Der Feuerstein
erfüllt.
Verzweifelte Hoffnung steht in Humbertos Augen, und ich sehne mich danach, mit den Fingern durch sein ungebändigtes Haar zu streichen und ihm zu sagen, dass es eines Tages wirklich einmal etwas zwischen uns geben kann. Und daher sage ich so viel, wie ich verantworten kann: »Wenn es einen Weg gäbe, dann ja, dann würde ich gern frei von Alejandro sein.«
Er lächelt. »Ich freue mich, das zu hören.«
Eine Weile sitzen wir in freundschaftlichem Schweigen da, beide bemüht, einander nicht zu berühren. Ich sehe auf meinen Rock, um seinen Blick zu vermeiden, und mir fällt auf, wie breit meine Schenkel auf der harten Pritsche aufliegen. Meine Haut spottet meiner neuen Schlankheit und wartet schwabbelig auf die Rückkehr der alten Fülle. Verstohlen sehe ich wieder zu Humberto und staune über das sichere Wissen, dass er mich trotzdem mögen würde – auch wenn ich wieder anfinge, jeden Tag Pasteten zu essen.
»Worüber lächelst du?«, fragt er.
Die Antwort bleibt mir erspart, als Mara zurück ins Zimmer kommt und berichtet, dass sie ein Schaffell gegen Seife und heißes Wasser eingetauscht hat.
Mara flicht mein feuchtes Haar, als Cosmé und Jacián zurückkehren. Die scharfen Linien in Cosmés Gesicht und die Schatten um Jaciáns dunkle Augen verraten mir gleich, dass etwas nicht stimmt.
»Was ist denn? Wollte niemand mit euch reden?«, frage ich.
»Wir haben herausgefunden, was wir wissen wollten«, zischt Cosmé, die im Zimmer auf und ab geht.
Alarmiert sehe ich Humberto an. Er zuckt nur mit den Schultern, als wollte er sagen: Lass ihr ein wenig Zeit.
Cosmé presst die Lippen aufeinander, dann platzt sie heraus: »Die Versorgungszüge brechen im Morgengrauen auf. Wir müssen heute Nacht handeln.«
Heute Nacht! Ich hatte gehofft, mich noch etwas an die Idee zu gewöhnen, vielleicht noch ein wenig Zeit für Gebete zu haben und allmählich Mut zu sammeln.
»Der Tribut wird von den Priestern eingesammelt«, fährt sie fort. »Und dann im Kloster bewacht.«
Mein Magen verkrampft sich bei ihren Worten. Dass Priester diese Tributzahlungen sanktionieren, ist unfassbar. Kein Wunder, dass Cosmé und Jacián so aufgebracht sind.
»Gibt es für uns einen Weg hinein?«, frage ich.
Jacián nickt. »Sie teilen heute Abend das Sakrament des Schmerzes aus. Wir werden alle zehn gehen und dann, wenn die Menge sich zerstreut, in die Küchen schleichen – alle mit reichlich Duermagift bewaffnet. Dann müssen wir darauf
hoffen, dass zumindest zwei oder drei von uns das Lager mit den Nahrungsmitteln finden werden.«
»Und wenn wir gefasst werden?«, fragt Mara zaghaft.
»Wenn jemand gefangen genommen wird, dann ist es an Elisa, uns wieder herauszuholen«, sagt Cosmé bestimmt.
»An mir?«
»Dann wirst du dich als Anführerin der Malficio zu erkennen geben. Und sagen, dass du dich nur auf Verhandlungen einlässt, wenn deine Leute wieder freigelassen werden.«
Meine Augen verengen sich. »Dabei könntet ihr leicht getötet werden«, sage ich. »Wir können ja nicht sicher sein, was der Conde wirklich vorhat.«
Cosmé reckt herausfordernd das Kinn. »Es hat niemand gesagt, dass unser Vorhaben gefahrlos wäre.«
Ich seufze. Ich hasse diesen Augenblick. »Mit anderen Worten, wir haben keinen richtigen Fluchtplan.«
Es ist Mara, die leise flüstert: »Wenn wir den Conde dazu zwingen können, dass er sich verteidigen muss, dann ist es die Sache wert. Er hat so viel mehr Mittel zur Verfügung als unsere kleine Gruppe Malficio.«
»Es könnte uns den Vorteil bringen, den dein Mann braucht, um diesen Krieg zu gewinnen«, setzt Humberto hinzu.
Ich verziehe das Gesicht. »Cosmé, könntest du deine Beziehungen zum Conde spielen lassen, um uns im Notfall herauszuholen?«
Die junge Frau runzelt die Stirn.
»Ich habe ihr alles erzählt«, erklärt Humberto entschuldigend.
»Ich würde es natürlich versuchen«, sagt sie steif. »Obwohl
ich kein gutes Gefühl dabei habe, meine Beziehung zu ihm für überhaupt irgendetwas zu nutzen. Im Gegenteil. Ihn um einen Gefallen zu bitten ist stets … unangenehm. Jeder Gefallen hat seinen Preis.«
Ich betrachte sie nachdenklich. »Dann werden wir versuchen, das zu vermeiden. Kommt, wir wollen unsere Gefährten über den Plan informieren, und dann müssen wir los.«
Das Kloster sieht aus wie die kleinere Ausgabe dessen, über das Vater Nicandro in Brisadulce gebietet. Die gleichen Ziegelmauern, die gleichen Gebetskerzen, die gleichen langen Holzbänke. Und wie
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