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Der ferne Spiegel

Der ferne Spiegel

Titel: Der ferne Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Tuchman
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Marschrichtung des Feindes besaß, rückte in dem Bewußtsein seiner numerisch überlegenen Kräfte zuversichtlich vor.
    In Montichiari verfügten Coucy und Hawkwood lediglich über sechshundert Lanzen und siebenhundert Bogenschützen neben einer hastig angeheuerten Gruppe von provisionati oder Bauerninfanterie. Als er erkannte, daß der Feind weit überlegen war, soll Coucy angeblich den Feldherrnstab an Hawkwood übergeben haben, da dieser mehr Erfahrung in italienischer Kriegführung besaß; aber der Verlauf der Schlacht deutet eher auf eine andere Version – daß nämlich er selbst mit jener furia francesca , für die seine Landsleute berühmt waren, den Angriff führte. Als die Truppen zusammenprallten, entstand »ein solches Handgemenge, daß es erstaunlich anzusehen war«. Unter schweren Verlusten zurückgeschlagen, wäre Coucy überwältigt worden, wenn nicht Hawkwood nach Froissarts Bericht »mit fünfhundert Reitern zu Hilfe geeilt wäre, und dies allein deshalb, weil Coucy der Mann der Tochter des englischen Königs war, aus keinem anderen Grund«. Es gelang den beiden, ihre Truppen auf eine Anhöhe zurückzunehmen, während Viscontis Söldner im Glauben, die Schlacht sei gewonnen, in der üblichen wilden Beutelust ausschwärmten. Männer der Kompanien waren immer äußerst schwer zu kontrollieren. Gian Galeazzo war unerfahren, und Baumgarten selbst scheint nicht anwesend gewesen zu sein. In den Chroniken über die Schlacht ist sein Name nicht erwähnt.
    Coucy und Hawkwood ergriffen entschlossen die günstige Gelegenheit, stellten ihre Truppen neu auf und galoppierten den Hügel hinunter auf Gian Galeazzo zu. In dem Handgemenge stürzte dieser vom Pferd, Lanze und Helm wurden ihm zerschlagen, und nur die Tapferkeit seiner mailändischen Soldaten, die seine Flucht deckten, rettete ihn. Seine Truppe wurde überwältigt, bevor die Söldner auf das Schlachtfeld zurückkehren konnten. In einem Überraschungssieg, der im kleinen ebenso erstaunlich war wie der von Poitiers, triumphierten die unterlegenen päpstlichen Kräfte,
die die Viscontibanner erbeuteten und zweihundert Gefangene machten, darunter dreißig Ritter des lombardischen Hochadels, die reiche Lösegeldzahlungen versprachen. Der Papst nannte den Sieg ein Wunder, und Berichte über die Schlacht, die sich schnell in Frankreich verbreiteten, machten Coucys Namen berühmt. In der kleinen Welt seiner Zeit war Ruhm leicht zu gewinnen; wichtiger war, was er lernte. Coucy erlaubte sich niemals wieder jenen bedingungslosen Angriff, den die französische Ritterschaft im ganzen so liebte.
    In militärischer Hinsicht hatte die Schlacht von Montichiari nur wenig Durchschlagskraft. Sie führte zu keiner Vereinigung mit den savoyischen Kräften, da die Truppen von Coucy und Hawkwood, ausgeblutet und geschwächt, es für zu gefährlich hielten, einen Durchbruch zu versuchen, und sich auf Bologna zurückzogen – zum lebhaften Mißvergnügen des Papstes. Er plädierte unermüdlich für die Vereinigung der beiden Heere, um Bernabò, »diesen Sohn des Belial«, zu vernichten. Er versprach Hawkwood, daß die stockenden Soldzahlungen bald eintreffen würden, lobte Coucy um seine »Treue, seine vorsichtige Klugheit, seine bemerkenswerte Ehrlichkeit und wohlbekannte Umsicht«. Im Juni 1373 erneuerte er Coucys Titel als Generalhauptmann, da »die Erfahrung Eure große Entschlossenheit und Voraussicht« erwiesen habe. Hawkwood indessen, dessen Söldner das Rückgrat der Truppe waren, war nicht der Mann, der ohne Sold kämpfte, und seine unbezahlten Soldaten wurden zunehmend rebellisch. Auf ihrem Marsch durch Mantua plünderten sie die Bürger dieser Stadt so gewalttätig aus, daß sich der Herrscher von Mantua mit Klagen an den Papst wandte, der seinerseits Coucy bat, die »Kräfte der Kirche« zu zügeln. Die Gefahr, wenn nicht gar die Ironie, Briganten einzusetzen, um die päpstliche Autorität wiederherzustellen, wurde deutlich.
    Dem Grafen von Savoyen gelang es schließlich, in einem tapferen Kampf aus seiner eingeschlossenen Verteidigungsstellung auszubrechen und sich mit seinen Truppen nach Bologna durchzuschlagen. Von hier aus marschierten die nun endlich vereinigten Heere im Juli wieder nach Westen. In Modena erregten die Söldner durch ihr Verhalten wiederum den Zorn der Bürger, den zu beschwichtigen
der Papst Coucy fast unter Tränen bat, da Modena zur Päpstlichen Liga gehörte. Im August 1373 belagerten die päpstlichen Truppen Piacenza, aber ihre

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