Der Fetisch-Mörder
»Wow!« zu rufen, ihr gebleichtes Kraushaar sah aus wie eine Sturmfrisur, und ihre Fingernägel glitzerten blau.
»Makedde!«, rief Loulou, als sie sie erblickte. Sie umarmte Makedde so stürmisch, dass diese fast keine Luft mehr bekam. Loulou war ein richtiger Wirbelwind und ein echtes Original. Sie nahm nie etwas übermäßig ernst, und selbst wenn sie stillstand, schien sie vor lauter Energie zu vibrieren. Sie war eine unverbesserliche Optimistin; und mithin genau das, was Makedde jetzt brauchte.
»Loulou! Wie geht es dir?«
»Großartig! Und selber? Du siehst göttlich aus. Ich habe schon gehört, dass du in Sydney bist.« Ihre Begeisterung war ansteckend, und Makedde hatte auf der Stelle Lust zu kichern und loszuprusten und alle Leute ›Schätzchen‹ zu nennen.
»Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen?«, fragte Mak, während sie in das ausgetauschte Jerseystretchkleid schlüpfte. »Zwei Jahre?«
Loulou dachte einen Moment nach. »Ist das schon wieder so lange her? Süße, du warst doch wohl nicht die ganze Zeit hier in Sydney, oder?«
»Um Himmels willen, nein. Als wir uns damals getroffen haben, war ich nur für einen kurzen Auftrag hier. Nur für eine Woche.« Sie zog den Reißverschluss zu, so weit sie konnte, und fragte: »Sitzt es einigermaßen?«
»Göttlich, Süße. Einfach göttlich.«
»Okay, das ist gut genug für mich. Warst du im Ausland?«
»Ja, ich war in Paris. Es war sagenhaft!«
»Und wann gehst du zurück?«
Sie stockte plötzlich, und von ihrer lebhaften Art war für einen Augenblick nichts mehr zu spüren. »Ach, ich weiß noch nicht …«
Paris war ein harter Markt, und Makedde vermutete, dass Loulou eine von vielen gewesen war, die mit ihrem dortigen Verdienst nicht einmal die Reisekosten hatte bezahlen können.
»Hast du noch irgendwo anders gearbeitet, als du in Europa warst?«, erkundigte sie sich.
»Ja, in Deutschland. Das war einfach toll.«
Göttlich. Sagenhaft. Toll. Das Wort ›okay‹ existierte in Loulous Wortschatz nicht. Ihre Meinung zu Deutschland konnte Mak nachvollziehen. Die deutschen Kataloge waren zwar öde und langweilig, doch man konnte dort eine Menge Geld verdienen. Es war ein idealer Ort, um sein Bankkonto aufzustocken.
Loulou sah sich um und lächelte. »Und was hältst du von diesen Klamotten?« Sie zeigte auf ein winziges rotes Kleidchen mit Spaghettiträgern und gewagtem Ausschnitt. »Bei deinem Dekolleté sieht das bestimmt super aus.«
Makedde lachte. »Einen BH kann man unter diesem Fummel jedenfalls nicht tragen. Ich sehe mich schon, wie ich auf dem Laufsteg einen sehr peinlichen Unfall habe.«
»Lass doch einfach alles raushängen, Schätzchen! Die Fotografen werden dich dafür lieben!« Loulou hielt inne und machte ein ernstes Gesicht. »Das mit deiner Freundin tut mir wirklich Leid. Ich bin ihr nie begegnet, aber hier sind alle total geschockt. Wie furchtbar!«
»Ja, das kann man wohl sagen.« Mak fragte sich, ob Loulou ihr vielleicht helfen konnte, Cats Freund zu identifizieren. »Kennst du eigentlich zufällig jemanden mit den Initialen JT?«
Loulou legte den Kopf schief und dachte nach. »JT? Nicht dass ich wüsste. Mir fällt nur der Schauspieler J.T. Walsh ein.«
»Nein, den meine ich nicht.«
»Dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Jetzt fange ich wohl besser mal an. Wir reden später weiter, Süße.«
»Alles klar.«
Die Modenschaukoordinatorin, eine große, schlanke Frau, die aussah wie ein ehemaliges Model, drängte die Mädchen aus der Umkleide. Der weiße, glänzend polierte Laufsteg erhob sich ungefähr einen Meter über dem Boden – gerade genug, um Makedde nervös zu machen, da sie den für Models üblichen Stringtanga trug und ziemlich kurze Röcke zu präsentieren hatte.
»Okay«, begann die Koordinatorin, »ich möchte, dass ihr heute besonders seriös wirkt. Kein Lächeln. Es gibt vier Durchläufe, jedes Model präsentiert sieben Outfits.« Ein paar der Models, unter anderem Makedde, kramten kleine Blöcke hervor und machten sich Notizen, während die Frau weiterredete. »Beim ersten Durchlauf betreten vier Mädchen zum Takt der Musik den Laufsteg, dann geht jede einzeln, und am Ende kommen versetzt noch einmal alle vier.« Makedde notierte sich die verwirrenden Choreographieanweisungen, denen sie eine Menge Striche und Pfeile hinzufügte.
Während sie dastand und schrieb, hatte sie plötzlich das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Die winzigen Härchen auf ihrem Nacken richteten sich auf,
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