Der Fetisch-Mörder
gewesen.
Er durchwühlte den Mülleimer, fand jedoch nichts außer Essensresten und nichts sagenden zerknüllten Faltblättern und Papierfetzen. Im Bad stellte er fest, dass sie ihre Zahnbürste vergessen hatte, im Arzneimittelschränkchen fand er eine einzelne Tyhlenoltablette und eine Schachtel Tampons. Die Badehandtücher hatte sie zurückgelassen, einige waren benutzt. Zum Schluss nahm er noch die Zeitung und die Zeitschriften unter die Lupe, die neben dem Bett verstreut auf dem Boden lagen. Unter der Zeitung fand er, wonach er suchte: sein kleines Präsent. Ein kluges Mädchen wie Makedde hätte es bestimmt mitgenommen, dachte er, als Beweis, dass sie bedroht wurde. Doch offenbar war sie zu überstürzt aufgebrochen, um daran zu denken.
Dummes Mädchen. Jetzt wird dir niemand glauben.
Da er hatte, was er wollte, ließ er den netten kleinen Schnappschuss in seiner Tasche verschwinden und verließ die Wohnung so, wie er sie vorgefunden hatte.
36
Als Makedde am Dienstagmorgen aufwachte, wusste sie im ersten Moment nicht, wo sie war. Sie war immer noch zutiefst erschüttert und wurde von dem Augenblick an, als sie die Augen aufschlug, von einer tiefen, nagenden Furcht gequält, deren Ursache sie nicht genau zu benennen wusste. Sie blinzelte und rieb sich die Augen. Dann beugte sie sich zu ihrem Wecker hinüber, der neben dem Bett stand. Es war acht Uhr morgens.
Ein weiteres Opfer. Ein weiterer Mord.
Hatte sie das alles nur geträumt?
Sie hatte Andy noch etliche weitere Nachrichten hinterlassen, doch er hatte sich immer noch nicht gemeldet. Trotzdem konnte sie ihm nicht böse sein. Wenn Becky Ross gerade ermordet worden war, hatte das natürlich für ihn oberste Priorität. Die Polizei arbeitete bestimmt mit Hochdruck an dem Fall. Wenn sie es nicht mehr aushielt, überlegte sie, würde sie wegen des entstellten Fotos vielleicht auf dem Kommissariat anrufen.
Makedde wollte sich nicht eingestehen, dass sie möglicherweise überreagiert hatte. Jeder dahergelaufene Verrückte, der Zeitungen las und wusste, wo Catherine gewohnt hatte, konnte ihr den Umschlag unter die Tür geschoben haben. War es wirklich ein entstelltes Foto von ihr gewesen? Oder hatte sie sich womöglich geirrt? Vielleicht war es auch nur ein dummer Scherz gewesen. Oder sie bildete sich das alles nur ein, wie sie sich vielleicht auch eingebildet hatte, dass die Möbel von allein an eine andere Stelle gerückt waren. Paranoide Wahnvorstellungen waren ein eindeutiges Stresssymptom.
Auf jeden Fall war es gut, dass sie umgezogen war. Wenn sie Glück hatte, war sie längst wieder in Kanada, bevor Deni nach Hause kam, und verglichen mit dem Apartment in Bondi war Denis Wohnung der reinste Luxus. Sie bot einen großartigen Blick über Bronte Beach, hatte eine schöne Terrasse und hinter dem Haus einen kleinen Garten. Neben einem großen Schlafzimmer gab es ein zusätzliches Gästezimmer, eine separate Küche, und das Bad war auf einen erwachsenen Menschen zugeschnitten, so dass sie sich nicht mehr zum Händewaschen auf die Toilette setzen musste wie in Bondi. Die Wände waren in beruhigendem Apricot gehalten, die Fußböden waren aus lackierten Holzdielen. Die Einrichtung wirkte ein wenig spärlich, doch die Möbel, die es gab, waren teuer und geschmackvoll. Es gab zwei Telefone und einen Anrufbeantworter, den sie mitbenutzen durfte, und sogar eine Waschmaschine. Das reinste Paradies.
Der einzige Nachteil war, dass es bis zur nächsten Bus- oder U-Bahnhaltestelle ziemlich weit war. Sie würde ein Auto brauchen. Obwohl sie einen internationalen Führerschein hatte, hatte sie sich während ihrer zahlreichen Reisen überwiegend mit Taxis, Bussen und gelegentlich auch im Zug fortbewegt, und was das Fahren ›auf der falschen Straßenseite‹ anging, wie sie es nannte, hatte sie so gut wie gar keine Erfahrung. Sie blätterte die Gelben Seiten durch, fand einen in der Nähe gelegenen Verleih, der passender Weise Lowe-Rent hieß, und reservierte sich einen fünf Jahre alten Daihatsu Charade.
Nach einer Busfahrt, einer halben Stunde Fußmarsch, endlosen Wegbeschreibungen irgendwelcher Fremder und dem Annäherungsversuch eines Betrunkenen fand sie schließlich den Autoverleih an der William Street, hinterlegte die Kaution und ließ sich den Wagen zeigen. Nervös, aber gleichzeitig freudig erregt rutschte sie hinters Steuer. Wie ein Klavierspieler vor einem Auftritt knackte sie mit den Fingern, dehnte und streckte sie und umklammerte das Lenkrad.
Ich kann
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