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Der Fehler des Colonels

Der Fehler des Colonels

Titel: Der Fehler des Colonels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Mayland
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einem Scheunenboden ein paar Häuser weiter aufgenommen. Viel war da nicht zu beobachten, nur ein paar Jungs, die wie patrouillierende Wachleute aussahen. Insgesamt fünf. Keiner von denen war dein Onkel. Außerhalb des Grundstücks nur ein paar alte Franzosen, die ab und zu mit dem Fahrrad vorbeikommen.
    Vor sechs Stunden, ungefähr eine Stunde vor Mitternacht war das, sehe ich von der Scheune aus, wie ein Wäschereitransporter vor dem Haupteingang haltmacht. Einige Leute karren Wäschesäcke herbei und laden sie in den Transporter. Ich rede von großen Säcken, die Kerle können sie kaum heben. Man muss kein Genie sein, um draufzukommen, dass in diesen Säcken ganz sicher keine dreckigen Unterhosen stecken. Also folge ich ihnen.
    Sie fahren zu einem Acker, rund zehn Kilometer nordwestlich, ländliche Gegend. Ich beobachte, wie die beiden Kerle aus dem Lieferwagenweitere Leute treffen, die auf dem Acker gewartet haben. Alle gemeinsam zerren zwei Leichen aus den Wäschesäcken und fangen an, sie auf dem Acker zu verscharren.
    Sie heben ein Grab aus und legen die beiden Toten hinein. Da sind noch mehr Stellen, die in letzter Zeit frisch umgegraben wurden. Ich meine richtig viele – der ganze Acker ist damit übersät. Wahrscheinlich weitere Gräber, obwohl ich nicht versucht habe, sie auszubuddeln, denn nach der Beerdigung folge ich den beiden Männern, die nicht vom Gelände gekommen waren. Sie fahren direkt zu diesem Bauernhaus ein paar Kilometer von dem Acker entfernt und gehen rein. Also beziehe ich Posten in einer leer stehenden Kirche in der Nähe, hab aber rein gar nichts gesehen, und dann musste ich abbrechen, um euch beide abzuholen. Wie viele Leute haben im MEK-Hauptquartier gewohnt?«
    »Wahrscheinlich um die hundert, vielleicht mehr, vielleicht weniger.« Darias Stimme war hart, aber sie zitterte.
    »Gottverdammt«, fluchte Decker. »Ich sage es nur ungern, aber ich glaube, die sind erledigt. Das Gelände ist praktisch leer.«
    »Dann bring uns gleich zu dem Bauernhaus«, sagte Mark kalt. Wenn Minabi tot war, dann würde er sich ihre Mörder vorknöpfen, um zu erfahren, was er wissen wollte.
    »Schon unterwegs, Boss.«

63
    Decker hielt vor einer großen Natursteinkirche, die von einem mannshohen Maschendrahtzaun umgeben war. Auf Betreten-verboten-Schildern hieß es, die Kirche sei baufällig und werde demnächst abgerissen. Die Straße wurde von einigen alten Häusern gesäumt.
    »Wenn man über den Zaun klettert, kann man durch eine Hintertür rein, die ich aufgebrochen habe«, erklärte Decker. »Links hinter dem Altar führen Stufen zu einem Ausguck. Die ersten fünf, sechs Meter sind rausgerissen, aber ich habe von einem Haus die Straße runter eine Leiter geborgt. Ihr seht das Bauernhaus mitten auf einer Wiese.«
    Decker stieg aus und öffnete die Heckklappe des Hyundai. Zum Vorschein kamen zwei Hochleistungsferngläser, Lebensmittelvorräte, eine große braune Abdeckplane und eine Digitalkamera mit Teleobjektiv.
    »Die Kamera brauchen wir nicht«, sagte Mark schroff. »Ich hab in Dubai eine gekauft.«
    Er beäugte die Kirche. Ebenso wie die Häuser in der Nähe war sie aus Naturstein, aber die Mauern der Kirche waren glatter, gepflegter. Wahrscheinlich erst vor hundert Jahren gebaut, schätzte er. Das hieß, sie lockte keine Touristen an – wo es doch in ganz Frankreich traumhafte mittelalterliche Kathedralen zu bestaunen gab. Und weil kaum noch jemand unter achtzig aus religiösen Gründen Kirchen besuchte, hatte man sich wohl für den Abriss und gegen die Renovierung entschieden.
    Das Gebäude sah ziemlich verwahrlost aus. Das Dach hatte große Löcher, wo die Schieferziegel heruntergefallen waren und die Dachbalken sichtbar wurden, das Pflaster rund um die Kirche war halb mit Unkraut überwuchert und am Haupteingang blätterte die Farbe von der Tür. Alles von Wert war anscheinend entfernt worden – hinterdem Altar klaffte ein Loch in der Wand, wo einst die Fensterrose gewesen war, und was Decker als Ausguck bezeichnete, war offenbar der ehemalige Glockenturm, bei dem man Glocke und Dach abgebaut hatte, sodass es jetzt oben nur noch eine ungeschützte Plattform gab.
    »Werden heute Morgen Arbeiter auftauchen und den Rest abreißen?«, fragte Mark.
    »Kann sein, aber ich bleibe unten auf Beobachtungsposten und kann euch warnen, wenn sich Überraschungen anbahnen.«
    Der Himmel im Osten sah aus, als würde die Sonne jeden Augenblick aufgehen. Außer dem fernen Ruf einer Eule herrschte

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