Der FC Bayern und seine Juden
nicht gehört. Sollte Haringer von einem »Kasperltheater« gesprochen haben, so sei dies wohl dem Umstand geschuldet, dass der Angeklagte davon ausging, bei der zurückströmenden Menge handele es sich um Besucher des gegenüberliegenden Hoftheaters. Im Übrigen sei Haringer »positiv für den nationalsozialistischen Staat eingestellt« und habe nach seiner Erfahrung »noch nie eine abfällige politische Äußerung gebraucht«.
Haringer selbst bietet der Justiz noch eine andere Version an: Beim Verlassen des Keckeisens hätten ihm »zwei Jungens in Zivilkleidung« den Weg versperrt, »so dass ich am Weitergehen verhindert und gezwungen war, zwischen beiden durchzugehen. Dabei machte ich die Äußerung: ›O Jessas, is dös a Kasperltheater.‹ Ich ging 50 Meter weiter, worauf ich von den Herren des Arbeitsdienstes ersucht wurde, stehen zu bleiben. Es kam dann auch eine Dame und fragte mich: ›Was wollen Sie mit dem Kasperltheater?‹ Ich erlaubte mir die Gegenfrage: ›Was wollen Sie von mir?‹ Die Dame gab mir keine Antwort, die Herrn vom Arbeitsdienst aber ersuchten mich mitzukommen. (…) Ich bestreite ganz entschieden, dass ich mit meiner Äußerung irgendwie die nationalen Veranstaltungen des 8. Und 9. November 1937 verunglimpfen wollte, denn meine politische Einstellung besteht nur für den nationalen Staat und den Führer, was schon daraus hervorgehen dürfte, dass ich als Fußballspieler schon 15-mal eingesetzt war.«
1973 erzählt Haringer der Münchner »tz«: »Weil ich im Dritten Reich nicht linientreu war, teilte mir der DFB mit, dass ich in der Nationalmannschaft nicht mehr erwünscht sei. Heute kann jeder Spieler, ob ein konservativer Beckenbauer oder der linke Breitner, frei seine Meinung äußern, kann überdies jeder Spieler mit entsprechendem Talent und Geschick Millionär werden.«
Wiedersehen mit dem Präsidenten
Am 7. November 1943 gastiert der FC Bayern in Zürich, um gegen die Nationalelf der Schweiz ein Freundschaftsspiel zu bestreiten. Zu diesem Zeitpunkt können deutsche Mannschaften nur noch in verbündeten, neutralen oder besetzten Ländern auflaufen.
Vor der Reise in die Schweiz werden die Spieler ins Sicherheitsamt beordert, wo man ihnen einige Auflagen mitteilt. Magdalena Heidkamp: »Erstens tadelloses Auftreten, zweitens würden Gestapobeamte mitfahren, damit den jungen wehrmachtswilligen Spielern nicht einfallen würde, im Ausland zu bleiben, drittens sei es möglich, dass deutsche Emigranten versuchten, mit den Spielern Kontakt aufzunehmen. Jede Annäherung werde strengstens bestraft.« Was die letzte Auflage betrifft, so hat man wohl Kurt Landauer im Sinn, der seit Mitte Mai 1939 in der Schweiz lebt und tatsächlich im Stadion erscheint, um das Spiel von der Tribüne aus zu verfolgen.
Ein Versuch Landauers, mit der Mannschaft in ihrem Quartier in Kontakt zu treten, wird unterbunden. Offenbar hofft er vor allem auf ein Wiedersehen mit Konrad Heidkamp, dem Kapitän der Meistermannschaft von 1932, der als Trainer mitgefahren ist. Magdalena Heidkamp: »Kaum in Zürich angekommen, trat schon ein Page auf meinen Mann zu und übergab ihm eine Nachricht von Herrn Landauer, der im Vestibül auf ihn wartete. Beim Öffnen des Briefes tippte jemand meinem Mann auf die Schulter: ›Gestapo: Geben Sie mir den Zettel. Lassen Sie sich nicht einfallen, sich dem Mann zu nähern. Sie stehen unter Beobachtung.‹« Laut Magdalena Heidkamp »wurde (es) Conny unmöglich gemacht, mit Landauer Kontakt aufzunehmen, die Gestapo ließ ihn nicht aus den Augen«. Landauer habe von der Gestapo-Intervention nichts erfahren und vermutet, Heidkamp habe die Kontaktaufnahme verweigert. Dies habe zu einer nachhaltigen Verstimmung zwischen dem Ex-Präsidenten und seinem Meister-Kapitän geführt. Als Konrad Heidkamp den Vorgang später seiner Frau schilderte, mag er unter einem gewissen Rechtfertigungsdruck gestanden haben, doch angesichts der Gesamtumstände erscheint seine Darstellung plausibel.
Eine andere Sympathiekundgebung kann die Gestapo nicht verhindern: Nach dem Abpfiff im Stadion Hardturm läuft die Mannschaft in Richtung Tribüne und winkt ihrem ehemaligen Präsidenten zu.
Für den FC Bayern spielen an diesem Tag Fink, Unger, Wagner, Reitter, Streitle, Streb, Seidl, Heibach, Lindemann, Schweizer und Hofmann. Streb wirkt als Gastspieler Wacker Münchens mit. Bereits in der 2. Minute bringt Hofmann die Bayern in Führung. Nach einer Viertelstunde kann Alfred »Fredy« Bickel für die Nati
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