Der ferne Spiegel
der Lage in Meaux hörten, eilten sie mit einer Mannschaft von 40 Lanzen (120 Männern) zur
Rettung. Sie erreichten die Burg von Meaux am selben Tag, an dem die Jacques in die Stadt einzogen. Die Festung, die auf einer schmalen Landzunge zwischen dem Fluß und dem Kanal lag, war nur durch eine Brücke mit der Stadt verbunden.
An der Spitze von 25 Rittern in glänzenden Rüstungen unter goldenen und blauen Wimpeln, die Sterne und Lilien und liegende Löwen zeigten, ritten der Hauptmann und der Graf auf die Brücke, um sie abzuriegeln. Trotz der Enge, in der sie ihre überlegene Zahl nicht entfalten konnten, entschlossen sich die Jacques unklugerweise zum Kampf. Vom Pferderücken aus kämpfend, schlugen die Ritter ihre Gegner zurück, ritten sie nieder, drängten sie in den Fluß, stürmten über die Brücke und richteten ein Blutbad an. Nach kurzem erbittertem Handgemenge schraken »die kleinen, dunklen, schlechtbewaffneten Villeins« vor den Lanzen und Äxten der gepanzerten Ritter zurück und wurden in ihrer Panik abgeschlachtet. Die Ritter griffen an, teilten fürchterliche Schläge aus und töteten die Bauern wie die Tiere, bis Erschöpfung ihrem Gemetzel Einhalt gebot. Nach den unzuverlässigen Zahlen der Chronisten sollen »mehrere tausend« erschlagen worden sein, was aber auch noch in der Übertreibung einen schrecklichen Blutzoll andeutet. Versprengte des Haufens von Meaux wurden in den folgenden Tagen noch gejagt und umgebracht. Die Ritter hatten nur geringe Verluste erlitten, einer war von einem Pfeil ins Auge getroffen worden. Ihr Zorn, der noch zu wachsen schien, je mehr ihm geopfert wurde, entlud sich in einem Racheakt auf die Stadt, die sie in Brand setzten und plünderten. Häuser und sogar Kirchen wurden ausgeraubt, der Bürgermeister gehängt, viele der Bürger umgebracht, andere ins Gefängnis gesperrt oder in ihren Häusern verbrannt. Meaux brannte zwei Wochen lang, wurde später wegen Majestätsverbrechen (lèse majesté) verurteilt und verlor alle Stadtrechte.
Meaux war der Wendepunkt. Der Sieg der Ritter ermutigte die Adligen zum Kampf, und sie begannen, das Land um Meaux zu verwüsten, wobei sie, sagt Jean de Venette, Frankreich mehr Schaden zufügten als die Engländer. Von nun an war die Niederwerfung des Bauernaufstandes nur noch eine Frage der Zeit und in ihrer Folge auch der Sturz von Marcel.
Karl von Navarra leitete den Feldzug gegen die Jacques in der Picardie
und der Umgebung von Beauvais. Er war dazu durch die Adligen seiner Partei gedrängt worden. Sie hatten ihm erklärt, »daß, wenn die, die die Jacques genannt werden, noch länger so verführen, der Landadel vernichtet und alles zerstört würde«. Als einer der großen Adligen der Welt dürfte er nicht zulassen, daß der Adel so vermindert würde. Er wußte, daß er die Krone oder die Macht, die er anstrebte, nur mit Hilfe des Adels erreichen konnte, und ließ sich überreden. Mit einer Streitmacht von mehreren hundert Männern, die auch den »Baron de Coussi« einschloß, marschierte er nach Clermont, wo sich die Jacques unter Guillaume Cale gesammelt hatten. Cale befahl seiner Armee von einigen tausend vernünftigerweise, sich auf Paris zurückzuziehen, um dort mit Hilfe und Unterstützung der Stadt zu kämpfen, aber die Jacques waren kampflustig und verweigerten den Gehorsam. Daraufhin ließ sie Cale in den traditionellen drei Bataillonen Aufstellung nehmen. Zwei Bataillone, von Bogenschützen und Armbrustschützen angeführt, wurden hinter die Troßwagen zurückgezogen, das dritte, sechshundert schlecht berittene und schlecht bewaffnete Kavalleristen, stand für den Notfall in Reserve. [Ref 143]
Mit zerrissenen Fahnen und wildem Schlachtgeschrei erwarteten die Bauern den Feind. Überrascht von dieser Art organisierten Widerstands, nahm Karl von Navarra zu Hinterlist und Verrat Zuflucht. Er lud Cale zu Verhandlungen in sein Lager, der angesichts dieser Einladung durch einen König, und sei es auch nur von Navarra, offensichtlich von seinem gesunden Menschenverstand im Stich gelassen wurde. Er betrachtete sich selbst als Kriegsteilnehmer, auf den die Gesetze des Rittertums anzuwenden waren, und ging ohne Leibwache zu den Verhandlungen, woraufhin ihn sein königlicher Gegner festnehmen und in Ketten legen ließ. Die Gefangennahme ihres Führers durch so leichten und verächtlichen Verrat nahm den Jacques jede Zuversicht und jeden Widerstandswillen. Als die adlige Streitmacht angriff, gingen die Bauern unter wie ihre
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