Der Fetisch-Mörder
anstarrte.
»Wie ich sehe, bist du erwachsen geworden, Andy«, fauchte sie ihn an und warf ihr dunkles Haar zurück. Wut war eine unattraktive Gefühlsregung, und er hatte sie in den vergangenen Jahren allzu oft so gesehen. Er versuchte nicht einmal, ihr mit einer Erklärung zu kommen.
»Was willst du?«, fragte er und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen seinen Schreibtisch.
Sie sah ihn voller Verachtung an und knallte einen Stapel Papiere auf seinen Tisch. »Unterschreib das!«
Jimmy sah schweigend zu.
»Wollen wir das nicht lieber unter vier Augen regeln?«, schlug Andy vor und zeigte auf das Verhörzimmer.
Cassandra ging voraus und machte einen großen Bogen um das Foto. Andy folgte ihr. Bevor er die Tür schloss, blieb er stehen, zeigte Jimmy die geballte Faust und formte mit den Lippen die Worte: »Ich bring dich um.«
Sie setzten sich an den Tisch, und er begann das Anwaltskauderwelsch zu überfliegen.
»Unterschreib einfach«, beharrte sie.
»Das Auto?« Er sah sie an, doch sie wich seinem Blick aus.
»Ich brauche das Auto«, sagte sie.
Er merkte, dass er innerlich zu kochen begann. »Du brauchst das Auto? Wenn jemand das verdammte Auto braucht, dann ich. Im Moment hab ich nur diese verdammte Schrottkarre. Jeden zweiten Tag muss ich Jimmy bitten, mich abzuholen.«
»So ein Pech aber auch.«
»Pech?« Er versuchte sich zurückzuhalten. »Du hast doch ein Auto. Du hast zwei! Was ist mit dem Mazda?«
»Er ist ein alter Schrotthaufen. Ich will den Honda. Du kannst den Mazda haben.«
Er trommelte mit den Fingern langsam auf die Resopaltischplatte.
»Du weißt genau, wie sehr ich an dem Wagen hänge.«
Sie schwieg.
Er versuchte es mit Flehen. »Cassandra, du hast das Haus gekriegt. Du hast fast all unsere Möbel behalten. Ich will nur den Honda … bitte.«
Sie stand auf. »Wann hast du je auf meine Wünsche Rücksicht genommen? Während unserer ganzen Ehe ging es immer nur um dich, dich, dich! Deine Karriere! Dein Leben! Und?«, höhnte sie. »Bist du jetzt glücklich, als wichtiger Senior Sergeant mit dicker Polizeimarke und dicker Waffe und einem Haufen Versager, die gezwungenermaßen über deine infantilen Witze lachen?«
»Du wusstest, wie mein Leben aussieht, bevor wir geheiratet haben«, erwiderte er ruhig. Sie versuchte es schon wieder, drückte auf die richtigen Knöpfe, als legte sie es darauf an, ihn zur Weißglut zu bringen. Es war, als legte sie es darauf an, dass er sich vergaß. Doch er starrte entschlossen auf den Tisch und umklammerte dessen Beine, bis seine Fingerknöchel weiß wurden.
»Aber ich wusste nicht, wie du bist! Du kleinkarierter Scheißkerl!« Mit diesen Worten riss sie die Tür auf und stolzierte wie eine Primadonna an den schweigenden Detectives vorbei. Er saß immer noch da und umklammerte die Tischbeine. »Du hörst dann von meiner Anwältin!«, rief sie und verschwand auf dem Flur.
Er ließ den Tisch los und rammte die Faust mit voller Wucht gegen die Wand. Einmal. Zweimal. Drei Schläge.
Verdammtes Miststück!
Quer über seinen Fingerknöcheln war die Haut aufgeplatzt.
Wie ihn diese Frau in Rage bringen konnte! Warum war sie nur so verdammt gierig. Sie war einfach nie zufrieden zu stellen. Mit nichts. Während ihrer Ehe nicht, und jetzt auch nicht. Andy stürmte zurück an seinen Schreibtisch und brütete düster. Er war sich der schweigenden Anteilnahme seiner Kollegen bewusst. Diesmal lachten sie nicht; wahrscheinlich hatten die meisten schon Ähnliches durchgemacht. Berufsrisiko.
Sie hätten an ihrer Beziehung arbeiten und sie retten können, davon war er überzeugt. Doch sie wollte nicht. Während ihrer vier Ehejahre war Cassandra immer schlimmer geworden. Seit sie jetzt auch noch mit großem Erfolg als Immobilienmaklerin arbeitete, hatte sie es darauf angelegt, ihn aus ihrem Leben zu verbannen. Ja, er arbeitete wirklich viel. Ja, sein Job nahm ihn wirklich in Anspruch. Aber wenn in der Stadt ein Frauenkiller herumläuft, der seine Opfer vom Kopf bis zu den Zehen aufschlitzt, ist es schwer, sich darüber Gedanken zu machen, pünktlich zum Abendessen nach Hause zu kommen. Er streckte die Finger, und von den Knöcheln rann etwas Blut in seine Faust.
Ein frisch gebackener Constable, den Andy nicht besonders schätzte, sah es. »He, Sergeant, was haben Sie denn gemacht?«, fragte Hoosier und griff nach seiner Hand.
»Verpissen Sie sich«, fuhr Andy ihn an. »Verhaften Sie irgendwelche verdammten Fußgänger, die bei Rot über die Straße gehen,
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