Der Feind
Amtskollegen, was sie vorhatte. Einige wenige Details ließ sie aus, doch im Großen und Ganzen sprach sie ganz offen mit ihm. Nachdem sie ihm ihren Plan dargelegt hatte, reichte sie Bartholomeo eine Liste der Männer, die ihr Büro bereits kontaktiert hatte. Es war vereinbart worden, dass sie sich in halbstündigen Intervallen mit ihnen treffen würde. Der erste sollte schon in Kürze eintreffen. Die fünf Männer waren die Direktoren von einigen der angesehensten und wichtigsten Banken des Landes. Kennedy fragte Bartholomeo, ob er bei den Gesprächen dabei sein wolle. Er brauchte nicht lange zu überlegen. Höflich bedankte er sich für das Angebot und entschuldigte sich dann.
Es war nicht schwer gewesen, die Männer zu dem Treffen zu überreden. Diese Banken hassten negative Publicity, und wenn das Büro der CIA-Direktorin anrief und um eine Unterredung bat, dann verschob man gern ein paar Termine und sagte zu. Kennedy unterschätzte diese Männer keineswegs. Sie verfügte über ein reiches Arsenal an möglichen Drohungen, und sie würde sehr vorsichtig davon Gebrauch machen müssen. Diese Männer gehörten zu den besten Bankern der Welt, die um ihren eigenen Ruf und den ihrer Institute besorgt waren. Doch es gab letztlich ein Argument, das sie mit großer Wahrscheinlichkeit überzeugen würde.
Manchmal ist die Lösung zu einem Problem so einfach, dass man sie leicht übersehen könnte. Kennedy hatte überlegt, ob sie den Männern sagen sollte, dass Mitch Rapp kaum im Zaum zu halten sei und dass er ihnen wahrscheinlich einen nicht sehr angenehmen Besuch abstatten würde, wenn sie ihr nicht die Informationen gaben, die sie brauchte. Eine weitere Option war, ihnen mit einer groß angelegten Kampagne mithilfe der Medien und der amerikanischen Regierung zu drohen. Das Problem dabei war jedoch, dass sie genau wussten, dass Irene Kennedy genauso wenig wie sie selbst wollte, dass die Medien sich mit der Sache beschäftigten. Die dritte Möglichkeit, von der sie Gebrauch machen würde, wenn es nicht anders ging, war, eine Internet-Attacke auf die Banken zu starten, die ihre Geschäfte mehr oder weniger zum Erliegen bringen würde. Diese Maßnahme würde sie sich vorbehalten, falls sich der eine oder andere als ungewöhnlich stur erweisen sollte.
Letztendlich hatte sie sich jedoch dafür entschieden, ihnen die Lage so zu schildern, wie sie ihres Wissens war, und sie zu ersuchen, ihr freiwillig alle relevanten Informationen zu den Kontonummern zu geben, die sie durch die überraschenden E-Mails erfahren hatte. Wenn sie sich sträubten, war sie bereit, ihnen einen kleinen Schock zu versetzen. Sie würde ihnen eine Liste der größten amerikanischen Anleger ihrer Banken präsentieren. Die bloße Tatsache, dass sie eine solche Liste besaß, würde diese Herren ziemlich beunruhigen. Für Schweizer Banken gab es nichts Heiligeres als ihre Kundenlisten. Seit mehr als zehn Jahren sammelte die CIA Informationen über das Schweizer Bankwesen, indem sie ihre Hacker in die Systeme der Banken eindringen ließ. Auf diese Weise hatte man eine umfangreiche Datenbank angelegt. Es war ein Mythos, dass alle Schweizer Konten lediglich unter Nummern geführt wurden. Das traf wohl auf viele zu, doch es gab auch eine Menge Konten, bei denen auch der Name des Inhabers verzeichnet war. Mit Dumonds Hilfe war Kennedy während des Fluges die Liste durchgegangen und hatte amerikanische Einlagen von über sieben Milliarden Dollar in den fünf Banken gefunden. Ihre Strategie war relativ einfach: Wenn sie ihr die gewünschten Informationen verweigerten, würde der Präsident persönlich die amerikanischen Anleger anrufen und ihnen nahelegen, die Bank zu wechseln.
Die ersten beiden Gespräche verliefen zufriedenstellend. Die Herren waren sogar froh, dass Kennedy diesen Weg gewählt hatte, anstatt sie vor ein Gericht zu zerren. Dafür verlief das dritte Gespräch umso frustrierender. Nicht einmal Kennedys Drohung, der Bank ihre amerikanischen Anleger abspenstig zu machen, zeigte Wirkung, und so entschuldigte sie sich für einen Augenblick, ging ins Zimmer nebenan und gab Dumond die Anweisung, das Computersystem der Bank lahmzulegen. Kennedy wartete ein paar Minuten und kehrte dann zu ihrem Gast zurück. Es dauerte keine Minute, bis der Mann einen Anruf von seiner Bank bekam und erfuhr, dass das gesamte System zusammengebrochen sei und dass nicht abzusehen sei, wie lange man brauchen würde, um es wieder in Gang zu bringen. Kennedy verriet dem Mann, den
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