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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Der menschliche Körper verfügte über verschiedene Überlebensmechanismen, darunter vor allem den Ausstoß von Adrenalin. Beim geringsten Anzeichen von Gefahr setzte der Körper diese Substanz frei, noch bevor bestimmte Teile des Gehirns überhaupt wussten, was los war. Das Adrenalin bereitete den Betreffenden auf zwei mögliche Reaktionen vor: Kampf oder Flucht. An diesem Punkt stellte sich oft das Problem, dass man sich nicht entscheiden konnte und dann wie erstarrt war. Der einzige Weg, sich auf eine solche Situation vorzubereiten, war beharrliches Üben. Man musste sich jede einzelne Bewegung einprägen. Die grundlegenden Dinge waren der sichere Stand, das Halten der Waffe, das Zielen und das Abdrücken. Danach konnte man dann dazu übergehen, verschiedene Situationen zu trainieren.
    Er ließ Anna üben, wie man die Waffe aus der Handtasche zog und feuerte. Sie trainierten das sowohl mit der rechten als auch mit der linken Hand. Er brachte ihr bei, aus nächster Nähe zu ziehen und zu feuern, so als wäre sie in ein Handgemenge verwickelt. Und er ermunterte sie, ihren natürlichen Instinkten zu vertrauen. »Wenn du in der Dunkelheit zu deinem Wagen gehst und das Gefühl hast, dass irgendwas nicht stimmt, dann öffne die Handtasche und leg die Hand um den Pistolengriff.« Rapp besorgte ihr die Erlaubnis, eine Waffe zu tragen, und achtete darauf, dass sie immer, wenn sie aus dem Haus ging, den Smith and Wesson .38 Air-Light Revolver bei sich hatte. Diese leichte kurzläufige Waffe war sehr benutzerfreundlich und somit die ideale Waffe für jemanden in Annas Position. Er sorgte sich sehr um ihre Sicherheit und war darauf bedacht, dass sie die gleiche Wachsamkeit entwickelte, wie er sie sich im Laufe der Jahre angeeignet hatte. Nie machte er sich Gedanken über seine eigene Sicherheit, es ging ihm immer nur um die ihre.
    Rapp saß im hinteren Bereich des Restaurants an einem Ecktisch. Sein Drink kam, und wenig später brachte ihm ein Kellner auch die Calamares. Es waren die besten Calamares in der ganzen Stadt. Rapp wartete nicht auf Anna. Er war hungrig und wütend, und so langte er ordentlich zu. Nachdem er die Hälfte verschlungen hatte, hielt er inne, nahm einen Schluck von seinem Whisky und trank etwas Wasser nach. Seine dunklen, fast schwarzen Augen waren auf die Tür gerichtet, und er schüttelte frustriert den Kopf. Sie war jetzt schon fünfundzwanzig Minuten überfällig, und seine Stimmung verdüsterte sich mit jeder Minute. Eines Tages würde ihm das ständige Warten noch ein Magengeschwür einbringen.
    Wenn er dann noch an seinen Besuch beim Direktor der National Intelligence dachte, dann wusste er, dass er wirklich allen Grund hatte, schlecht gelaunt zu sein. Er hatte zuvor schon überlegt, ob er nicht zum Präsidenten gehen und ihm raten sollte, Ross zu feuern, bevor der Mann wirklichen Schaden anrichtete, doch er verwarf den Gedanken gleich wieder. Es war naiv, anzunehmen, dass der Präsident wegen eines Fehlers eine so drastische Maßnahme ergreifen würde. Wo waren nur die Zeiten, als Leute sich freiwillig aus öffentlichen Ämtern zurückzogen, wenn sie sich etwas zuschulden hatten kommen lassen? Heute klammerten sie sich mit aller Macht an ihre Jobs, während ihre Publicitymanager versuchten, sie aus der Klemme zu holen.
    Rapp hoffte aufrichtig, dass Ross seine Warnung beherzigte. Irgendetwas sagte ihm jedoch, dass das reines Wunschdenken war. Er hatte schon öfter mit solchen Typen zu tun gehabt, wie sie in Washington recht häufig vorkamen. Sie gaben sich nicht gern geschlagen. Ross würde im Moment seine Wunden lecken und sich überlegen, wie er sich revanchieren und ihn fertigmachen konnte. Und er wollte natürlich Irene Kennedy entmachten. Doch im Moment fürchtete er bestimmt, Rapp könnte seine Drohung noch wahr machen. Wenn der Präsident erfuhr, dass Ross seine Zeit damit verschwendete, Scott Coleman zu überwachen, würde er ziemlich wütend reagieren. Es war wohl nicht genug, um den Mann zu feuern, aber es würde doch für einigen Ärger sorgen.
    Rapp würde entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, damit er für alle Fälle noch mehr gegen Ross in der Hand hatte, und er würde Coleman ermahnen, besonders vorsichtig zu sein. Ross konnte immerhin anonym das FBI auf Colemans Fährte setzen. Er würde Ross’ rechte Hand, Gordon, anrufen und ihm klarmachen, was auf dem Spiel stand. Gordon schien immerhin ein Mann zu sein, mit dem man reden konnte.
    Irene Kennedy war ein weiteres

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