Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ferne Spiegel

Der ferne Spiegel

Titel: Der ferne Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Tuchman
Vom Netzwerk:
Gesellschaft belastete, und suchten nach Möglichkeiten einer Vereinigung, aber in dem Schisma hielten wie im Krieg alte Feindschaften den Bruch offen. Ein ökumenisches Konzil, das von der Universität Paris und vielen Persönlichkeiten vorgeschlagen wurde, war der offensichtliche Weg zu einer Lösung. Da es aber ihre höchste Autorität einschränkte, weigerten sich beide Päpste unerbittlich, sich einem Konzil zu unterwerfen. Der Bruch sollte vierzig Jahre andauern.
Nach einem populären Ausspruch aus den letzten Jahren des Jahrhunderts hatte seit dem Beginn des Schismas niemand mehr Eingang in das Paradies gefunden. [Ref 265]

KAPITEL 17
Coucys Aufstieg
    N un »ganz französisch«, wurde Coucy zum rechten Arm des Königs in den letzten Jahren seiner Herrschaft. Obwohl er erst 41 Jahre war, hatte Karl V. das Gefühl, nicht mehr viel Zeit zu haben. [Ref 266] Im Februar 1378 starb seine Königin, Jeanne de Bourbon, nach der Geburt einer Tochter, Catherine, am Kindbettfieber. Der König »trauerte lange und wunderbar« über den Tod seiner Frau »und ebenso viele andere gute Leute, denn die Königin und er liebten einander so getreulich, wie es verheiratete Menschen nur können«. Einen Monat später kam die Nachricht vom Tode Papst Gregors XI., mit dem Karl eng verbunden gewesen war, dem folgte im November der Tod seines Onkels, des Kaisers, und kurz danach das Ende seines alten Alliierten König Heinrich von Kastilien. Angesichts all dieser Verluste muß Karl den nahenden Schatten seines eigenen Todes gespürt haben, und dieses Gefühl begründete die Dringlichkeit, mit der er alles tat, um sein Königreich unversehrt und in Frieden hinterlassen zu können.
    Um das zu erreichen, mußte er drei Quellen der Gefahr für sein Land verstopfen, die ständigen Verrätereien und Umtriebe Karls von Navarra, die Allianz des Herzogs der Bretagne mit England und den Krieg mit England selbst. Coucys strategischer Besitz, seine militärischen und diplomatischen Talente und die offensichtliche Zuverlässigkeit, die Gregor XI. so bemerkenswert gefunden hatte, machten Coucy zur wichtigsten Stütze des Königs in diesen Unternehmungen. Seine erste Aufgabe war es, einen Feldzug zu führen, der Karl von Navarra ein für allemal aus der Normandie verjagen sollte.
    Als er erfuhr, daß Karl von Navarra ein weiteres Mal heimlich
mit den Engländern verhandelt hatte, um ihnen die Normandie wieder zu öffnen, schwor Karl V., seinen treulosen Vasallen aus jeder Stadt und jeder Burg, die jener dort hielt, hinauszutreiben. Ihm bot sich eine legale Möglichkeit in Gestalt von Navarras beiden Söhnen, in deren Namen die navarresischen Lehen in der Normandie übernommen werden konnten. Da ihre Mutter, die Schwester des Königs, tot war, konnte Karl V. die Vormundschaft beanspruchen, denn sie hielten sich am Hof von Frankreich auf. Warum ihr Vater dies hatte geschehen lassen, ist unklar, es sei denn, es hätte ihm als eine schwer durchschaubare Tarnung für seine Unterhandlungen mit England gedient.
    Karl V. hatte keine Schwierigkeiten, sich Beweise für Karl von Navarras Verrat zu verschaffen. Dessen Kämmerer, Jacques de Rue, kam in Paris an, um Briefe für die Söhne zu überbringen. Unter Befragung durch Beamte des Königs – ohne Folter, wie der König in der offiziellen Chronik betonen ließ – gab de Rue sofort zu, daß Karl von Navarra plante, den König kurz nach Ostern durch einen Bäcker der königlichen Bäckerei vergiften zu lassen. Unter der Herrschaft eines minderjährigen Thronfolgers wollte er dann die Unordnung in Frankreich nutzen und französische Festungen entlang der Seine überfallen, während die Engländer in der Normandie landeten. [Ref 267]
    Niemand fand Anlaß, an dieser Geschichte zu zweifeln, denn Karl von Navarras Sündenregister war lang. Weitere Bestätigungen seiner »Verbrechen und Verrätereien« gegen den König von Frankreich ergaben sich, als der Kode seiner geheimen Korrespondenz einem zweiten festgenommenen Berater, Pierre du Tertre, abgenommen wurde. Die gesammelte Evidenz und unterzeichnete Geständnisse der beiden Räte wurden im Laufe der Gerichtsverhandlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Beide wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihre kopflosen Körper wurden an den Galgen gehängt und ihre abgetrennten Gliedmaßen an die vier wichtigsten Tore von Paris. Das offizielle Urteil erlaubte es den normannischen Untertanen Karls von Navarra, ihre Gefolgstreue auf seinen Sohn zu

Weitere Kostenlose Bücher