niveau und führt ihm neue Kreise zu, was der »Kicker«-Herausgeber in seiner Zeitschrift zu würdigen weiß: »Dieser Festabend wird jahrelang im Gedächtnis der Tausende von Teilnehmern haften bleiben, denn er bot gar Vielen, als da sind: Bürgermeister, Generäle, Stadträte, Industriemagnaten, Gelehrte aller Observanzen und andere Freundlichkeiten, einen
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