Der FC Bayern und seine Juden
und im Rahmen unseres Klubs willkommen.«
Der Verein folgte damit einem allgemeinen Trend in Deutschland. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Fußball zum Volkssport. Dominierten vor dem Krieg die bürgerlichen Klubs, so mischten nun mehr und mehr sogenannte Arbeitervereine mit. Hierfür war vor allem die Einführung des Achtstundentags verantwortlich. Mehr Freizeit bedeutete mehr Zeit für Sport, und der Fußball war der Industriearbeiterschaft geradezu auf den Leib geschneidert.
Aber nicht nur die Zahl der aktiven Kicker nahm zu, in einem noch viel größeren Ausmaß wuchs die der Konsumenten. Der Publizist Sebastian Haffner: »In den Jahren 1924, 25 und 26 entwickelte sich Deutschland schlagartig zu einer Sportgroßmacht. Nie vorher war Deutschland ein Sportland gewesen wie England und Amerika, und der eigentliche Geist des Sports, das selbstvergessen-spielerische Aufgehen in einer Fantasiewelt mit eigenen Regeln und Gesetzen, ist der deutschen Seelenverfassung ganz fremd. Dennoch verzehnfachten sich in jenen Jahren auf einmal die Mitgliederzahlen der Sportklubs und die Zuschauerzahlen der Sportfeste.«
Deutschland wurde »amerikanisiert«, die Strahlkraft der Neuen Welt – einschließlich ihrer Massenkultur – machte auch vor den Deutschen nicht halt. »In Kunst und Musik, vor allem in der populären Massenkultur, war Deutschland ganz ›Amerika‹ geworden«, schreibt der Historiker Dan Diner.
Weimars Konservative betrachten diese Entwicklung mit großem Unbehagen und beklagen eine »Degeneration durch Moderne«. Im Fußball wird die Frage des Professionalismus und der Kommerzia lisierung zum hauptsächlichen Schlachtfeld zwischen konservativen Ideologen und liberalen Modernisierern.
Berufsfußball
Angesichts der Massen, die nun zum Fußball strömen, ist seine Entwicklung zum kommerziellen Profisport vorgezeichnet. Mit dem Interesse steigen die Erwartungen. Um diese zu befriedigen, muss mehr und besser trainiert werden, was aber nur auf Kosten der eigentlichen Berufstätigkeit geht. Lohnausfälle müssen kompensiert werden, und einige Kicker gehen nur einer Scheintätigkeit nach. Um die Mannschaft noch stärker zu machen, sieht man sich auch bei anderen Vereinen nach guten Spielern um. Diese werden mit üppigen Handgeldern, der Vermittlung eines attraktiven Arbeitsplatzes oder einer Geschäftsübernahme, der Bereitstellung einer Wohnung und deren Einrichtung oder mit Prämien gelockt.
Gleichzeitig spülen die Zuschauermassen Geld in die Kassen der Vereine. Und die Spieler, die Hauptakteure der Show, wollen an diesen Einnahmen partizipieren – zumal in Zeiten wirtschaftlicher Krise.
Spitzenfußball bedeutet unter diesen Bedingungen nahezu zwangsläufig auch Berufssport. Aber nicht das Geschäft ist die eigentliche Wurzel des Profisports, sondern der Wille zur Qualitätsverbesserung und der sportliche Wettbewerb.
Ein Bayern-Gründer als Freiburg-Retter
Vor dem Ersten Weltkrieg begnügten sich in der Regel selbst Top-Klubs mit besseren Sportplätzen. Großzügigere Anlagen hatten eine kleine überdachte Holztribüne, auf der vor allem die Vereinsfunktionäre, Mäzene und sonstigen Honoratioren Platz nahmen.
Münchens erste Sportanlage mit überdachter Sitzplatztribüne liegt an der äußeren Leopoldstraße in Schwabing und gehört dem MSC, dem sich der FC Bayern am 1. Januar 1906 angeschlossen hatte. Im September 1907 wurde die Leopoldstraße zur hauptsächlichen Spielstätte der Bayern und blieb dies bis 1922.
Die 12.000 Zuschauer, die im Juni 1911 in Dresden Viktoria 89 Berlin gegen den VfB Leipzig siegen sahen, waren vor dem Ersten Weltkrieg Rekord für ein Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Es war das einzige Mal, dass sich eine fünfstellige Zahl zum Finale einfand.
Dies ändert sich nun gewaltig. Im Juni 1920 drängeln sich beim Meisterschaftsfinale Nürnberg gegen Fürth 35.000 auf dem Germania-Platz in Frankfurt. Zwei Spielzeiten später pilgern 50.000 zur zweiten Auflage des Endspiels zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FC Nürnberg auf dem VfB-Platz in Leipzig-Probstheide.
In den Weimarer Jahren erlebt der Bau von Sportstätten einen Boom. Bis 1925 werden 850 öffentliche und 400 vereinseigene Stadien gebaut. In München entsteht das Stadion an der Grünwalder Straße, wo der FC Bayern ab der Saison 1925/26 die meisten seiner Spiele austrägt. Die Anlage bietet 40.000 Zuschauern Platz. Die Münchner Presse schwärmt von »Deutschlands schönster Vereinsanlage«.
In Freiburg weiht der
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