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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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überstanden?«
    »Es geht so. Die Schäden am Haus sind nicht weiter der Rede wert. Es läßt sich reparieren. Aber wenn ich mich so umsehe . . .! Haben Sie schon von Buchner gehört?«
    »Nein, was …«
    »Seine Frau ist vom Wohnzimmerschrank erschlagen worden. Sie haben sie erst vorhin gefunden. Ich fürchte, der Ärmste verkraftet das nicht. Ich meine, wir wissen, daß er Probleme mit dem Herzen hat . . . Darf ich Ihnen ein Bier anbieten?«
    »Nein, danke, nicht so früh am Morgen.«
    »Haben Sie denn eine Antwort auf all das?« fragte Toni.
    »So was Ähnliches bin ich eben schon gefragt worden.«
    »Von Pfeiffer, ich habe es mitgekriegt«, sagte Toni. »Siedürfen es ihm nicht übelnehmen. Er ist noch jung, und vor allem, er hat seine Schwester verloren. Sie wissen selbst, wie nah sie sich gestanden haben. Ich kann ihn verstehen.«
    »Das mit seiner Schwester wußte ich nicht. Aber ich habe keine Antwort auf Ihre Frage. Gottes Wege sind manchmal recht seltsam und für uns nur schwer verständlich. Ich muß zugeben, daß auch ich Mühe habe, sie zu verstehen. Gott ist und bleibt ein Geheimnis. Aber wir können versuchen, es zu entschlüsseln, wir müssen nur wollen. Und ein Schlüssel ist ganz sicherlich das Gebet.«
    »Ihr Priester glaubt doch tatsächlich, auf alles eine Antwort zu haben. Aber ich stehe nicht so sehr auf Geheimnisse . . .«
    ». . . Und Ihr Atheisten glaubt nur das, was ihr seht. Es gibt aber mehr zwischen Himmel und Erde, als unser Auge zu sehen imstande ist. Denken Sie mal drüber nach.«
    »Das weiß ich. Aber die Kirche – sie gibt mir keine Antworten auf meine Fragen.«
    »Vielleicht sollten Sie einfach mal den Versuch wagen, die Antworten dort zu suchen. Das haben Sie doch, solange ich hier bin, noch gar nicht probiert, oder? Sie werden sich wundern, welche Schätze Sie dort finden werden.«
    Engler klopfte Toni freundschaftlich auf die Schulter. Er nahm Toni seine Worte nicht übel, im Gegenteil, ihm war ein aufrichtiger Ungläubiger lieber als ein heuchlerischer Christ. Er lächelte zum erstenmal an diesem Morgen und setzte seinen Weg fort. Einige Soldaten legten gerade eine Frühstückspause ein. Sie steckten in schmutzigen Uniformen, die Gesichter und Hände der meisten waren dreckverschmiert. Das Radio, das einem der Helfer gehörte, spielte in voller Lautstärke Rockmusik, die über den Marktplatz hallte, es wurde leiser gestellt, als derjenige von einem Kameraden dazu aufgefordert wurde. Die Sonne brannte und saugte die Nässe gierig aus der Erde.
    Brackmann kam Engler entgegengefahren, hielt neben ihm,beugte sich aus dem Seitenfenster und bat ihn einzusteigen und ein Stück mit ihm zu fahren. Engler überlegte nicht lange und stieg zu Brackmann in den Wagen.
    »Schlimm, was?« fragte Engler.
    »Haben Sie Zeit?« fragte Brackmann, ohne auf die Frage einzugehen. Er nahm die Straße Richtung Münchberg.
    »Ein bißchen schon, denke ich. Um was geht’s?«
    »Um Frau Olsen. Und um diesen Alexander Höllerich. Frau Olsen hat doch nicht nur mir, sondern auch Ihnen und Doktor Reuter einen Brief hinterlassen. Und außerdem war sie am Sonntag abend bei Ihnen und hat sich ausgeheult. Würde es Ihnen viel ausmachen, mich ein wenig näher darüber zu informieren? Ich brauche nämlich Ihre Hilfe.«
    Engler wandte den Kopf, blickte aus dem Seitenfenster, legte den rechten Arm auf die Tür. »Sie wissen doch genau, daß es so etwas wie ein Beichtgeheimnis gibt. Und dieses gilt auch nach dem Ableben einer Person. Also, selbst wenn ich mehr wüßte, als in Ihrem Brief steht, ich könnte nicht mit Ihnen darüber reden. Das müssen Sie verstehen.«
    »Ihr Beichtgeheimnis gilt also auch, wenn es um Mord geht? Was ist wichtiger, den Lebenden zu helfen oder den Toten gegenüber ein Versprechen zu halten, von dem die sich so und so nichts mehr kaufen können?« Die zweite Frage klang eine Spur schärfer als die erste.
    »So kommen wir doch nicht weiter. Sie verstehen überhaupt nicht, um was es bei der Beichte geht! Die Menschen sehen mich als Mittler zwischen ihnen und Gott und vertrauen mir ihre intimsten Gedanken und Geheimnisse an. Und ich habe vor langen Jahren gelobt, nie auch nur ein Wort darüber einer dritten Person gegenüber zu verlieren. Ich habe noch niemals in meinem Leben ein Beichtgeheimnis gebrochen. Niemals!«
    Brackmann trat unvermittelt auf die Bremse; Engler, der nicht angeschnallt und auf diese plötzliche Bremsung nichtgefaßt war, wäre beinahe mit dem Kopf gegen die

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