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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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ungarisch-jüdischen Entwicklungshelfer im deutschen Fußball, die 1933 aus Deutschland geflohen sind, geraten durch die nationalsozialistischen Expansionsgelüste wieder in Gefahr. Der Export des antisemitischen Furors, der sich in Ländern wie Ungarn mit einem hauseigenen Antisemitismus vermischt, trifft vor allem die MTK-Juden mit voller Wucht. Viele von ihnen sind den Bayern-Freunden und der Münchner Fußballöffentlichkeit bestens bekannt. Vor allem natürlich die ehemaligen Bayern-Trainer Richard Dombi, Izidor »Dori« Kürschner, Kálmán Konrád und Leo Weisz, aber auch einige Akteure des großen MTK-Auftritts von 1919 an der Marchbachstraße – wie Jószef Braun oder Vilmos Kertész. Und natürlich Kálmán Konráds Bruder Jenö, ehemals Trainer des 1. FC Nürnberg.
    Bayerns »Meistermacher« Richard Dombi überlebt den Holocaust. Nach Engagements in Barcelona und Basel trainiert er seit 1935 Feyenoord Rotterdam. Wie er der deutschen Besatzung und Bombardierung Rotterdams entgeht, ist unbekannt. In den 1950er Jahren wird er noch einmal Feyenoord trainieren, aber dazu später.
    »Dori« Kürschner verlässt Europa 1937 und geht nach Brasilien. Im April 1937 übernimmt er den Rio-de-Janeiro-Klub Flamengo. Dort zählt zu seinen Spielern der legendäre »Gummimann« Leonidas, einer der Stars der WM 1938. Kürschner verbessert das Defensivverhalten seiner Akteure und sorgt für die Verbreitung des W-M-Systems in Brasilien. Außerdem unterrichtet er die Verbandstrainer in europäischer Fußball- und Trainingsmethodik. Von 1939 bis 1940 trainiert er noch den Traditionsklub Botafogo. 1941 verstirbt Kürschner im Alter von nur 56 Jahren, vermutlich an einer Virusinfektion.
    Bei Flamengo war Kürschners Assistent Flàvio Costa, der von dieser Zusammenarbeit erheblich profitiert. 1950 wird Costa Brasiliens Selecao in das entscheidende Spiel um die Fußball-Weltmeisterschaft führen, das allerdings mit der größten Enttäuschung in der brasilianischen Fußballgeschichte endet.
    Kálmán Konrád übernimmt 1933 den »Judenklub« Slavia Prag, mit dem er 1934 und 1935 die Meisterschaft und 1935 den Pokal gewinnt. Von 1936 bis 1938 betreut er die Nationalmannschaft Rumäniens, 1937 bis 1939 den FC Zidenice in Brünn. Im März 1939, wenige Tage bevor die Slowakei den gemeinsamen Staat mit den Tschechen verlässt und die Wehrmacht in die sogenannte Rest-Tschechei einmarschiert (die dann zum Reichsprotektorat Böhmen-Mähren wird), geht Konrád nach Schweden – auf Einladung des dort lebenden jüdischen Journalisten Peter Brie, einem gebürtigen Berliner. In Schweden trainiert Kálmán Konrád den Örebro SK und Atvidaberg FF und nach dem Krieg Malmö FF sowie weitere Klubs.
    Leo Weisz trainiert nach dem FC Bayern zunächst in Schlesien die Sportfreunde Breslau (1929), dann Kickers Würzburg (1930-31) und Alemannia Aachen (1932). 1933 verlässt er Deutschland in Richtung Schweiz, wo er den FC Biel (1933), Servette Genf (1935-36), US de Bienne-Boujsan (1939-44), Cantonal Neuchatel (1942-46), Etcile La Chaux-de-Fonds (1946-47) und erneut den FC Biel (1952-54) betreut.
    Jószef Braun, der noch heute als einer der besten Rechtsaußen in der Geschichte des ungarischen Fußballs gilt, verdingt sich einige Zeit im US-Soccer, wo er in New York für die jüdischen Klubs Brooklyn Hakoah und Brooklyn Wanderers aufläuft. Nach dem Ende seiner Spielerkarriere arbeitet Braun als Trainer in der Slowakei und betreut dort von 1935 bis 1938 den 1. CsSK Bratislava. Es folgten weitere Enga gements bei LAFC Lucenec und FTC Folakovo und eine Anstellung als Bankbediensteter. Als gebürtiger Jude wird Braun 1942 zum Arbeitsdienst eingezogen und stirbt ein Jahr später.
    Vilmos Kertész geht bereits 1932 nach Ägypten. Dort trainiert er Hellenic Alexandria und bis 1940 weitere ägyptische Vereine. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Kertész erneut Trainer in Alexandria, in den 1950ern wandert er dann nach Australien aus und bleibt dort bis zu seinem Tod 1962. Sein Bruder Gyula, der ehemalige Trainer des Hamburger SV, überlebt den Holocaust in den USA und arbeitet dort in der Schallplattenindustrie. Sein Sohn, der sich George Curtiss nennt, wird ein führender Manager bei Remington Records.
    Auch Jenö Konrád, der ehemalige MTK-Internationale und Trainer des 1. FC Nürnberg, entkommt dem Holocaust. 1936 wechselt er nach Italien, wo er in der Serie A den US Triestina auf den sechsten Platz führt – das beste Ergebnis in der Geschichte des Vereins.

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