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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Gerichten verhandelt werden, und das einzige Ergebnis würden vielleicht ein paar gesperrte Konten sein. Es würde jedenfalls niemand für Annas Tod zur Rechenschaft gezogen werden. Die zweite Option war, dass sie sich in ein Flugzeug setzte, nach Zürich flog und das Problem schnell und diskret löste.
    Außer einem sechsköpfigen Sicherheitsteam nahm sie auch Marcus Dumond mit. Sie flogen kurz nach zehn Uhr abends ab, und in Anbetracht des Zeitunterschiedes zwischen Washington und Zürich sowie der Flugzeit war es kurz vor zehn Uhr vormittags, als sie ankamen. Kennedy teilte dem amerikanischen Botschafter nicht mit, dass sie im Land war, und sie verständigte weder Ross noch den Präsidenten davon, dass sie das Land verließ. Der Präsident würde Verständnis haben, Ross gewiss nicht. In diesem Stadium war es jedoch besser, hinterher um Nachsicht zu bitten als vorher um eine Erlaubnis.
    Sie legte jedoch Wert darauf, sich an ihren Schweizer Amtskollegen zu wenden, den sie ersuchte, ihr zu helfen, bei der Landung den Zoll zu umgehen. Sie erklärte ihm, dass sie wichtige Angelegenheiten mit ihm zu besprechen habe und dass es besser wäre, wenn ihr Besuch in aller Stille abliefe. Zwei CIA-Leute, die in Zürich stationiert waren, erwarteten sie zusammen mit August Bartholomeo, dem Direktor des Schweizer Auslandsgeheimdienstes, am Flughafen, Kennedy fuhr mit Bartholomeo und schaffte es während der relativ kurzen Fahrt zum Hotel, nicht über den Zweck ihres Besuchs sprechen zu müssen. Sie hatte keine Ahnung, ob Bartholomeo den Wagen verwanzt hatte, doch sie konnte das Risiko nicht eingehen. Wenn sie zum Hotel kamen, würde sie ihm alles erklären. Kennedy war überzeugt, dass er bereits ahnte, dass ihr Besuch mit einem der beiden Dinge zu tun hatte, für die die Schweiz berühmt war, und dass es wohl kaum um Schokolade ging.
    Die Schweizer nahmen ihr Bankwesen und ihre Neutralität sehr ernst, und das aus gutem Grund. Alles, was die Neutralität des Landes in Zweifel ziehen oder den Ruf der Banken beschädigen konnte, wurde als Bedrohung der nationalen Identität sowie der langfristigen Sicherheit betrachtet. Der Kampf gegen den Terrorismus traf die Schweizer genau an dieser empfindlichen Stelle. Ganze Heerscharen von Anwälten, Diplomaten, Vertretern der Exekutive und Geheimdienstoffizieren hatten sich nach dem Anschlag vom elften September bemüht, die Schweizer Regierung dazu zu bewegen, alles Material herauszurücken, das in irgendeiner Weise mit Al-Kaida und ihren Mitgliedern zu tun hatte. Die Schweizer schlitterten in eine sehr unangenehme Situation, zumal sie rege Geschäftsbeziehungen mit den Saudis pflegten und Al-Kaida fast ausschließlich von saudi-arabischem Geld finanziert wurde. Die Saudis ließen sich nicht gern kontrollieren, und sie machten deutlich, dass sie sich andere Partner für ihre Bankgeschäfte suchen würden, falls die Schweizer das Bankgeheimnis aufhoben oder lockerten.
    Es wurden alle möglichen diplomatischen Bemühungen unternommen. Anwälte des Justizministeriums sowie von Angehörigen von Opfern des verheerenden Anschlags überhäuften die Schweizer Gerichte mit allen möglichen Klagen. Schließlich wurden fast zwei Jahre später die stark gekürzten Aufzeichnungen von Osama bin Laden herausgegeben, doch das war auch schon so gut wie alles. Mehr als einmal im Verlauf dieses Rechtsstreits hatte Bartholomeo seine amerikanische Amtskollegin darauf hingewiesen, dass es einen besseren Weg gäbe, solche Dinge zu klären, und dass sie ihn in Zukunft gleich anrufen solle, wenn es ein Problem gab. Sie hatte nun beschlossen, genau das zu tun, und sie würde – egal, ob er ihr half oder nicht – Zürich nicht ohne die Information verlassen, derentwegen sie gekommen war.
    Man ließ die Präsidentensuite im Hotel Baur Au Lac zum Preis von 5000 Schweizer Franken für eine Nacht reservieren, auch wenn Kennedy nicht vorhatte, über Nacht zu bleiben. Die Suite bestand aus drei Schlafzimmern, zwei getrennten Wohnzimmern, einem Büro und einer Veranda mit Blick auf den Genfer See. Bartholomeo und Kennedy betraten die Suite, nachdem das CIA-Sicherheitsteam die Räumlichkeiten nach eventuellen Abhörgeräten abgesucht hatte. Kennedy entschuldigte sich bei Bartholomeo und ließ ihn dann ebenfalls von ihren Leuten überprüfen, um sicherzugehen, dass er kein Lauschwerkzeug bei sich hatte. Als Profi im Geheimdienstgeschäft hatte er damit kein Problem.
    Kennedy bestellte Kaffee und erläuterte dann ihrem

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