Der ferne Spiegel
Flandern auch nicht aussichtslos.
Die erste ergebnislose Phase des Krieges war aber so kostspielig gewesen, daß sie Eduards Bankrott bedeutet hätte, wenn er selbst die Kosten hätte tragen müssen; statt dessen wälzte er sie auf andere ab. Er hatte den Krieg durch Kredite finanziert, die von den großen florentinischen Bankiers Bardi und Peruzzi aufgebracht worden waren. Nach Villani schuldete er den Bardi etwa 600000 bis 900000 Goldflorin und noch einmal zwei Drittel der Summe
den Peruzzi, denen er als Sicherheit das erwartete Aufkommen aus der Wollsteuer überschrieben hatte. Als die zu wenig einbrachte und Eduard nicht zahlen konnte, brachen die beiden Bankhäuser 1343 und 1344 zusammen und zogen noch ein drittes, die Acciaiuoli, mit in den Ruin.
Kapital verschwand aus Italien, Geschäfte und Werkstätten schlossen, Lohnzahlungen und Käufe hörten abrupt auf. Als durch den bösen Zufall, der das 14. Jahrhundert überall zu verfolgen schien, der ökonomischen Katastrophe 1347 die Hungersnot folgte und dann die Pest, mußte dies den unglücklichen Menschen erscheinen, als habe sich der Zorn Gottes über ihren Häuptern entladen.
Nachdem der erste Feldzug gegen Frankreich ihn praktisch ruiniert hatte, wäre es für Eduard unmöglich gewesen, einen zweiten zu unternehmen, ohne die Zustimmung der drei im Parlament vertretenen Stände einzuholen. Das Problem war Geld. Die Eintreibung der Mittel für die Kriegsfinanzierung bedeutete für die mittelalterliche Gesellschaft aber eine größere Katastrophe als die Zerstörungen des Krieges selbst. Die entscheidende Tatsache dabei war, daß die mittelalterliche Ökonomie sich zusehends in eine Geldwirtschaft verwandelt hatte. Die Streitkräfte bestanden nun nicht mehr vorwiegend aus feudalen Gefolgsleuten, die aufgrund des Lehnseides vierzig Tage dienten, um dann wieder nach Hause zu ziehen; es handelte sich jetzt um Truppen, die gegen Sold dienten. Die zusätzlichen Kosten einer bezahlten Armee überschritten häufig die Mittel des Landesherrn. Der noch unstrukturierte Staat hatte keine tragbare Form gefunden, seine Kriegslust zu finanzieren. Wenn er sich übernahm, griff der Herrscher auf Anleihen bei Bankiers, Geschäftsleuten und Städten zurück, ohne die Sicherheit zu haben, die geliehenen Summen auch zurückzahlen zu können. Oder er wandte die noch zerstörerischeren Maßnahmen willkürlicher Besteuerung und der Münzverschlechterung an.
Vor allem mußte der Krieg durch Plünderungen selbst zu seiner Finanzierung beitragen. Beute und Lösegeld waren nicht als zusätzlicher Gewinn angesehen, sondern als die einzige Möglichkeit, den rückständigen Sold auszuzahlen und die Einschreibung neuer Soldaten voranzutreiben. Die Lösegelderpressung wurde ein regelrechtes
Geschäft. Da die Könige kaum in der Lage waren, genügende finanzielle Mittel im voraus bereitzustellen, und die Steuereintreibung nur sehr schleppend voranging, mußten die Truppen im Feld immer mit unregelmäßiger Bezahlung rechnen. So trat die Plünderung an die Stelle des Zahlmeisters. Michelet sagt, daß der ritterliche Krieg wie die ritterliche Liebe in der gesamten Epoche »double et louche« war (ein provokativer Ausdruck, der »zweideutig und scheel« oder auch »zweifelhaft« oder »dunkel« im Sinne von unehrenhaft bedeuten konnte). Das Ziel war das eine und die Praxis etwas anderes. Die Ritter gingen in den Krieg, um Ruhm und Ehre zu suchen; in der Praxis aber suchten sie den Gewinn.
1344 wurden die drei Stände des englischen Parlaments von Eduard über einen Bruch des Waffenstillstands durch den französischen König informiert und »um ihre Meinung gebeten«. Der Ratschlag der Lords und der Bürger war, den »Krieg entweder durch eine Entscheidungsschlacht oder durch einen ehrenhaften Frieden« zu beenden und sich nicht durch Briefe oder Forderungen des Papstes oder sonst jemandes aufhalten zu lassen, sondern »durch die Kraft des Schwertes denselben zu einem Ende zu bringen«. Die Bürger und die Geistlichkeit stimmten für Subsidien an die Krone, und 1345 ermächtigte das Parlament den König, alle Landeigentümer zum persönlichen Waffendienst heranzuziehen oder von ihnen den finanziellen Gegenwert für einen Ersatz einzutreiben. [Ref 72]
Schiffe mußten beschlagnahmt werden, um Männer und Pferde und Verpflegung transportieren zu können. Sie trugen auch Mahlsteine und Backöfen, Waffenschmiede mit ihren Essen und das Material für die Pfeile der Bogenschützen. Die meisten
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