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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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rechter Arm verursachte ihm keine Schmerzen, doch die gebrochenen Rippen waren noch ziemlich empfindlich. Er stieß sich vom Bett ab und stand auf. Der erste Schritt war noch sehr zögernd. Sein linkes Knie war stabiler, als er gedacht hatte. An der Tür hing ein Morgenmantel, und er humpelte hinüber und nahm ihn herunter.
    Langsam stieg er die Treppe hinunter und stellte dabei fest, dass sein rechtes Bein bedeutend größere Probleme machte als sein linkes. Er blieb vor der Haustür stehen und blickte durch das Seitenfenster hinaus. Der Himmel war grau, und es war niemand zu sehen. An der Wand hing ein Spiegel, vor den er trat. Sein dichtes schwarzes Haar war zerzaust, und sein Gesicht war von Bartstoppeln bedeckt. Es war ungewöhnlich still im Haus. Nachdem es für Rapp stets etwas Selbstverständliches gewesen war, allein zu sein, verspürte er nun das Bedürfnis, Menschen um sich zu haben. Vor allem wollte er Informationen haben. Er wollte wissen, was los war, und so schlurfte er über den Flur zur Küche hinüber. Seine Beine begannen ihm allmählich besser zu gehorchen. Schließlich stieg ihm der Geruch von Kaffee in die Nase. Die Uhr am Mikrowellenherd sagte ihm, dass es 09:53 Uhr vormittags war. Er nahm sich einen Becher aus dem Schrank und schenkte sich Kaffee ein.
    Aus dem Augenwinkel nahm Rapp Bewegung wahr. Er schlurfte zur Spüle hinüber und blickte aus dem Fenster. Zwei Leute saßen draußen auf der Veranda an einem Tisch. Es waren Irene Kennedy und ihr acht Jahre alter Sohn. Tommy lümmelte gelangweilt in seinem Sessel, während Irene mit ihrem Handy telefonierte. Rapp atmete tief ein und langsam wieder aus. Tommy war wie ein kleiner Neffe für ihn. Der Junge hatte Anna vergöttert. Rapp kam sich plötzlich dumm und selbstsüchtig vor, dass er nur an sich und seinen Schmerz gedacht hatte. Es gab viele, die Anna vermissen würden.
    Rapp stellte den Kaffeebecher ab und ging zur Tür hinüber. Er drückte die Klinke und zog an der Tür – doch sie bewegte sich nicht. Rapp erinnerte sich, dass er sich in einem Safe House der CIA befand. Wie bei seinem eigenen Haus ließ sich auch hier die Tür nach außen öffnen. Er drückte die Tür auf und trat vorsichtig auf die Veranda hinaus. Langsam ging er zu den beiden hinüber. Tommy sah ihn und richtete sich in seinem Stuhl auf. Irene Kennedy drehte sich um und sagte ins Telefon, dass sie jetzt nicht weiterreden könne. Rapp nahm links und rechts von sich Bewegung wahr und sah zwei von Irenes Leibwächtern, die auf der Veranda Wache standen. Rapp schaffte es schließlich bis zum Tisch, und der kleine Tommy stand auf. Der Junge hatte Tränen in den Augen. Rapp breitete die Arme aus, und Tommy drückte sein Gesicht gegen Rapps Bauch.
    Tommy begann heftig zu schluchzen. »Es tut mir so leid«, stieß er hervor.
    Rapp ließ sich in einen Stuhl sinken und drückte ihn so fest an sich, wie seine Rippen es zuließen. Der Anblick eines Menschen, den er so gern hatte und der seine Frau geliebt hatte, ließ auch bei ihm die Tränen wieder fließen.
    Eine ganze Weile saßen sie so unter dem Sonnenschirm. Er versuchte Tommy zu sagen, dass alles wieder gut werden würde, doch er hörte selbst, wie unsicher seine Stimme klang. Nein, es würde nicht wieder gut werden. Der Mensch, den er mehr geliebt hatte als alles auf der Welt, war fort, und er taumelte am Rande der abgrundtiefen Verzweiflung dahin.
    Rapp hörte einen Hund bellen, und als er aufblickte, sah er Shirley, seinen Collie-Mischling, der auf ihn zugelaufen kam. Die Überraschung, seinen Hund hier zu sehen, brachte ein Lächeln auf seine Lippen. Rapp ließ Tommy los und streckte die Arme nach Shirley aus. Die Hündin sprang auf seinen Schoß, und er kraulte sie im Nacken. »Ich dachte, du wärst auch weg«, sagte er zu dem Tier.
    »Einer der Nachbarn hat sie nach der Explosion zu sich genommen«, teilte ihm Irene Kennedy mit. »Tommy meinte, es wäre vielleicht gut, sie hierher mitzunehmen.« Sie sah ihren Jungen lächelnd an. »Er hat gesagt, dass einmal jemand zu ihnen in die Schule gekommen ist und ihnen gesagt hat, dass Hunde den Menschen helfen würden, sich nach einem Unfall zu erholen.«
    Rapp kraulte Shirley im Nacken und sah Tommy an. »Danke, Kumpel.«
    »Gern geschehen«, antwortete Tommy und tätschelte die Hündin. »Wenn du willst, kann ich mich um sie kümmern.«
    »Das wäre nett.«
    »Bist du nicht hungrig?«, fragte Irene Kennedy, zu Mitch gewandt.
    »Und wie«, antwortete Rapp.
    Die drei gingen

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