Der FC Bayern und seine Juden
Personalaustausch nach der Machtübernahme verzichtet, um die »organisatorischen und praktischen Vorbereitungsarbeiten (…) für die Olympischen Spiele 1936« nicht zu stören. Eine »Zerschlagung der liberalen Verbände im revolutionären Ansturm« hätte zu viele Sportfunktionäre »unnötig« verunsichert und damit die Basis für eine »Neuformung« aufs Spiel gesetzt. Nach den Spielen müsse die »Neuorganisation des Reichsbundes« nachgeholt werden (gemeint ist der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen/DRL, aus dem 1938 der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen/NSRL wird, der direkt der NSDAP unterstellt ist; Anm. d.A.), ebenso die Auflösung der Verbände und die »systematische Ausschaltung« des überkommenen Personals, das stärker als die Aktiven »am Alten« festhalte.
Ebenfalls 1936 schreibt SA-Sportreferent Malitz, dass in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft nur derjenige die Leibesübungen gestalten könne, »der den Nationalsozialismus bis in seine letzten Folgerungen durchdacht und erlernt hat«, was »einzig und allein in der SA« möglich sei: »Nur wer diese Schule durchmacht hat, darf Führer sein. Die deutschen Leibesübungen können und dürfen nur von SA-Männern als echten Trägern nationalsozialistischer Weltanschauung geführt werden. Alles andere kann nur Übergang sein.« Beim FC Bayern wird dieser Übergang ziemlich lange dauern.
Die Lehrmeister verlassen das Land
Nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Juli 1932 schrieb der Chronist Sigillus in den »Club-Nachrichten« des FC Bayern über den »Meistermacher« Richard Dombi: »Neben seinen ausgezeichneten Fähigkeiten als Sportlehrer ist er in diesen zwei Jahren der Mannschaft ein aufrichtiger Freund und Berater geworden, und es wäre zu wünschen, wenn er ihr und unserem Club noch lange erhalten bliebe.« Die Saison 1932/33 ist bereits Dombis dritte beim FC Bayern, aber die Nazis werden dem von vielen Fans und Spielern geteilten Wunsch des Chronisten einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Spielzeit beginnt verheißungsvoll. In den ersten drei Meisterschaftsspielen kommen die Bayern auf 24 Tore, neun davon erzielt Oskar Rohr. Von seinen 18 Meisterschaftsspielen der Bezirksliga Bayern/Gruppe Südbayern gewinnt der Deutsche Meister 13. Vier Begegnungen enden unentschieden, nur beim FC Teutonia München müssen die Bayern in eine 0:1-Niederlage einwilligen. Der FC Bayern wird mit sieben Punkten Vorsprung auf den Verfolger und Lokalrivalen 1860 zum sechsten Mal in Folge südbayerischer Meister. Zu diesem Zeitpunkt, im Dezember 1932, existiert noch die Weimarer Republik. Hitlers Machtübernahme (30. Januar 1933) und der Rücktritt von Bayern-Präsident Landauer (22. März 1933) fallen in die Zeit, in der anschließend die Süddeutsche Meisterschaft ausgespielt wird (bis 16. April 1933).
In diese Meisterschaftsrunde startet der FC Bayern mit einem 2:0-Sieg über den 1. FC Kaiserslautern, aber am Ende muss man sich in der Ostweststaffel mit Platz vier begnügen – zwei Punkte hinter dem TSV 1860, dem man zweimal unterliegt (s.o.) und der nun bei der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft bis ins Halbfinale vorstößt.
Laut Andreas Wittner ist es vor den letzten entscheidenden Spielen »zu zahlreichen Ungereimtheiten in der Mannschaftsführung gekommen, und der Meistertrainer hatte wohl schon nicht mehr das alleinige Sagen«. Der »Fußball« über das Scheitern der Bayern: »Je näher man dem neuen Ziel kam, desto mehr verlor man den Kopf. Dies zeigt sich am deutlichsten in der Tatsache, dass in den entscheidenden Spielen der letzten Wochen zwei Spieler ausgeschifft wurden, die für ihre Mannschaft mehr bedeuten als Durchschnittsspieler in einer beliebigen Mannschaft. Bergmaier (…), der beste deutsche Fußballspieler (…), und Schmid II wurden nicht mehr aufgestellt. (…) Unter dem Druck irgendwelcher Meinungen mussten die beiden (Spieler) jüngeren Kräften Platz machen. Daraus ziehen wir den Schluss, dass nicht die Mannschaft der Bayern, sondern eine gewisse Kopflosigkeit der Verantwortlichen (für das Ausscheiden) stehen (muss).« Inwieweit diese »Kopflosigkeit« dem Landauer’schen Rückzug geschuldet ist, bleibt unklar.
Im Mai 1933 verlässt Richard Dombi München und geht zunächst in die Schweiz. Im September 1933 wird er erneut Trainer des FC Barcelona, allerdings wird seine zweite Amtszeit bei den Katalanen sehr kritisch beurteilt. Im Sommer 1934 ist Dombi zurück in der Schweiz und
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