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Der ferne Spiegel

Der ferne Spiegel

Titel: Der ferne Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Tuchman
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der päpstlichen Schatzkammer stamme. Als ihm gesagt wurde, daß sie von der Gemeinde von Avignon zusammengetragen worden sei, verfluchte er »sehr unehrerbietig« den Geiz der Heiligen Kirche und schwor, nicht einen Pfennig anzunehmen, es sei denn, er stamme von der Kirche; das Steuergeld aber verlangte er an das Volk zurückzugeben, das es aufgebracht hatte. »Herr«, sagte der Bürgervorsteher, »Gott gebe Euch ein glückliches Leben; das arme Volk wird voller Freude sein.« Das Geld wurde tatsächlich zurückgegeben und durch 200000 Franken aus der päpstlichen Schatzkammer ersetzt, wofür sich der Papst umgehend durch einen zusätzlichen Zehnten, der der französischen Geistlichkeit auferlegt wurde, entschädigte. [Ref 188]
     
    Was Cuveliers Epos für Du Guesclin tat, versuchte Chandos Herald weiterhin für den Schwarzen Prinzen zu tun: er verherrlichte dessen Herrschaft in Aquitanien als »sieben Jahre der Freude, des Friedens und der Zufriedenheit«, was den Tatsachen in jeder Hinsicht spottete. Die Arroganz und Extravaganz des Prinzen erzeugten in seinen gasconischen Untertanen einen mühsam unterdrückten Grimm und eine neue Hinwendung zu Frankreich. Voll der Ideale der Großzügigkeit und mit der Gleichgültigkeit eines adligen Bankrotteurs gegenüber den Forderungen einer ausgewogenen Wirtschaft schloß er die Lücken in seinem Haushalt mit immer neuen Steuern, die ihn in dem Volk verhaßt machten, das er doch für England gewinnen sollte. »Seit Gott geboren ward, ist niemals ein Haus so gastfrei und prächtig geführt worden.« Er unterhielt »mehr als achtzig Ritter und vollends viermal so viele Knappen« – etwa vierhundert Leute – und hatte selbst ein enormes Gefolge von Knappen, Pagen, Dienern, Schreibern, Jägern und Falknern. Er hielt große Feste und Bankette ab, wobei er selbst sich nur von einem Ritter mit goldenen Sporen bedienen ließ. Seine Frau, die schöne Johanna, übertraf ihre Schwägerin Isabella noch in ihren luxuriösen Kleidern, ihren Pelzen, Juwelen, ihrem Gold und Email. »Großzügigkeit, hohe Ziele, Menschenverstand, Mäßigung,
Rechtschaffenheit, Vernunft, Gerechtigkeit und Zurückhaltung« charakterisierten nach dem begeisterten Bericht von Chandos Herald die Herrschaft des Prinzen. Außer den ersten beiden besaß der Prinz keine dieser Eigenschaften.
    Du Guesclins Krieger zogen nach Spanien, wo sie mit solcher Wirkung und solchem Grimm in die Kämpfe eingriffen, daß Peter floh und Heinrich zum König gekrönt wurde. Die Kompanien, von deren Soldaten zu wenige ihr Grab in Spanien gefunden hatten, kehrten bald nach Frankreich zurück. Englands Interesse aber sorgte dafür, daß der Krieg damit nicht zu Ende war. Peter rief den Schwarzen Prinzen um Hilfe an, der, immer begierig, Ruhm und Ehre im Feld zu sammeln, die Sache des Spaniers aufnahm. Er sah sich überdies durch eine franko-kastilische Allianz bedroht, die mit Hilfe der starken spanischen Flotte die Verbindungen zwischen Aquitanien und England bedrohte und die permanente englische Angst vor einer Invasion nährte. Die Finanzierung des Feldzuges war wie immer der kritische Punkt. Peter schwor, alle Kosten zurückzuzahlen, sobald er den Thron zurückgewonnen habe, und der Schwarze Prinz, obwohl seine Berater dagegen waren, einem von so vielen bösen Taten befleckten Mann zu vertrauen, weigerte sich, auf den Kampf zu verzichten. Du Guesclin und seine französischen Kompanien eilten wiederum Heinrich zu Hilfe, und so wurde der Krieg 1367 weitergeführt, dieses Mal mit umgekehrtem Ausgang.
    In der Schlacht von Najera im April 1367 erfochten die Engländer einen Sieg, der in den mittelalterlichen Annalen hoch eingeschätzt wurde. Die Franzosen erlitten eine weitere jener Niederlagen, die nicht nur ihren Ruhm, sondern ihre militärische Überlegenheit überhaupt untergruben. Heinrich war von Du Guesclin und Marschall d’Audrehem geraten worden, die offene Feldschlacht nicht zu wagen, da er dem Schwarzen Prinzen und »den besten Kriegsmännern auf der Erde« gegenüberstehe. Statt dessen wollten sie seinen Nachschub abschneiden und »ihn ohne einen Schwertstreich aushungern« – derselbe Rat, der vor Poitiers gegeben und ignoriert worden war. Aus verschiedenen Gründen – Gelände, Wetter, der Stolz des spanischen Gefolges war der Ratschlag nicht durchzusetzen, und die Schlacht wurde zu einer Katastrophe. Heinrich von Trastamara floh, Peter wurde wieder eingesetzt und
Bertrand Du Guesclin ein zweites Mal

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