Der FC Bayern und seine Juden
1936. »Eine fußballsportliche Erziehung war also erst nach Erreichung des 14. Lebensjahres möglich. In diesem Zusammenhang wäre es außerordentlich interessant zu wissen, wann unsere großen Internationalen einmal mit dem Fußballspielen angefangen haben. Die meisten davon haben, soweit sich der Verfasser auf die hiesigen Erfahrungen stützen kann, schon als ganz kleine Knirpse angefangen.« (»50 Jahre FC Bayern«)
Die Folgen dieser Politik überdauern das NS-Regime und reichen bis in die 1950er Jahre hinein. So schreiben die Autoren der 50-Jahre-Festschrift: »Weiß man aber das, dann kann man ermessen, wie es mit dem Nachwuchs an solchen Klassespielern in der nächsten Zeit bestellt sein wird. Man zehrt heute noch stark an den Reserven, die noch aus der unbeschwerten Zeit vor 1936 stammen, man braucht nur an Streitle, Moll zu denken. Ein im Jahre 1936 erst zehn Jahre alter Hitler-
Pimpf, der nicht mehr unter entsprechender Anleitung bei einem Fußballverein spielen durfte, ist heute 24 Jahre alt, die späteren Jahrgänge sind noch jünger. In diesem Alter stehen viele Fußballgrößen bereits mitten in ihrer großartigen Laufbahn. Wenn heute und noch in mehreren Jahren solche Kräfte in unseren deutschen Spitzenmannschaften recht dünn gesät sein werden, dann ist daran die Drosselung des jugendlichen Willens zum Fußballspiel nicht ganz schuldlos.«
Solange die Gauliga Bayern eine »gesamtbayerische« ist, also nur aus einer Staffel besteht, gewinnen die Bayern nicht eine Meisterschaft. Das beste Abschneiden sind dritte Plätze in den Spielzeiten 1933/34, 1935/36 und 1936/37. In den vier Spielzeiten 1938/39 bis 1941/42 reicht es nur je zweimal zu Platz sieben und acht. In der Saison 1939/40 bedeutet Platz acht, dass nur zwei Teams noch schlechter rangieren. Von 18 Meisterschaftsspielen werden nur drei gewonnen, in der Endabrechnung stehen lediglich zehn Zähler. Nur der Tabellenletzte FSV Nürnberg gewinnt noch seltener – nämlich gar nicht.
Erst als die Gauliga Bayern kriegsbedingt in zwei Staffeln geteilt wird – in eine Gauliga Südbayern und eine Gauliga Nordbayern –, wird es besser. Die starken fränkischen Klubs 1. FC Nürnberg und SpVgg Fürth spielen in der Nordstaffel; in der Südstaffel sind in der Saison 1942/43 fünf von zehn Klubs Münchner Adressen (Bayern, TSV 1860, FC Wacker, Bajuwaren München, VfB München). Komplettiert wird die Staffel durch den Luftwaffen SV Straubing, Jahn Regensburg sowie die drei Augsburger Klubs BC, Schwaben und TSG 1885.
Der FC Bayern beendet diese Spielzeit als Dritter, vom Meister TSV 1860 trennen ihn satte elf Punkte. 1943/44 werden die »Roten« mit dem 38-jährigen Konrad Heidkamp als Spielertrainer Meister der Gauliga Südbayern. Es ist der erste Titel des Klubs seit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1932 und bleibt auch der einzige in den NS-Jahren. Denn im ersten Spiel der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft unterliegen die Bayern beim VfR Mannheim nach Verlängerung mit 1:2 und scheiden aus.
Albtraum Wien
Auch im Tschammer-Pokal, dem 1935 nach dem Vorbild des englischen FA-Cups eingeführten und nach dem Reichssportführer benannten Vereinspokal, kann der FC Bayern nichts reißen. Zu einem Albtraum entwickeln sich dabei die Begegnungen gegen die Wiener Teams, an denen die Bayern dreimal scheitern.
Dabei hat der Wiener Fußball durch den »Anschluss« ans Deutsche Reich 1938 eine erhebliche Schwächung erfahren. Dem exklusiv-jüdischen SK Hakoah, 1925 Österreichs erster Profimeister, ergeht es am schlimmsten. Die Ergebnisse der laufenden Spielzeit werden annulliert. Sämtliche jüdischen Spieler werden aus der laufenden Meisterschaft ausgeschlossen, Sportplatz und Vereinsstätten der Hakoah werden beschlagnahmt und der Klub unter kommissarische Verwaltung gestellt.
Austria Wien, bis dahin eines der besten Teams auf dem Kontinent, Mitropa-Cup-Sieger 1933 und 1936 und der Klub des assimilierten Wiener Judentums, muss sich in »SC Ostmark« umbenennen, erreicht allerdings im Juli seine Rückbenennung. Ein Großteil des Austria-Vorstands fällt unter das Verbot »jüdischer Tätigkeit« im Sport und muss seinen Hut nehmen. So auch der bei den Spielern überaus beliebte Medizinalrat Dr. Emanuel Schwarz, der dem Klub seit 1931 vorsitzt. Die Austria-Akteure wurden von Dr. Schwarz umsonst behandelt, schließlich würden ja »die Rothschilds und Starhembergs« für sie zahlen.
Schwarz’ Nachfolger wird der Ex-Austria-Spieler und
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