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Der feine Unterschied

Titel: Der feine Unterschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philpp Lahm
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Kapitel
    MINDESTENS FÜNF MONATE PAUSE
    Verletzungen und andere Rückschläge
    Auf den Körper hören — Rückschläge sachlich verarbeiten — Verletzungen akzeptieren , nicht wegschminken — das richtige Tempo, gesund zu werden — Geduld lernen — akzeptieren, dass Rückschläge unvermeidlich sind
    In der Winterpause der Saison 2004/2005 gehe ich mit ein paar Freunden und meinem Vater in die Halle Soccer five spielen, fünf gegen fünf. Die Herbstsaison ist vorbei. Wir haben mit dem VfB Stuttgart im letzten Spiel gegen den FC Bayern in München 2:2 gespielt und liegen nach der Hälfte der Meisterschaft auf Platz drei. Herbstmeister ist der FC Bayern, punktgleich mit Schalke 04, aber wir haben nur drei Punkte Rückstand.
    Matthias Sammer ist im Sommer Trainer des VfB Stuttgart geworden, Felix Magath zum FC Bayern gewechselt. Während Magath den Spitznamen »Quälix« nicht von ungefähr getragen hat, geht es Sammer gelassener an: mein Puls soll im Belastungstraining nicht schneller als 140-mal pro Minute schlagen. Bei dieser Belastung fängt das Training bei Magath erst an.
    Ich werde als Außenverteidiger eingesetzt und mache gute Spiele. Die Mannschaft ist jung und engagiert, und ich bin mit ganzem Herzen bei der Sache, auch wenn ich weiß, dass meine Zeit in Stuttgart begrenzt ist. Längst ist klar, dass der FC Bayern mich nach den beiden Jahren, für die ich an Stuttgart ausgeliehen bin, zurückhaben will. Wenn ich die Tabelle betrachte, sehe ich also immer zwei Wahrheiten: einmal, wo ich mit dem VfB stehe; einmal, wo der Klub steht, zu dem ich in einem halben Jahr zurückkehren werde.
    In der Winterpause muss sich jeder Fußballprofi auf seine eigene Art fit halten. Ich fahre nach Hause nach München, gehe joggen in den Wald, aber manchmal brauche ich auch etwas Spaß. Dann trommle ich ein paar Münchner Kumpel zusammen, wir gehen in die Halle Fußball spielen, und manchmal kommt mein Papa auch mit.
    In der Halle zu kicken macht Spaß. Das Mundwerk ist genauso wichtig wie die Beine. Das Spiel ist total körperlos, niemand geht in einen Zweikampf mit mir, alle wissen, dass ich gesund aus der Halle rausgehen muss.
    Plötzlich, gegen Ende des Spiels, denke ich, dass mit meinem rechten Fuß etwas nicht stimmt. Es ist kein abrupter Schmerz, den ich spüre, sondern das leise, aber alarmierende Gefühl, dass irgendwas nicht in Ordnung ist. Das Laufen fühlt sich einfach nicht mehr rund an, und der Spaß, der mich gerade noch beflügelt hat, ist weg. An seiner Stelle erfasst mich ein dumpfes Gefühl von Sorge.
    Unter der Dusche scheint wieder alles in Ordnung zu sein. Aber als ich im Auto sitze, wird mir endgültig klar, dass irgendwas passiert sein muss. Sobald ich auf die Bremse steige, wird das komische Gefühl im Fuß stärker, intensiver. Ich zögere nicht lange und fahre ins Krankenhaus. Eine Stunde später beugt sich der Röntgenarzt über die Röntgenaufnahme meines durchleuchteten Fußes und sagt: »Klare Sache, Herr Lahm. Ihr Mittelfuß ist gebrochen.«
    Oh nein.
    Ich denke gar nicht erst an die unmittelbaren Folgen, Opera-
    tion, Bettruhe, Narkose. Ich denke daran, dass ich jetzt eine verdammt lange Zeit nicht das machen kann, was ich am besten kann und was mir am meisten Spaß macht. Normalerweise braucht ein gebrochener Mittelfußknochen sechs Wochen, bis er verheilt ist, und normalerweise dauert es dann noch einmal so lange, bis ein Spieler wieder fit auf dem Platz steht. Über den Daumen gepeilt warten also drei Monate ohne Fußball auf mich.
    Noch am selben Abend rufe ich Matthias Sammer in Stuttgart an.
    »Scheiße«, sagt Sammer.
    Am nächsten Tag fahre ich nach Stuttgart. Der Klub hat die eigenen Mediziner aufgeboten, die sich den Fuß anschauen wollen. Da die Schmerzen nicht schlimmer geworden sind, schöpfe ich Hoffnung. Vielleicht ist die Diagnose aus dem Münchner Unfallkrankenhaus doch nicht richtig. Vielleicht ist cs nur eine Prellung, die in ein paar Tagen ...
    Aber die Ärzte lassen meine unsinnigen Hoffnungen platzen.
    »Der fünfte Mittelfußknochen, ganz außen, ist gebrochen. Ein Ermüdungsbruch, Herr Lahm.«
    Ich sitze auf einem unbequemen Stuhl in der Arztpraxis und spüre, wie meine Körperspannung in sich zusammenbricht.
    »So ein Mist«, denke ich mir, und ohne dass ich das will, tauchen die Bilder der vergangenen eineinhalb Jahre vor mir auf.
    Der erste Bundesligaeinsatz. Der Champions-League-Hit gegen Manchester United. Die Nominierung für die Nationalmannschaft. Wie die

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