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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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Schafe und andere Lebensmittel.«
    Mein Herz hämmert gegen meine Schädeldecke. »Das ist ein Scherz.«
    »Nein.«
    »Der Conde ist ein Verräter.«
    »Ja.«
    »Weiß der König das?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Ariña würde es ihm nie erzählen.«
    Ariña? Was hat die Geliebte meines Mannes mit dieser Sache zu tun? Aber dann verstehe ich und verdrehe die Augen. Unfassbar, dass ich das nicht schon längst begriffen habe. »Ariña ist Conde Treviños Tochter.«
    »Ja. Sie sitzt für ihren Vater im Quorum der Fünf.«
    »Also wurdest du als Spionin ausgesandt, getarnt als Ariñas Zofe. Was solltest du denn herausfinden?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Offiziell sollte ich auf den Hofklatsch achten. Und Ariña bei ihren Bemühungen helfen, die nächste Königin zu werden. Aber da hatten Humberto und ich schon Kontakt zu Onkel Alentíns Gruppe aufgebaut.« Sie schnaubt leise. »Wahrscheinlich könnte man uns als Revolutionäre bezeichnen, die sich gegen den Verrat des Conde wenden und gegen die Passivität des Königs. Und
deswegen reiste ich nach Brisadulce und hoffte, den Träger zu finden. Und dann fand ich dich.« Sie sieht sich in der Höhle um, und ihre Blicke wandern zwischen den verwundeten Flüchtlingen hin und her. Dann lacht sie leise auf, aber es ist keine Spur von Humor in ihren Augen zu erkennen. »Sind wir nicht eine Furcht einflößende Truppe, Hoheit? Ein paar Kinder, die Revolution spielen.«
    »Bitte nenn mich Elisa.« Auch ich sehe mich in der Höhle um, aber ich entdecke keinen Grund zur Verzweiflung: Ich sehe verwundete Überlebende. Und ein hübsches, verstecktes Dorf, das trotz des Krieges gedeiht. »Cosmé, wie ernst ist es dir damit, den Kampf fortzuführen? Ich meine, wieso geht ihr nicht einfach weg? Wenn ihr nach Norden fliehen würdet, nach Orovalle, dann könntet ihr dort in Sicherheit leben.«
    Ihre Lippen werden schmal, und ihre schwarzen Augen weiten sich. Selbst jetzt, zornig und voll Trauer, das Gesicht mit Dreck beschmiert, ist sie schön. »Ich werde niemals aufgeben«, zischt sie und macht einen Schritt auf mich zu, bis ihre Stirn nur noch eine Handbreit von meiner entfernt ist. »Sie haben meine Eltern getötet. Sie haben viele meiner Freunde getötet. Und ich werde so viele von ihnen umbringen, wie es nur möglich ist, bevor sie mir einen Pfeil in den Bauch schießen oder mich zu Asche verbrennen.«
    Ich widerstehe dem Impuls, einen Schritt zurückzuweichen. »Und die anderen? Denken sie genauso wie du? Werden sie weiterkämpfen?«
    »Die meisten ja.«
    Wir sehen uns lange an. »Gut«, sage ich schließlich.
    Überraschung flammt kurz in ihren Augen auf, während ich
mich zum Gehen wende. Die einzelnen Teile eines Schlachtplans fügen sich in meinem Kopf zusammen. Es ist ein verrückter Plan, der mit keiner Strategie zu vergleichen ist, die je zuvor in Joya d’Arena ausprobiert wurde.
    Es wird nie funktionieren.

17

    D ie Decke unserer kleinen Hütte schimmert ockerfarben im Kerzenlicht. Ich starre sie an, denn es schwirren so viele Gedanken durch meinen Kopf, dass ich keinen Schlaf finde. Humberto atmet tief und regelmäßig. Wahrscheinlich schläft er schon. Trotzdem bricht es aus mir heraus: »Ich möchte eine Versammlung einberufen. Vom ganzen Dorf.«
    Humberto fährt zusammen und rollt sich dann auf die Seite. »Tatsächlich?«, fragt er gähnend.
    »Ja.« Während ich sein Gesicht beobachte, ob er Anzeichen für Ablehnung oder Unverständnis erkennen lässt, fällt mir plötzlich etwas auf: Mit seinen hohen Wangenknochen und dem üppigen Haarschopf der Wüstenbewohner sieht er ziemlich gut aus.
    Seine Augen blinzeln müde, und er reibt sich das stoppelige Kinn. »Eine Versammlung, wofür?«
    »Um über den Krieg zu reden. Ich habe da ein paar Ideen.«
    »Dann sprich mit Onkel Alentín. Er wollte ohnehin einen großen Gottesdienst für uns alle halten. Die Kinder sehen zu ihm auf.«
    »Gute Idee.«

    Humberto gähnt wieder, dann dreht er sich auf den Rücken und schützt seine Augen mit dem Unterarm.
    »Meinst du, sie werden mir zuhören?«, frage ich.
    Nun hebt er das Kinn, bis er mich über Kopf ansehen kann. »Ja, Prinzessin. Du bist die Trägerin. Sie werden dir zuhören.« Damit lässt er sich wieder zurücksinken und schließt die Augen.
    »Du glaubst nicht mehr, dass jemand versuchen wird, mir den Stein aus dem Körper zu reißen, oder?«
    »Vielleicht doch«, brummt er.
    »Was?«
    »Wenn du mich jetzt nicht schlafen lässt, mache ich das vielleicht

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