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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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wird. Beckenbauer erzielt ein Tor, kann aber auch nicht verhindern, dass die Bayern 2:3 unterliegen. Am 15. Juni 1933 läuft Beckenbauer zum letzten Mal für die Bayern auf, erneut in einem Freundschaftskick. Der FC Bayern gewinnt beim FC Traunstein mit 7:2, drei Tore schießt Beckenbauer. 1934 ist seine Bayern-Karriere offiziell beendet. Als Gründe werden Verletzungen und familiäre Verantwortlichkeiten angeführt.
    Neuordnung des deutschen Sports
    Von den Nazis wird der gesamte Sport organisatorisch umgekrempelt und in 15 Fachverbände (»Fachsäulen«) gegliedert, denen das »Führerprinzip« verordnet wird. Die Fachsäule »Fußball« heißt offiziell »Deutscher Fußball-Verband«. Als übergeordnete Klammer fungiert ein »Reichsführerring für Leibesübungen«. Regional werden die Fachverbände in 16 Sportgaue untergliedert, womit DFB-Boss Felix Linnemann die unbequemen und einflussreichen Regionalverbände loswird.
    Auf dem DFB-Bundestag am 9. Juli 1933 in Berlin begrüßt Linnemann die Neuordnungspläne und den Kampf gegen den Liberalismus auch im Sport mit Begeisterung: »Wir waren früher ein Verband, der sich auf dem alten Recht gegründet hat und sich liberalistisch aufbaute. Heute haben wir selbstverständlich die Pflicht, von diesem Weg abzugehen und die vom Staat ganz neu gestellte Ordnung, das Prinzip der Führerschaft, zu übernehmen.« In seiner Anbiederung an die neuen Machthaber kennt der DFB-Vorsitzende keine Grenzen. Der DFB sei ein »Vorläufer der heutigen Bewegung«, denn keine andere Bewegung habe »im Sinne der Volksgemeinschaft so erfolgreich gearbeitet wie der Sport. (…) Wir brauchen uns nicht umzustellen.« Nach nur 28 Minuten ist die Tagung beendet, mit einem »›Sieg Heil‹ auf den Volkskanzler« als Finale.
    Als Folge der Neuordnung beschließt der Süddeutsche Fußball-und Leichtathletikverband (SFLV) auf seinem Verbandstag am 6. August 1933 einstimmig und ohne Diskussion die Auflösung. Zu Beginn der Veranstaltung gedenkt der Vorsitzende Paul Flier, NSDAP-Mitglied Nr. 3178248, der fortan den »Gau Bayern« führen wird, »all jenen Männern der Braunen Armee, die in den letzten 14 Jahren ebenfalls für die Einheit unseres Volkes sich eingesetzt und zu Hunderten ihr Leben dafür geopfert haben. Auch Sie, meine Herren, haben dafür gekämpft und sind dafür gestorben, damit wir und unsere Nachkommen in einem freien Deutschen Reich leben können.«
    Die zentralistische Neuordnung des deutschen Sports und seiner Fachverbände verschafft der DFB-Führung verbandsintern eine überragende Stellung. Gestärkt durch das »Führerprinzip«, kann Linnemann nun endlich den deutschen Fußball nach seinen Vorstellungen formen. Ganz oben auf der Agenda: die Wiederaufnahme des Kampfes gegen den Berufsfußball, dessen Verfolgung und Ausmerzung.
    Zurück zum »reinen Amateursport«
    Im Juli 1933 treffen sich in Berlin Albert Bauer, der ehemalige Vorständler des FC Wacker und nun Manager des Süddeutschen Verbands für Berufsfußballspiele, und ein Beauftragter von Reichssportkommissar Hans von Tschammer und Osten namens Mildner. Dabei berichtet Mildner dem Münchner, dass für die Sportführung die Legalisierung des Berufsfußballs beschlossene Sache sei. So berichtet es zumindest Bauer in einer 1947 erschienenen Denkschrift. Ein »Deutscher Berufsspielerverband« sollte gegründet werden mit einem Professor Glöckner aus Stuttgart als Präsidenten.
    Aber Felix Linnemann interveniert. Auf einem Treffen am 6. August 1933 in München, an dem außer ihm selbst noch Bauer und ein Beauftragter des Reichssportführers teilnehmen, kann er die Pläne für einen Profiverband verhindern. Dass der DFB-Bundestag von 1932 der Legalisierung des Berufsfußballs grünes Licht erteilt hatte, interessiert nun nicht mehr. Im September 1933 erlässt der DFB neue Amateurbestimmungen, die de facto die Rückkehr zu den Statuten von 1920 bedeuten.
    DFB-Pressewart Carl Koppehel wird 21 Jahre später in seinem geschichtsklitterischen Werk behaupten: »Viele Schranken und Hemmnisse für die Entwicklung des Fußballsports fielen, weil das jetzt herrschende System sie hinwegräumte. Damit entfiel auch manches Problem, das in den letzten Monaten sich zugespitzt hatte.« Gemeint war damit zweierlei: die Macht der Regionalverbände, die Linnemann und Co. das Leben schwer gemacht hatten und nun aufgelöst wurden, sowie die Frage des Berufsfußballs. Laut Koppehel musste dessen Legalisierung »schon dadurch fehlschlagen, dass

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