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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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»Er blieb (in Deutschland), weil er rauswollte aus den ärmlichen Verhältnissen, in denen er in Budapest aufgewachsen war. Er hatte die Volksschule besucht und sich in allen möglichen Berufen versucht. Aber er war kein Freund geregelter Arbeit. Er war Fußballspieler und wollte nichts anderes sein. In Budapest war zu jener Zeit, unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, mit dem Fußballtalent jedoch nichts oder doch nur wenig zu verdienen. Die Konkurrenz war groß und das wirtschaftliche Elend noch größer. Auch in Deutschland sah es damals nicht zum Besten aus. Aber es war doch ein himmelweiter Unterschied. (…) Schaffer selbst verriet nie, was er vom Club kassierte. Diskretion war für den Pseudo-Amateur (…) Ehrensache. Im vertrauten Kreis konnte es allerdings schon mal passieren, dass er den Schleier etwas lüftete. ›Waren heite nacht \wiedärr Heinzelmännchen bei mir‹, erzählte er einmal, als er etwas zu tief ins Glas geschaut hatte. ›Hab ich gemacht Schubkastl vom Nachttischchen auf und woos, bittaschön, war darinnän? Dreihundert Mark.«
    In der Saison 1919/20 wird der 1. FC Nürnberg erstmals Deutscher Meister – mit Szabó, aber ohne Schaffer. Dieser hatte die Frankenmetropole nach nur fünf Monaten wieder verlassen und beim FC Basel angeheuert, der ihn an den Zuschauereinnahmen prozentual beteiligt.
    Alfréd »Spezi« Schaffer ist nicht nur der erste »Fußballkönig« auf dem Kontinent, sondern auch der erste Fußball-Großverdiener. »Der Schaffer spielt für jede Währung«, wird bald erzählt. Und der »Fußballkönig« selbst: »Bin ich König von Fußball, muss ich, bittaschön, auch bezahlt werden wie ein König.« Der notorische Kaffeehaus-Besucher – in Budapest hielt er Hof im Café Kristall – und Frauenheld genoss das Leben in vollen Zügen.
    Ein »Fußballkönig« wird Münchner
    Townley bleibt bis zum Jahresende 1920 Trainer der Bayern. Im Januar 1921 heuert er beim SV Waldhof Mannheim an, wo einer seiner Schüler Sepp Herberger heißt. Im März 1921 verlässt der Engländer Süddeutschland und wechselt zu Victoria Hamburg.
    Walther Bensemann schreibt im »Kicker«: »Damit scheidet der Mann aus Süddeutschland, der dem Fußballsport seine jetzige Technik gegeben hat.« Obwohl Townley nennenswerte Triumphe mit den Bayern nicht vergönnt sind, hinterlässt er nachhaltige Spuren. In einem »Nachruf« attestiert ihm Bensemann, die Bayern »mit feinem, durchdachtem Spiel« beglückt zu haben. »Die Siegeszüge von Prag, Karlsruhe und Fürth sind zwar nicht wiederholt worden; allein, wer Bayern letztes Jahr in Karlsruhe gegen Mühlburg spielen sah (die Bayern gewannen das Spiel mit 7:0, d. A.), musste den Eindruck gewinnen, dass die Dressur erstklassig und alles, nur nicht stereotyp, gewesen war. Trotzdem konnte das Training nicht durchschlagen: das Material war nicht auf der Höhe. (…) Wo die Jahrgänge schlecht sind, versagt auch der beste Lehrer, und die F.A. Bayern wird erst in 1-2 Jahren, wenn die Junioren in der ersten Elf stehen, die Früchte der Townley’schen Arbeit pflücken können.«
    Der »Kicker«-Herausgeber wird recht behalten. Mit Townley begann eine intensive Nachwuchsarbeit, die sich ab Mitte der 1920er Jahre auch im sportlichen Abschneiden der 1. Mannschaft niederschlägt. Eine von Townleys Entdeckungen ist der Stürmer und spätere Nationalspieler Josef Pöttinger. Vor allem schuf Townley, Freund und Importeur des schottischen Flachpassspiels, die Basis für jenen gepflegten Kombinationsfußball, mit dem sich die Bayern schließlich in die nationale Spitze spielen.
    Man kann über Münchens Fußball der Weimarer Jahre nicht reden, ohne immer wieder Alfréd »Spezi« Schaffer zu erwähnen. Der »Fußballkönig« ist ein ständiges Thema in der Münchner Fußballöffentlichkeit.
    Ende 1920 kehrt Schaffer aus der Schweiz nach Deutschland zurück, wo ihn in München der FC Wacker unter die Fittiche nimmt. In Basel waren die Zuschauer nur so ins Stadion geströmt, um den »Fußballkönig« zu sehen. Schaffer verdiente bestens, aber der Vorstand wollte die Vereinbarung, die den Spieler an den Einnahmen beteiligte, nicht mehr einhalten. Man mokierte sich darüber, dass der Star ansonsten mehr verdiene als der Bundespräsident. Woraufhin der schlagfertige Schaffer entgegnete: »Ja, einen neuen Bundespräsidenten können Sie alle Tag’ wählen, aber einen neuen Fußballkönig kriegen’s so schnell nimmer.«
    Für den DFB ist Schaffer ein ausländischer

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