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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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darüber nach, wie sie am schnellsten und gefahrlosesten, vor allem aber mit Josephine, diesem Haus und dieser Familie, dieser Stadt, wenn möglich sogar diesem Land entkommen konnte. Fliehen, weit, weit weg. Den Namen ändern, irgendwo fernab untertauchen. Australien, Kanada, irgendwo in Übersee. Vielleicht würde er sie trotzdem finden, er hatte überall seine Häscher, seine Krakenarme umschlangen den Globus. Nach der Vergewaltigung, als er sich ganz ruhig die Hose zuknöpfte, dabei Sarah kurz anblickte, hatte er ihr mit seltsam gelassener Stimme die Hölle angedroht, sollte sie je wagen, abzuhauen; es gäbe keinen Ort auf dieser Welt, wo sie vor ihm sicher sein konnte. »Weißt du«, hatte er gesagt, »solltest du wirklich jemals wagen, abzuhauen – ich werde dich finden. Auch wenn du dich in einer Eishöhle am Südpol versteckst. Und wenn ich dich finde, wirst du dir wünschen, über glühende Kohlen laufen zu dürfen, anstatt von mir auseinandergenommen zu werden. Denn dann werde nicht nur ich das mit dir machen, was ich eben mit dir gemacht habe, dann werden es andere sein, die sich um dich kümmern. Und ich werde dir nicht helfen können. Du weißt ja, Schatz, ich kann nicht überall sein.«
    Und dennoch, eines Tages würde sie es wagen; sie würde einen Weg finden, zu fliehen.
    Denn es gab noch einen weiteren Grund, weshalb sie hier weg mußte. Jonas Vandenberg, der Bruder von Martin. Ein großer gutaussehender Mann mit dichtem schwarzem Haar, vollem Schnurrbart, blendend weißen Zähnen, lodernden schwarzen Augen und einem kühlen, überlegenen Lächeln, von dem Frauen angezogen wurden wie Motten vom Licht, ein Lächeln, das schon so viele getäuscht und schon so viel Elend verursacht hatte. Wie bei fast allen anderen in diesem Haus, war auch sein Lächeln blanke Fassade, die, wenn man ihn nur ein klein wenig näher kannte, wie schlecht aufgetragener Putz abbröckelte.
    Jonas war ein Zyniker, eine Bestie, hinterhältig und verschlagen versuchte er alle gegeneinander auszuspielen, meist mit Erfolg. Und er war brutal, mit sadistischen Zügen. Er machte sich einen Spaß daraus, mit Menschen zu spielen, wie Katzen dies mit Mäusen tun, bevor sie ihnen den erlösenden Biß versetzen. Mit dem Unterschied, daß Jonas ein Mensch war, er dabei Verstand und Logik einsetzte. Er spielte mit Menschen und zerbrach sie. Dabei machte er vor niemandem halt, nicht einmal vor seinem eigenen Schwager, Bürgermeister Phillips. Erst beim letzten Sommerfest hatte er ihn eine stinkende Kröte genannt, und er haßte Kröten; das beste wäre, alle Kröten zu zertreten. Dieses Land und diese Stadt gehörten ihm, und jeder habe sich seinen Anordnungen zu fügen.
    Er war betrunken, und Mutter Vandenberg hatte sich für ihn entschuldigt. Nicht, weil sie ihm nicht zustimmte, sie fand es nur unpassend, die Wahrheit vor so vielen Leuten auszuposaunen.
    Phillips hatte gleich nach dem Vorfall konsterniert und gedemütigt die Party verlassen. Wenig später war Martin wieder einmal für eine Nacht nach München geflogen, zu irgendeiner seiner diversen Huren. Sarah wußte von seinen verschiedenen Liebschaften, kannte sogar einige Namen.
    Aber an diesem Abend geschah noch etwas anderes, das Sarah endgültig Fluchtpläne schmieden ließ.
    Sie hatte sich nach dem Fest auf ihr Zimmer begeben, um ins Bett zu gehen, als eine Stimme sie erst zusammenzucken, dann erstarren ließ. Sie hatte den Wolf nicht kommen hören.
    »Na, willst du etwa schon schlafen?« Er hatte hinter ihr gestanden, seine gierigen Augen wie Saugnäpfe auf ihren nackten Körper gepreßt. Sie hatte vergessen, die Tür abzuschließen, wie sie das für gewöhnlich tat. Allein diese kleine Nachlässigkeit genügte Jonas, als verfügte er über einen sechsten Sinn, der ihm den besten Zeitpunkt beim Zuschlagen verriet.
    Sie hatte sich umgedreht und ihn gefragt, ob er nicht wisse, daß sie die Frau seines Bruder sei, und außerdem könne sie besoffene Männer nicht ausstehen.
    Jonas hatte nur verächtlich abgewinkt und mit lallender Stimme gesagt: »Reg dich ab, ich weiß selber, daß ich nicht mehr ganz nüchtern bin. Aber ich weiß auch, daß mein lieber Bruder Martin dich schon seit Jahren nicht mehr richtig durchgefickt hat . . . Das ist übrigens ein offenes Geheimnis, liebste Sarah, jeder im Haus weiß davon, selbst die Angestellten. Also, zier dich nicht so.« Er hatte einen Schluck getrunken, sie aus glasigen Augen angestarrt und gegrinst. »Und ich dachte mir halt, Jonas, mach

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