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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Stadt vorgeht und wovon ich noch, ich betone
noch,
keine Ahnung habe, ich werde es herausfinden. Und wenn es sein muß, ohne Ihre Hilfe!«
    »Woher«, unterbrach ihn Engler nervös, »woher wissen Sie, daß ich . . .«
    »Ich sagte Ihnen doch, daß Sarah und Csilla Vandenberg sich unter meinen Schutz gestellt haben. Sie haben kein Blatt vor den Mund genommen. Sie sind übrigens nicht der einzige, der behauptet, die Vandenbergs kaum zu kennen. Es gibt noch einige andere hier . . . Engler, ich will jetzt nicht zu persönlich werden, aber ich bitte Sie noch einmal inständig, sagen Sie mir, was geht hier vor?!«
    Engler löste sich aus Brackmanns Griff, stellte die letzte Kerze auf, lehnte sich an den Altar, kaute auf der Unterlippe und sah Brackmann wie entschuldigend an; er atmete schwer, er schwitzte.
    »Warum, um alles in der Welt, sind Sie so hartnäckig? Warum verbeißen Sie sich in etwas, das Ihnen letztendlich nur schaden kann? Hängen Sie denn nicht an Ihrem Leben?«
    »Jeder hängt an seinem Leben, auch Sie. Aber wenn mein Leben in Gefahr sein sollte, dann ist es das schon längst, denn warum sonst sollte mich Jonas Vandenberg zu sich bestellen? Bestimmt nicht, um mit mir einen Kaffee zu trinken!«
    »Sie wollen also wirklich, daß ich . . . auspacke?« Er lachte kurz auf, schüttelte den Kopf, als amüsierte er sich über Brackmanns Naivität. »Sie wissen doch gar nicht, auf was Sie sich da einlassen! Ich muß zugeben, ich habe es bis jetzt nicht glauben wollen, aber Sie haben ganz offensichtlich nicht die geringste Ahnung, wer die Vandenbergs wirklich sind.« Er zögerte, seine Kiefer mahlten aufeinander, schließlich sagte er: »Also gut, ich werde Ihrem Drängen nachgeben. Aber es ist Ihr Leben und Ihr Schicksal und nicht meines, daran sollten Sie denken . . . Doch wozu Sie belehren – Sie sind alt genug, die möglichen Folgen Ihres Handelns selbst abzuschätzen. Vielleicht haben Sie auchrecht mit Ihrer Hartnäckigkeit, vielleicht bin ich auch nur an einem Punkt angelangt, wo ich mit Ihnen sprechen muß. Ich wußte, eines Tages würde es soweit sein. Man kann schließlich nicht ewig davonlaufen. Ich hoffe nur inständig, Sie werden es am Ende nicht bereuen.«
    »Das ist dann allein meine Angelegenheit.«
    »Setzen wir uns doch. Wann haben Sie den Termin?«
    »Um elf.«
    »Dann werde ich mich bemühen, mich so kurz wie möglich zu fassen.« Engler hielt inne, beugte sich nach vorn, legte die Arme auf die Lehne der Bank.
    »Wie Ihnen inzwischen bekannt ist, lebe ich seit über dreißig Jahren in Waldstein. Und ob Sie es glauben oder nicht – bis vor gar nicht allzu langer Zeit hätte ich selbst nicht gedacht, daß das, was geschehen ist, hier möglich wäre. Eines habe ich jedenfalls festgestellt, Waldstein ist eine Stadt wie jede andere auch. Die Menschen hier unterscheiden sich in keiner Weise von denen anderer Städte. Waldstein ist kein Paradies, es war nie eines, es wird nie eines sein. Das Problem ist, daß, wer hierherkommt, lange Zeit glaubt, in einer Art Paradies zu leben, und mit Paradies meine ich einen Ort, wo es keine Verbrechen gibt, wo alle genügend zum Leben haben, ja, wo es keine Schlechtigkeit gibt. Man gewöhnt sich an das launische Klima, an die eintönigen Felder, das eintönige Stadtbild, die langweiligen Menschen, daran, daß man nachts bedenkenlos sein Auto unverschlossen vor dem Haus stehenlassen kann, alles und jeder wird einem so vertraut . . . Und weil man jeden kennt und von keinem etwas Böses erwartet, glaubt man sich tatsächlich in einer Art Paradies . . . Aber ich schweife ab, tut mir leid. Sie wollen natürlich etwas über Alexander Höllerich erfahren . . .« Engler stockte, faltete die Hände, sah zu Boden.
    »Genau das will ich.«
    Engler seufzte auf, begann leicht zu zittern. »Hätten Sie vielleicht eine Zigarette für mich?«
    »Hier in der Kapelle?« fragte Brackmann überrascht.
    »Egal, es ist im Moment doch alles egal . . .« Er holte unter dem Altar einen Becher hervor, hielt ihn in der Hand. Brackmann hielt Engler die Schachtel hin, nahm sich auch eine Zigarette, gab Feuer. Engler nahm zwei tiefe Züge, hustete einmal langgezogen, schnippte Asche in den Becher, in dem normalerweise sonntags Wein gereicht wurde. »Höllerich war ein junger Mann, der vielleicht ehrenwerte Ziele hatte, doch er hat sich leider zu weit vorgewagt. Was genau vorgefallen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Tatsache ist, daß er vor etwas über sechs Jahren hier in Waldstein getötet

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