Der Fetisch-Mörder
hoffen, dass es zwischen den Mädchen irgendeine Beziehung gab, irgendetwas, was sie miteinander verband.
»Roxanne Sherman; achtzehn, Prostituierte. Cristelle Crawford; einundzwanzig, Prostituierte und Stripteasetänzerin.« Während er sprach, betrachtete Andy die Fotos der Opfer. Ihre Augen starrten ihn an, als wollten sie ihm irgendetwas mitteilen, doch er konnte ihre Botschaft nicht entziffern.
»Wie waren diese Frauen?«, fragte er, ohne jemand Bestimmtes anzusprechen. »Waren sie aggressiv? Waren sie passiv? Was hatten sie, das den Killer gereizt hat?«
Andy hatte die Angewohnheit, gelegentlich Selbstgespräche zu führen, worüber man sich in der Mordkommission ein wenig lustig machte. Wahrscheinlich hatte es damit zu tun, dass er als Kind geschlafwandelt und eine blühende Fantasie entwickelt hatte, doch bei Brainstormings wie diesem oder allgemein, wenn es darum ging, schwere Verbrechen zu lösen, fand er es äußerst hilfreich, seine Gehirnakrobatik in Worte zu fassen. Es kam sogar vor, dass er von seinen Mitarbeitern auf etwas angesprochen wurde, von dem er gar nicht wusste, dass er es gesagt hatte.
»Attraktiv«, murmelte er vor sich hin, während er immer noch die Fotos anstarrte. Schöne Fotos von hübschen, strahlenden jungen Frauen und daneben die Bilder, wie sie ermordet aufgefunden worden waren – Fotos von Blut und Verstümmelung. Von Verfall. Von weggeworfenem Fleisch und weggeworfenen Leben.
»Manche hätten sie sicher gern unter ihre Fittiche genommen, aber der Mann, den wir suchen, wollte sie verstümmeln.« Er dachte über seine Worte nach. Die Opfer waren praktisch noch Kinder. Stark geschminkte Kinder. Er sprach jetzt sowohl mit sich selbst als auch mit seinem Partner. »Sie waren in etwa im gleichen Alter und hatten ähnliche Berufe. Von knapp unter zwanzig bis knapp über zwanzig. Und dann greift er sich ein ausländisches Model. Ist deine Nuttenhasser-Theorie damit endgültig geplatzt?«
»Wir haben die Kleider immer noch nicht gefunden«, entgegnete Jimmy. »Abgesehen von den Schuhen. Vielleicht war das Model besonders sexy angezogen, und er dachte, sie geht anschaffen. Vielleicht hat sie ihn abblitzen lassen – und wham!« – er klatschte in seine kräftigen Hände, um sein Lieblingswort zu unterstreichen –, »der Malaka schnappt sich die Kleine.«
Andy ließ sich dieses Szenario durch den Kopf gehen. »Sie ist allein, als er sie sich schnappt. Niemand sieht irgendetwas Verdächtiges. Die anderen beiden haben ihn vielleicht freiwillig irgendwohin begleitet, weil sie ihn für einen ganz normalen Freier gehalten haben. Catherine Gerber nicht. Sie war jung und fit. Wenn sie sich gewehrt hätte, hätte womöglich jemand etwas gehört oder gesehen. Aber an ihrer Leiche wurden keine Hinweise auf einen Kampf gefunden, nur die Schnürspuren an ihren Handgelenken und Knöcheln. Offenbar konnte er sie also ohne größere Probleme fesseln. Sieht aus, als müssten wir nach einem Mann in einer Vertrauensstellung suchen.« Er griff nach seinem dampfenden Becher mit schwarzem Kaffee – sein zweiter an diesem Morgen. »Oder nach einem charmanten Typen wie Ted Bundy. Ist Colin am Fundort der Leiche irgendjemand aufgefallen?«
»Nein, nur ein paar Anwohner. Leute, die ihren Hund ausgeführt haben, nichts Ungewöhnliches.«
Er war enttäuscht. Sie hatten gehofft, der Killer würde zurückkehren, um den Mord noch einmal zu durchleben.
»Gehen wir mal davon aus, dass der Mörder die Opfer nicht kannte«, schlug Jimmy vor. »Warum, zum Teufel, hat er sich von all den Miezen, die hier herumspazieren, ausgerechnet diese drei ausgesucht?«
»Die Schuhe?«
»Jede Menge Frauen tragen Schuhe mit hohen Absätzen«, wandte Jimmy ein.
»Frag mal bei der Modelagentur nach, ob Catherine sich gerne in Nachtclubs, Bars oder irgendwelchen Läden dieser Art herumgetrieben hat. Vielleicht hat er sich seine Opfer in so einem Schuppen ausgesucht, ist ihnen nach Hause gefolgt und hat den richtigen Moment abgepasst. Vielleicht hat er auch ein bestimmtes Jagdrevier, und Catherine ist einfach nur die falsche Straße entlanggegangen.«
»Ich tippe auf Kings Cross. Da ist auch das Space.«
»Möglich.«
Jimmy kritzelte ein paar Notizen in sein Notizbuch und sah Andy mit außergewöhnlich ernster Miene an. »Glaubst du, es gibt noch mehr Opfer?«
»Er ist von Mal zu Mal gewalttätiger vorgegangen, die Verstümmelungen sind immer schlimmer geworden, und es scheint kein Schema zu geben, an welchen Tagen er
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