Der Fehler des Colonels
Buckingham mit einem iranischen Pass aufgegriffen wurde, könnte es Probleme geben, wenn jemand sie bei der Kontaktaufnahme mit unserer Botschaft sieht. Wir haben sie nicht offiziell als Amerikanerin bestätigt und die Botschaft wird höchstwahrscheinlich beobachtet.«
»Ist sie wenigstens unter Personenschutz gestellt? Nach dem, was in Baku passiert ist – unter Ihrer Aufsicht, möchte ich hinzufügen –, hat der Schutz Ihrer verbliebenen Agenten wohl Vorrang.«
»Nun, ja. Wenn sie Sava als Schutz gelten lassen. Er ist immer noch bei ihr und er ist ein erfahrener Agent. Einer unserer besten.«
Amato rief sich den Teil von Marks Akte ins Gedächtnis, der seine Geschichte als Operations Officer auflistete. »Ich konnte keine militärischen Erfahrungen in seiner Akte finden, nichts was darauf schließen lässt, dass er für den Personenschutz qualifiziert wäre.«
»Machen Sie Witze? In den Neunzigern diente er als Berater für unsere Special Activities Division. Abchasien, Tadschikistan, Bergkarabach … in diesen drei Bürgerkriegen war er mittendrin. In der Akte findet man vielleicht nicht alle Details, aber ich kann Ihnen versichern, dass der Kerl weiß, was er tut.«
Amato seufzte. »Wo sind er und Buckingham jetzt?«
»In Baku, schätze ich.«
»Sie schätzen?«
»Er hat nichts gesagt und ich war klug genug, nicht zu fragen. Der Anruf kam von einem Handy. Wir haben eine halbe Minute telefoniert.«
»Rufen Sie ihn an – sofort. Wenn er nur halb so gut ist, wie Sie glauben, sollte er in der Lage sein, sich und Daria Buckingham sicher in die Botschaft zu bringen. Wenn er sie dann immer noch bei den Ermittlungen braucht, kann sie das von der Botschaft aus machen.«
Kaufman atmete hörbar aus. »Ich habe Savas letzte Handynummer. Aber er wechselt seine Telefonnummer praktisch bei jedem Anruf.« Er erklärte die Sache mit den SIM-Karten. »Das ist ein unerträglicher Tick von ihm. Ich bezweifle, dass ich ihn überhaupt erreichen kann, bevor er mich anruft.«
Langsam, als würde er mit einem glücklosen Soldaten sprechen, sagte Amato: »Buckingham und Sava müssen über die Vorgänge in Baku befragt werden. Und zwar schnell, damit der Präsident geeignete Anweisungen geben kann und der Saustall ausgemistet wird. Die Aseris sorgen sich, dass Campbells Ermordung der Anfang eines Geheimdienstkrieges zwischen uns und den Iranern ist. Wenn wir einen Fehler machen, kann es sein, dass die Aseris all unseren Leuten im Land, auch den Militärs, Beschränkungen auferlegen. Also interessiert esmich nicht, wie Sie es anstellen, aber schaffen Sie Sava und Buckingham so schnell wie möglich ran.«
»Wenn der Präsident das ernsthaft will, dann richten Sie ihm aus, er möge diese Anweisung an den Direktor der Agency weitergeben. Denn im Moment sind Sie der einzige, der mich diesbezüglich unter Druck setzt. Und ich nehme von Ihnen keine Befehle entgegen, Colonel. Wir hören von Sava, wenn es so weit ist.«
28
Mark zwang sich wach zu bleiben, um heimlich auf Daria aufzupassen. Er starrte auf die Wirbel an der rau verputzten Decke und wälzte Gedanken in seinem Kopf herum. Die Iraner, die Chinesen, die Pipeline, Campbell, Daria … alles ein einziges Durcheinander.
Sie war um Mitternacht von einem unproduktiven Treffen mit einem chinesischen Diplomaten mittleren Alters zurückgekehrt und lag nun in Embryonalhaltung in dem Einzelbett neben seinem. Wahrscheinlich schlief sie noch nicht, ihr Atem ging unregelmäßig und immer wieder raschelten die Laken, als wäre sie wach. Beide waren komplett angezogen, bereit um im Notfall sofort zu flüchten.
Um eins stand er auf und ging ins Bad. Während er pinkelte, wählte er Deckers Nummer.
»Bin wach!«, meldete sich Decker.
Mark legte ohne ein Wort wieder auf und legte sich wieder hin. Und jetzt, da er wusste, dass Decker den Rest der Nachtwache übernommen hatte, fiel er in tiefen Schlaf – bis halb fünf, als sein Handy ihn weckte.
Er fummelte es aus seiner Hosentasche. Als er es schließlich aufklappte, rief Decker: »Beweg deinen Arsch, Boss!«
Mark sprang aus dem Bett und machte das Licht an. Daria war weg. »Wo ist sie?«
»Sie geht zu Fuß Richtung Norden auf der Puschkin.«
»Warum hast du mich nicht früher angerufen?« Er schnappte seine Tasche und sah nach, ob Daria Geld daraus gestohlen hatte – hatte sie nicht –, und hinkte, immer noch steif von seinem Sprung vom Balkon, zur Tür. An die Tür war in Augenhöhe ein Zettel geklebt:
Bitte
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