Der Fehler des Colonels
bringen, zu seiner Verantwortung zu stehen.«
»Jetzt mal langsam. Wer ist Derek Simpson?«
»Der Mann, der meine Mom geschwängert hatte. Mein leiblicher Vater.«
»Er hat in der Botschaft gearbeitet?«
»Ja. Er war ein halbes Jahr mit meiner Mom zusammen, alle haben ihn gekannt, aber als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählte, hat er sie sitzen lassen. Ich war eine Panne.«
»Toller Typ.«
»Er hätte ihr helfen können. Mir hätte er auch helfen können. Stattdessen ist er abgehauen. Jedenfalls war der Mann, bei dem ich abgeladen wurde, ein Diplomat namens John Buckingham …«
»Wer hat dir das alles erzählt? Dein Onkel?«
»John Buckingham und seine iranische Frau haben mich nicht einmal offiziell adoptiert, sie haben mich nach der Geiselkrise einfachmit nach Amerika genommen, als ihr Kind ausgegeben und eine Geburtsurkunde ausstellen lassen. Ja, den Großteil hat mir mein Onkel erzählt.«
Mark schüttelte den Kopf. Was das alles mit dem aktuellen Chaos zu tun hatte, wusste er nicht. Aber ihm war klar, dass Daria über diese Gräuel nicht hinwegkam. Für sie sah es nicht gut aus, so viel stand fest. Für ihn auch nicht. Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Sie befanden sich mitten in einer vermüllten Gasse.
»Hast du deine Adoptiveltern zur Rede gestellt?«
»O ja. Sie haben alles zugegeben. Sie sagten sogar, sie hätten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Derek Simpson zu finden, sowohl im Iran, als auch in den Staaten. Aber es war, als hätte der Kerl nie existiert. Die Botschaft wollte nicht einmal zugeben, dass er dort gearbeitet hatte.«
»War er ein CIA-Mann?«
»Wahrscheinlich.«
Daria senkte den Blick, dann zog sie ihren Tschador enger um sich.
»Wie bist du damit fertig geworden?«, fragte Mark.
»Was meinst du wohl?«
»Keine Ahnung.«
»Mit meinen Eltern habe ich Frieden geschlossen, aber wütend war ich trotzdem – auf die Mullahs, weil sie meine Mutter umgebracht haben, und auf meinen Vater, weil er meine Mom im Stich gelassen hat. Ich wollte etwas tun, um alles wieder in Ordnung zu bringen.«
Aus dem Augenwinkel sah Mark Tural näher kommen.
»Warum stehen wir hier rum?«
»Nach der Revolution hat sich mein Onkel den Volksmudschahedin angeschlossen, der MEK – so hat er rausgefunden, was in Wirklichkeit mit meiner Mutter passiert ist, er hatte Kontakt zu MEK-Spionen bei der Revolutionsgarde. Jedenfalls sagte ich ihm, dass ich auch mitmachen will. Er meinte, ich sei zu jung, aber ich habe nicht locker gelassen, und irgendwann hat er angedeutet, dass ich als amerikanische Staatsbürgerin in einer anderen Funktion nützlicher sein könnte.«
»Durch die Arbeit bei der CIA.«
»Die Volksmudschahedin wollten einen Insider, jemanden, der ihnen sagen konnte, was die Amerikaner wirklich vorhatten. Also habe ich Farsi gelernt und internationales Recht studiert. Und ich habe geübt, wie man Lügendetektortests besteht. Es funktionierte. Ich bewarb mich bei der CIA und wurde genommen.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Das war’s. Jetzt weißt du Bescheid. Kaufman hatte recht – du hättest mir nicht trauen sollen. Tut mir leid, dass ich dich benutzt habe. Alles tut mir leid.«
Mark überlegte, wie blind er gewesen war, wie leicht hinters Licht zu führen. »Hast du jemals welche von deinen CIA-Agenten verpfiffen?«
»Nein, nie. Ich hatte einfach mehrere Loyalitäten, das ist alles.«
»Mehrere Loyalitäten«, wiederholte Mark und dachte an das Gemetzel im Trudeau House. Hochverrat war ein anderes Wort dafür.
»Du weißt genauso gut wie ich, dass ich der Agency eine Menge nützlicher Informationen geliefert habe.« Daria stieß mit dem Finger nach ihm. »Informationen, die ich ohne meine Beziehungen zu den Volksmudschahedin nie gekriegt hätte. Die MEK und die CIA wollen doch beide die Mullahs stürzen. Sie sollten ohnehin zusammenarbeiten. Dass sie es nicht tun, ist eine Dummheit.«
»Du hattest Verbindung zur CIA und zu den Volksmudschahedin und beide wurden Ziel von Anschlägen. Die Angriffe haben etwas mit dir zu tun, Daria.«
»Aber ich habe keine Ahnung, was. Und ich weiß auch nicht, warum Campbell getötet wurde. Oder warum sie es auf dich abgesehen haben.«
»Aber du weißt immer noch sehr viel mehr, als du mir verrätst?«
Diesmal versuchte Daria nicht einmal zu lügen.
Inzwischen war Tural bei ihnen angelangt. Mark machte einen Schritt rückwärts, bereit, sich zu verteidigen, aber Tural ging einfach an ihm vorbei zu einem verrosteten
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