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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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man die Schuld an dem Ereignis zuschieben konnte. Dass der Anschlag vom elften September nicht verhindert werden konnte, daran tragen beide Parteien gleichermaßen die Schuld.«
    »Ich rede nicht von euren kostbaren politischen Parteien. Ich rede von dem ganzen Ballast, mit dem heute die Leute zu kämpfen haben, die sich bemühen, ihre Aufgabe zu erfüllen.«
    »Das weiß ich ja, und ich weiß auch, dass Sie mit Politik nicht viel am Hut haben, aber dieses Abkommen war notwendig, sonst hätten sich die beiden Parteien hinterher gegenseitig zerfleischt.«
    Rapp sah ihn stirnrunzelnd an. »Und – wäre das so schlimm gewesen?«
    »Auch wenn Sie es vielleicht nicht glauben, Mr. Rapp«, erwiderte Hartsburg, »dieses Land ist uns sehr wohl wichtig. Ich kann Ihnen versichern, das ist der einzige Grund, warum ich heute mit Ihnen hier in diesem Raum sitze.«
    »Wenn Sie zu entscheiden hätten, wie die Geheimdienste reformiert werden sollen«, begann Walsh mit neu erwachtem Interesse, »wie würden Sie es anstellen?«
    Rapp musterte den Senator aus Idaho misstrauisch. »Sie fragen mich … einen Menschen, der keinerlei Managementerfahrung hat und der auch kein Interesse hat, Manager zu werden?«
    »Ja, aber Sie wissen viel besser als die meisten hier in der Stadt, wie es draußen an der Front zugeht.«
    Rapp dachte einige Augenblicke über die Frage nach. »Na ja, es ist eigentlich nicht so schwer«, begann er schließlich. »Sie haben eine ziemlich aufgeblähte Bürokratie geschaffen, eine auf dem Kopf stehende Pyramide. Nicht einmal ein Prozent der Leute auf der Gehaltsliste arbeiten draußen im Feld. Verdammt, bis zum elften September haben mehr Leute im Office of Diversity gearbeitet als an dem Problem Bin Laden.«
    »Also, was wäre Ihr Lösungsvorschlag?«
    Rapp zuckte die Achseln. »Tun Sie einfach das, was IBM oder GE oder irgendein anderes gut geführtes Unternehmen macht. Räumen Sie endlich mit dem ganzen Ballast auf. Sagen Sie jedem einzelnen Abteilungsleiter, dass Sie sein Budget um zehn Prozent kürzen werden. Bieten Sie einem Teil der Leute an, sich frühzeitig pensionieren zu lassen, zahlen Sie Abfindungen und wünschen Sie ihnen alles Gute. Und dann fangen Sie an, den Geheimdienst von Grund auf neu aufzubauen.«
    »So ungern ich es auch zugebe«, sagte Hartsburg, »aber zwischen uns beiden gibt es anscheinend mehr Übereinstimmung, als ich mir je hätte träumen lassen.«
    »Was hindert Sie und Ihre Kollegen dann daran, etwas zu unternehmen? Sie leiten den verdammten Ausschuss … Sie entscheiden letztlich, wie die Gelder verteilt werden.«
    »Wir arbeiten ja daran, aber es ist nicht so einfach, in der festgefahrenen Washingtoner Bürokratie Veränderungen zu bewirken«, wandte Walsh ein. »Im Moment geht es uns vor allem um eine kurzfristige Lösung, eine Überbrückungsmaßnahme sozusagen.«
    »Woran denken Sie da?«
    Walsh sah Hartsburg fragend an, setzte zum Sprechen an und wandte sich erneut Hilfe suchend an seinen Kollegen, der offenbar weniger Mühe hatte, die Dinge deutlich auszusprechen. Hartsburg zog ein Exemplar der Washington Post hervor und legte die Zeitung auf den Tisch. In der unteren Hälfte der Titelseite war ein Bericht über die brutale Ermordung eines islamischen Geistlichen in Montreal abgedruckt. Der Senator zeigte mit seinem dicken Finger auf den Artikel. »Haben wir zufällig irgendetwas damit zu tun?«, fragte er.
    Rapps Gesichtsausdruck veränderte sich kein bisschen. »Nicht dass ich wüsste.«
    Hartsburg beugte sich vor und fügte mit feurigem Blick hinzu: »Das ist aber schade.«
    Rapp ließ es sich nicht anmerken, wie verblüfft er war, so etwas von dem Senator zu hören.

7
LANGLEY, VIRGINIA
    Irene Kennedy stand am Konferenztisch, die Arme vor der weißen Bluse verschränkt, und tippte mit dem Fuß ungeduldig auf den Boden. Rapp schloss die schalldichte Tür hinter sich und trat in den Raum. Das war kein gutes Zeichen. Irene Kennedy war der ruhigste Mensch, den er kannte. Sie war durch und durch professionell und durch absolut nichts zu erschüttern. Doch heute empfing sie ihn genauso, wie seine Frau es zu tun pflegte, wenn sie wütend war.
    Rapp beschloss, das Gespräch sehr behutsam angehen zu lassen. »Ich habe mich mit den beiden Männern getroffen, so wie du es wolltest«, begann er und blieb in einigem Abstand von ihr stehen. Er knöpfte sein Sakko auf und stützte die Hände in die Hüfte, sodass der schwarze Griff seiner FN-Pistole im Schulterholster zu sehen

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