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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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das erste noch schwache Wetterleuchten nördlich von Waldstein auszumachen war, fuhren die Pickard-Söhne in Nürnberg los. Sie hatten alles erledigt, was ihr Vater ihnen aufgetragen hatte. Eigentlich hatten sie vorgehabt, über Nacht in Nürnberg zu bleiben, doch war ihnen das Geld vorzeitig ausgegangen. Sie hatten sich mit dem abgegeben, womit sie sich immer in Nürnberg nach Erledigung der Geschäfte die Zeit vertrieben – Frauen. Huren. In Waldstein gab es nämlich keine gescheiten Frauen. Gescheit vielleicht schon, im wörtlichen Sinn, aber nicht was den Geschmack gestandener Männer anbelangte. Große Titten, griffige Ärsche und bereit, sich bis zum letztenTropfen durchvögeln zu lassen. In Waldstein waren die Frauen prüde, durchschnittlich, kaum wert, beachtet zu werden. Und wenn sie dennoch etwas hergaben, dann waren sie entweder bereits verheiratet oder zumindest vergeben.
    Mit Ausnahme der Siebeck vielleicht, die ordentliche Titten und einen schönen Hintern hatte, aber gleichzeitig hatte sie zuviel im Hirn, oder aber die kleine Schlampe Görtz, das zweifellos schönste Weib weit und breit, aber eine Hure und eine teure dazu. Bernd und Dieter wußten das, sie hatte auch schon für sie gegen gutes Geld die Beine breit gemacht und dafür eine recht ordentliche Gegenleistung erbracht.
    Vater wußte von ihrem Treiben, nur Mutter durfte davon unter keinen Umständen erfahren. In ihren Augen waren sie noch immer Babys, kaum aus den Windeln heraus. Und von Frauen hatten sie sich gefälligst fernzuhalten, bis die richtigen kamen, die dann auch zu heiraten waren.
    Dieser Abend war anders als sonst. Sie hatten zwar jeder ein Mädchen gehabt, nur die Mädchen stimmten nicht. Bezahlung, eine kurze Nummer auf einem schmuddeligen Zimmer, wieder anziehen. Keine Zärtlichkeiten, keine Extras. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihre Sachen zusammenzupacken und die Rückfahrt anzutreten.
    Die Nacht war warm und schwül, die Straßen trotz der späten Stunde belebt wie bei Tag, Neonlichter flammten, rollten, zuckten in grellen Farben, blau, gelb, grün, rot an Häuser- und auf Reklamewänden, flackerten über Nachtbars, Kneipen und Geschäften. Dirnen lauerten wie Spinnen in dunklen Hauseingängen, um kurz herauszuspringen, wenn einer vorüberging, der wie ein Opfer aussah, bereit, sich für ein paar Mark der Illusion hinzugeben, geliebt zu werden. Sonst sah man nichts von den Schönheiten der Nacht, außer das Glimmen von Zigarettenspitzen.
    Eine Gruppe schwarzer GIs tänzelte über den Bürgersteig,harter Rap aus einem Ghettoblaster verbreitete Höllenlärm. Zwei Betrunkene torkelten an Häuserwänden entlang, überquellende, stinkende Mülltonnen an den Straßenrändern, wild parkende Autos auf Straßen und Bürgersteigen, ein alter, schmieriger Mann versuchte, Uhren zu verkaufen, die er an der Innenseite seiner Jacke angebracht hatte. Seltsame Pärchen bevölkerten die Straßen, alte Männer mit jungen, hübschen, aufgetakelten Mädchen im Arm, ältere Frauen mit jungen Männern, zwei Männer, die Händchen hielten. Die Nacht hatte all jene ausgespuckt, für die tagsüber kaum Platz war. Streifenwagen patrouillierten im Schrittempo, die Beamten sahen alles, schritten aber nirgends ein, es war ja eine ganz normale Nacht.
    Für heute hatten sie genug von Nürnberg gesehen, in spätestens zwei Stunden wollten sie zu Hause sein. Ein riesiges Thermometer zeigte eine Temperatur von dreißig Grad an.
    »Das war ja heute nicht so toll!« Bernd holte seine Brieftasche aus der Hose, um sein Geld zählen. »Fünf lausige Märker hab ich noch! Scheiße!«
    »Ein verdammter Mist war’s! Na ja, der nächste Monat kommt bestimmt.« Dieter hielt mit der rechten Hand das Lenkrad, mit der linken schlug er den Takt von »Country Roads« mit.
    »Wie oft hat sie dich rangelassen?« fragte Bernd.
    »Einmal, gottverdammtes Hurenstück! Und deine?«
    »Meine wollte schon nach dem zweiten Mal nicht mehr. Sie hat gemeint, ich solle mir eine suchen, die es mit einem Pferd treiben will. Weißt du, wie sie das gemeint haben könnte?« Bernd kicherte glucksend, einen Arm ließ er lässig aus dem Seitenfenster hängen, mit der anderen Hand hielt er die Zigarette. Er nahm einen tiefen Zug. Der Fahrtwind erfrischte, sobald sie freies Land erreichten. Die Lichter von Nürnberg blieben bald hinter ihnen zurück, der Verkehr auf der Autobahn wurde spärlicher. Im Osten ein paarBerge, die man sonst nur bei Tag zu Gesicht bekam. Der Nachthimmel

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