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Der Finger Gottes

Der Finger Gottes

Titel: Der Finger Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Windschutzscheibe geprallt. Er sah Brackmann erschrocken an. Brackmann gab sich gelassen, holte die Zigaretten aus der Brusttasche seines Hemdes, hielt Engler die Schachtel hin, der lehnte kopfschüttelnd ab. Brackmann zündete sich eine Zigarette an. Er inhalierte tief, hielt den Rauch eine Weile in seinen Lungen, bevor er ihn durch Mund und Nase wieder ausstieß.
Engler, du verdammter Pfaffe, mach endlich dein Maul auf und sag, was du weißt!
    »Ich weiß, daß Sie mehr wissen, als Sie zugeben. Vielleicht sogar mehr, als Maria Olsen mir geschrieben hat. Ich weiß, daß Sie seit Sonntag abend bestimmt das ganze Leben von Maria Olsen auswendig kennen. Und ich muß Ihnen gleichzeitig sagen, daß mir Ihr Beichtgeheimnis im Augenblick, gelinde gesagt, scheißegal ist! Bevor Sie jetzt weiterhin theologische Exkurse halten, werde ich Ihnen eine Geschichte erzählen, über die Sie einmal nachdenken sollten. Ich weiß nicht, wer dieser Alexander Höllerich ist und warum er sterben mußte, aber ich bin sicher, daß die Familie Vandenberg ganz tief in der Sache drinsteckt und demzufolge furchtbar schmutzige Finger hat. Wußten Sie zum Beispiel, daß Csilla Vandenberg von diesem Höllerich ein Kind erwartete? Wußten Sie, daß sie wie eine Gefangene gehalten wird? Die liebe Familie hat sie wie ein Tier eingesperrt; Panzerglas, Eisenstäbe vor dem Fenster, die Tür Tag und Nacht abgeschlossen. Nur damit sie nicht raus kann, um die Geschichte mit Alexander Höllerich und ihrer Schwangerschaft im Ort herumzuerzählen! Wußten Sie, daß sie das Baby ausgetragen hat und man es ihr direkt nach der Geburt weggenommen hat? Ich sage Ihnen auf den Kopf zu, daß Sie es wissen! Man sperrt diese junge Frau ein, damit niemand das wahre Gesicht dieser ehrenwerten Familie kennenlernt!« Er machte eine Pause, nahm einen letzten Zug an der Zigarette, schnippte sie aus dem Fensterund wendete an einem Feldweg. »Sie ist übrigens zur Alkoholikerin geworden. Sie werden sich vielleicht wundern, woher ich das alles weiß, aber ich habe vorhin mit ihr gesprochen. Und mit noch jemandem habe ich gesprochen, mit Sarah Vandenberg, der Frau von Martin. Sie ist letzte Nacht bei dem Unwetter zusammen mit ihrer kleinen Tochter und Csilla abgehauen. Und glauben Sie mir eines, die beiden Frauen fürchten nichts so sehr wie die Rückkehr nach Hause.«
    Brackmann steckte sich eine weitere Zigarette an. »Und jetzt überlegen Sie gut, wem Sie helfen wollen – einer Toten, die ihre Ruhe gefunden hat, oder ein paar Lebenden, die vielleicht durch Ihre Aussage zu einem neuen Leben finden.« Brackmann beobachtete Engler aus den Augenwinkeln; dieser starrte reglos auf einen Punkt am Ende der Straße. »Ich frage Sie noch einmal – was wissen Sie vom Tod des Alexander Höllerich?«
    »Nichts.«
    »Verdammt noch mal, das stimmt nicht! Es würde absolut keinen Sinn machen, wenn Maria Olsen sich eine ganze Nacht lang bei Ihnen ausheult, aber ausgerechnet das Wichtigste aus ihrem Leben verschweigt. Warum, um alles in der Welt, machen Sie es mir so schwer?«
    »Lassen Sie mir Zeit.« Engler schwitzte, das Wasser tropfte von seiner Stirn.
    »Wie lange, ein Jahr, zwei Jahre oder mehr?« fragte Brackmann sarkastisch.
    »Bis morgen oder besser übermorgen.«
    »Bis heute abend, Pfarrer! Nur bis heute abend. Länger kann und will ich nicht warten. Und die Frauen auch nicht. Glauben Sie mir, ich tue es nicht gerne, aber was sich seit gestern hier ereignet hat, ich spreche weniger vom Tornado als von Maria Olsens Brief, ist purer Sprengstoff. Wenn hier wirklich ein Verbrechen verübt wurde, dann werde ichdafür sorgen, daß die Schuldigen ausfindig gemacht und vor Gericht gestellt werden. Und mir ist dabei egal, wer das Verbrechen begangen hat. Ich bin Polizist und dazu da, für Recht und Ordnung zu sorgen. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß dies nicht in Ihrem Sinne sein sollte. Oder sollte ich mich in Ihnen derart getäuscht haben? Ich hoffe nicht. Wie gesagt, ich will nur das Beste für Waldstein.«
    »Sie wissen doch gar nicht, was das Beste für Waldstein ist! Lassen Sie mich hier aussteigen, ich lege den Rest zu Fuß zurück.« Brackmann bremste, diesmal vorsichtig, Engler öffnete die Tür und hievte seinen massigen Körper aus dem Auto. Bevor er ging, beugte er sich noch einmal durchs Fenster und fragte: »Wo sind übrigens die Frauen?«
    Brackmann grinste Engler kopfschüttelnd an. »Das ist und bleibt vorläufig mein kleines

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