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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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sechs Jahren im Ruhestand war und heute in Arizona lebte. Sie hatten versucht, den Mann zu erreichen, doch er würde erst in etwa einer Stunde vom Golfspielen zurückkommen. Es bestätigte sich immerhin, dass Abel eine Adresse in Wien hatte, worauf die CIA-Leute in der österreichischen Botschaft in Bereitschaft versetzt wurden, jederzeit weitere Anweisungen entgegenzunehmen.
    Dieser Teil der Sache machte Kennedy Sorgen. Sie wollte, dass die Sache möglichst geheim behandelt wurde. Wenn ihre Leute von sich aus aktiv wurden und zu suchen begannen, konnten sie Abel damit möglicherweise aufschrecken und vertreiben. Sie rief den Stationschef in Wien an und gab ihm die klare Anweisung, dass sie im Moment nichts anderes wollte als passive Überwachung. Das bedeutete, dass man sich darauf beschränken sollte, das Haus mit Parabolmikrofonen zu überwachen und mit dem Wagen vorbeizufahren. Es kam nicht infrage, dass sich zwei Leute mit dem Auto in die Nähe des Hauses stellten und auf den Mann warteten. Und unter keinen Umständen sollte irgendjemand von der Agency direkten Kontakt mit Abel aufnehmen oder irgendein Risiko eingehen. In Österreich war es mittlerweile kurz vor Mitternacht. Abel war vermutlich zu Hause und schlief, und bis Montag früh würde Kennedy ein Elite-Überwachungsteam der Operationsabteilung vor Ort haben.
    Ihren Leuten gab sie die Anweisung, aktuelle Informationen über Abel zu sammeln, die sie bis sechs Uhr früh auf dem Schreibtisch haben wollte. Bevor sie das Büro verließ, schickte sie noch eine letzte E-Mail ab. Sie war sich nicht sicher, ob sie eine Antwort darauf bekommen würde, aber sie wusste, dass sie zumindest versuchen musste, den Dialog in Gang zu halten. Ihre Frage an den geheimnisvollen E-Mailer war klar und deutlich: Warum tun Sie das?
    Irene Kennedy hatte so ihre Vermutungen. Coleman hatte die Sache von Anfang an richtig eingeschätzt. Wenn man die Medien berichten ließ, dass Rapp tot war, würden die Killer den Rest ihres Honorars bekommen. Wenn dann verkündet wurde, dass er doch am Leben war, würden die Auftraggeber verlangen, dass das Geld zurückgegeben oder der Auftrag zu Ende geführt wurde. Kennedy spürte, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen Tätern und Drahtziehern kommen würde. Dieser Abel war nur ein Mittelsmann. Wenn man dem E-Mail-Schreiber glauben konnte und tatsächlich die Saudis dahintersteckten, dann würde Abel unter großem Druck stehen, das Geld zurückzugeben. Er würde seinerseits verlangen, dass der Killer den Auftrag zu Ende führte oder das Geld zurückgab. Kennedy fragte sich, ob der Killer sie vielleicht benutzte, um sich Abel vom Hals zu schaffen.
    Sie fuhr nach Hause, um nach Tommy zu sehen und ein wenig zu schlafen. Steven Rapp war inzwischen nach New York zurückgekehrt. Ihre Mutter war bei Tommy, zusammen mit zwölf schwer bewaffneten Männern aus dem Sicherheitsbüro der CIA. Tommy war müde, nachdem er in der Nacht zuvor nur sechs Stunden geschlafen hatte. Trotzdem wollte er eine Menge über Mitch wissen. Irene erklärte ihm, so wie immer, dass sie nicht über ihre Arbeit sprechen dürfe, dass sie aber mit Mitch gesprochen habe und dass es ihm gut gehe. Kurz nach acht Uhr schlief Tommy in ihren Armen ein, und sie trug ihn ins Bett. Nachdem sie sich eine halbe Stunde mit ihrer Mutter unterhalten hatte, sah sie ein letztes Mal nach ihren E-Mails, bevor sie zu Bett ging.
    Als sie die ausführliche Botschaft zu lesen begann, war jeder Gedanke an Schlaf verschwunden. Der zwei Seiten lange Brief war einfach unglaublich. Kennedy verfügte über eine gesunde Skepsis, die gerade in ihrem Geschäft auch angebracht war. Man musste Informationen mehrfach überprüfen, bevor man sich darauf verlassen konnte. Dieses Bekenntnis war jedenfalls voll mit Tatsachen, die außerordentlich schwer zu bestätigen sein würden – doch sie hatte immerhin das Gefühl, dass alles so war, wie es hier stand.
    Sie hatte jetzt zwei Möglichkeiten; sie konnte das Außen- und das Justizministerium einschalten, was ihr aus verschiedenen Gründen ganz und gar nicht gefiel. Erstens war das Ganze ein Problem der CIA. Jemand hatte versucht, einen ihrer Leute zu töten, und die CIA würde sich selbst um die Sache kümmern. Langley war einfach besser geeignet, hart und kompromisslos vorzugehen, was in diesem Fall unumgänglich war. Wenn sie das Justizministerium und das Außenamt einschaltete, würde die Sache mindestens fünf Jahre lang vor irgendwelchen Schweizer

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