Der FC Bayern und seine Juden
Stadtamts für Leibesübungen, Ludwig Behr, Wilhelm Brückner, 1860-Mitglied und Chefadjutant Hitlers, sowie TSV-»Führer« Dr. Ketterer den Verein vor dem Konkurs, indem sie den Verkauf des vereinseigenen Stadions an die Stadt einfädeln.
Als 1944 der Luftkrieg gegen München eskaliert, verzieht sich der »Vereinsführer« Josef Sauter in ein schwäbisches Landstädtchen. »Vereinsführer Sauter war nicht gewillt, für den Club sein Leben aufs Spiel zu setzen. (…) Bei seinen immer seltener werdenden Besuchen in München residierte er im Hotel ›Vier Jahreszeiten‹, von wo aus der Herr ›Präsident‹ geruhte, seine Befehle zu erteilen. Die tatsächlich notwendige Vereinsarbeit mußten die Treuesten der Bayern allein machen. Sie mußten ohne Vereinsführer mit den brennendsten Tagesfragen selbst fertig werden.« Das hat wenigstens zur Folge, dass selbst die Parteimitglieder im Klub »jetzt zur Überzeugung (kamen), dass das ›Füh-rerprinzip‹ doch recht arge Schattenseiten haben kann«.
Gute Voraussetzungen für einen demokratischen Neuanfang. Auch wenn der FC Bayern aus dem Zusammenbruch »als ein nur noch vegetierendes Gebilde« hervorgeht.
Kapitel 10
Verfolgung, Enteignung, Vertreibung und Mord
Im Jahr 1938 eskalieren die Gewaltmaßnahmen gegen Juden und finden ihren Höhepunkt in der Reichspogromnacht vom 9./10. November. SA-Männer und Parteiformationen zünden überall im Reich jüdische Gotteshäuser an, demolieren jüdische Geschäfte und Wohnungen. Reichsweit werden über 30.000 jüdische Männer verhaftet sowie ca. 1.200 Synagogen und Gebetshäuser und ca. 7.500 Geschäfte zerstört.
In München werden die Synagogen in der Reichenbachstraße und der Herzog-Rudolf-Straße von Uniformierten verwüstet und 42 Geschäfte attackiert. Ungefähr tausend Münchner Juden werden verhaftet, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und dort verprügelt und gedemütigt. Die Nazis sprechen zynisch von »Schutzhaft«. Die Inhaftierten gelte es vor dem »Volkszorn« zu schützen. 24 der in Dachau Inhaftierten bezahlen die braune »Fürsorglichkeit« mit ihrem Leben.
Das rund 20 Kilometer nordwestlich von München auf dem Gelände einer ehemaligen Munitionsfabrik gelegene KZ Dachau bestand bereits seit dem 22. März 1933, errichtet auf Geheiß des Reichsführers SS und Münchner Polizeipräsidenten Heinrich Himmler. Es war das erste KZ Nazi-Deutschlands und das einzige, das in den zwölf Jahren des NS-Regimes durchgehend Bestand hatte. Für den Historiker Ernst Piper wurde es »zur Mörderschule der SS«.
»Selbstbewusste Münchner Bürger«
Kurt Landauer wird am 10. November 1938 von seinem Arbeitsplatz, dem Wäschegeschäft Rosa Klauber in der Theatinerstraße 35, abgeholt und nach Dachau gebracht. Das Geschäft steht auch auf einer Liste des in der Reichspogromnacht vom Nazi-Mob verwüsteten Eigentums. Die 1859 von Rosa Klauber gegründete Firma war die bekannteste ihrer Art in München. In der Dachauer Straße 112 wurde Damenwäsche hergestellt, in den Geschäften in der Theatinerstraße und am Marienplatz Groß- und Kleinhandel mit Damenbekleidung, Stoffen, Spitzen und Decken betrieben. Im August 1938 zählte die Rosa Klauber GmbH ca. 200 Beschäftigte. Laut dem Historiker Wolfram Selig waren die Inhaber der Rosa Klauber GmbH, Ernst, Ludwig und Siegfried Klauber, »selbstbewusste Münchner Bürger, die auch noch in der Zeit des Nationalsozialismus nicht bereit waren, sich alles gefallen zu lassen«.
Im August 1938 mussten die Klaubers einsehen, dass ihr Widerstand gegen die Enteignung chancenlos war. Ludwig und Ernst Klauber bereiteten ihre Emigration in die USA vor, wo sich Siegfried Klauber bereits seit April aufhielt. In der folgenden Schlacht um das Klauber-Eigentum erhielten die Herren Richard Lüdecke und Hermann Straub im Oktober 1938 den Zuschlag für die Fabrikation in der Dachauer Straße. Der renommierte Laden in der Theatinerstraße fällt nach der Reichspogromnacht an die »verdiente Parteigenossin« Hella Dasbach, die laut NSDAP »in Antwerpen das Amt der Kulturreferentin in der NS-Frauenschaft bekleidete«.
Im November 1939 begeben sich Ludwig und Ernst Klauber von Bordeaux aus auf der S.S. Manhattan nach New York. Dort erfolgt 1943 die Neugründung der von den Nazis geraubten Firma als Klauber Brothers Inc. Die Firma wird heute von der vierten, fünften und sechsten Generation der Klaubers geführt und residiert in der 980 Avenue of the Americas in New York.
Im KZ Dachau
Im
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