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Der Flächenbrand der Empörung - wie die Finanzkrise unsere Demokratien revolutioniert

Der Flächenbrand der Empörung - wie die Finanzkrise unsere Demokratien revolutioniert

Titel: Der Flächenbrand der Empörung - wie die Finanzkrise unsere Demokratien revolutioniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Napoleoni
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zumindest bis zum Herbst Ruhe einkehren würde, doch schon im August zeigten sich die ersten Symptome einer Fortsetzung der Krise.
    Möglicherweise waren die empörten Bürger in aller Welt darüber noch nicht ausreichend informiert, doch jeder ahnte etwas. Daher wurde nicht nur gegen die Regierung protestiert, sondern auch gegen die internationalen Institutionen. Denn schließlich war auch schon im Jahr 2010 bekannt, dass es zu neuen Fälligkeiten kommen würde, als das erste Rettungspaket geschnürt wurde. Europa hatte diese durchaus tiefe Wunde erst einmal mit einem Heftpflaster verschlossen. In Wirklichkeit aber hätte sie genäht werden müssen. Und längst hatte der Wundbrand eingesetzt. Warum aber diese oberflächliche Behandlung? Ganz einfach. Die EZB, die EU und der IWF nahmen wohl an, dass die Sparpakete den Markt bis zum Sommer 2011 beruhigt hätten, sodass Griechenland sich, ohne Wucherzinsen zu zahlen, wieder Geld hätte ausleihen können. Griechenland hätte sich somit erneut verschuldet, um seine Schulden zu begleichen! Ismails Tragödie wiederholt sich also. Denn natürlich irrten die Institutionen, aber vielleicht war diese Vorstellung ohnehin nur Wunschdenken.
    So unglaublich es scheint, aber diese Institutionen, die die Verantwortung für das Wohl ganzer Nationen tragen, handelten offensichtlich nach dem Motto »Augen zu und durch« in der Hoffnung, irgendwann werde schon ein Wunder geschehen. Daran hat sich auch heute noch nicht viel geändert. Den em pörten Bürgern und auch so manchem Volkswirt erscheint diese Strategie absurd. Ebenso absurd wie die Strategien, um die 110 Milliarden Euro aufzutreiben, die tatsächlich die Staatseinnahmen reduziert und so das Verhältnis der Staatsschuld zum BIP erhöht haben. Im Frühjahr 2011 waren die griechischen Staatsschulden auf 340 Milliarden Euro angewachsen.
    Griechenland ist in die Schuldenfalle getappt und wird nur schwerlich wieder herauskommen, ohne denselben Weg zu beschreiten wie Argentinien oder Island – Insolvenz, ob freiwillig oder erzwungen. Selbst wenn Europa ein zweites Rettungspaket schnürt. Wäre es nicht sinnvoller, gleich Bankrott zu erklären? In diesem Fall dienten die Opfer der Bevölkerung wenigstens dazu, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, statt der internationalen Hochfinanz Wucherzinsen in den Rachen zu werfen oder das Geld der anderen EU-Mitgliedsstaaten zu verschwenden. Genau das will der empörte Bürger: konkrete, konstruktive Maßnahmen, kein Pflästerchen oder Beruhigungsmittel.
    Fassen wir also zusammen: Wir haben demokratisch gewählte Regierungen, die vereint mit ihren Komplizen, den Banken und der Hochfinanz, ihre Wähler ausnehmen, um sich dann den Konsequenzen zu entziehen und die Probleme durch Inkompetenz oder Unbeweglichkeit zu verschlimmern. Die Institution EU, unter deren Schirm sich all diese Staaten versammelt haben, hat ihrerseits versagt, weil sie die Regierungen nicht ausreichend kontrolliert hat. Als sie dann mit der heraufbeschworenen Krise konfrontiert war, erwies sie sich als unfähig, dauerhafte Lösungen zu finden.
    All das kann man unter einem Stichwort zusammenfassen: politischer Bankrott.
    Auf ebendiesem Nährboden breitet sich der Flächenbrand der Demokratie aus.

7 Die bittere Pille – die nicht wirkt
    Die Griechen wollen nicht dasselbe Schicksal erleiden wie die Ägypter des 19. Jahrhunderts. Doch genau das steht ihnen bevor, wenn Außenstehende ihre Finanzen verwalten. Aus diesem Grund fordern sie mit lauter Stimme, von den Entscheidungen, die unmittelbar ihre Zukunft betreffen, nicht ausgeschlossen zu werden. Bisher war ihnen diese Möglichkeit verwehrt, und die Ergebnisse sind hinreichend bekannt. Demokratie heißt Mitbestimmung. Und das fordern die empörten Bürger.
    Schon zu Ismails Zeiten erfolgte die ausländische Einmischung unter dem Vorwand, Ägypten zu helfen und die Zivilisation ins Land zu tragen. Letztlich aber ging es um die europäischen Expansionsabsichten im Mittelmeerraum. Auch heute muss man sich fragen: »Cui prodest? – Wer profitiert davon?« Die internationalen Organisationen, die die Schuldenkrise beheben sollen, haben die Lage verschlimmert, statt sie zu verbessern. In der Tat haben die Bedingungen, die der IWF Ländern wie Griechenland und Portugal auferlegte, das Wachstum dort massiv gebremst. Die Streitigkeiten zwischen der EZB, Frankreich und Deutschland überzeugten viele Investoren bzw. Ratingagenturen davon, dass der Euro, wie wir ihn heute

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