Der Flammenengel
wieder zurück, den wir auch gekommen waren, und hatten ihn kaum verlassen, als im Licht der beiden Scheinwerfer die Gestalten erschienen. Es waren die in der Nähe lebenden Menschen. Natürlich war der Feuerschein von ihnen auch bemerkt worden. Sie stellten sich uns in den Weg, winkten, so dass ich stoppen musste.
Die Fragen prasselten auf uns nieder. Wir gaben Antworten, so gut wir konnten und erklärten auch, dass nichts weiter geschehen war.
»Aber das Haus des Rabbi«, sagte jemand.
»Steht noch«, meinte Bill Conolly. »Es ist nur ein wenig angekratzt. Und jetzt gebt den Weg frei, Herrschaften! Alles andere wird euch der Rabbi erzählen.« Sie taten es nur unwillig. Ich rollte langsam an und ließ die Anwohner hinter uns zurück.
»Großer Gott, das haben wir hinter uns!« flüsterte Bill, wobei er sich neben Sheila in die Fondpolster drückte. »Hast du mal eine Zigarette, John?«
Ich warf ihm das Päckchen rüber. Bill rauchte und hielt mit der freien Hand Sheilas Finger umfasst. Ich hörte die beiden miteinander flüstern, verstand aber nicht, was sie sich sagten.
Ich hatte auch daran gedacht, mich noch einmal mit Sir James in Verbindung zu setzen, es dann bleiben lassen, denn wir wollten unbelastet unserem Ziel entgegenfahren.
Dennoch wurden wir an das Feuer erinnert.
Es war das schwache Heulen der Sirenen, deren Klang wir in der Ferne vernahmen. Da es außer mir auch Suko und Bill vernommen hatten, glaubte keiner von uns an eine Täuschung.
Ich hielt den Bentley an und ließ die Seitenscheiben nach unten fahren. Jetzt hörten wir es deutlicher. Und von allen Seiten. Wir saßen wie angewachsen in dem Silbergrauen und hatten bleiche Gesichter bekommen.
»Das ist ein Großalarm!« flüsterte Sheila.
Mir rann es kalt, über den Rücken. In meinen Gesichtszügen stand die Angst. Ich sah mich selbst, als ich in den Innenspiegel schaute.
»Willst du nicht doch?« fragte Suko und deutete auf das Telefon. Ich nickte, hob den Hörer ab und tippte sehr schnell die Rufnummer ein. Im Büro meldete sich Glenda. Ihre Stimme zitterte bereits, als sie ihren Namen sagte.
»Ich bin es.«
»John!« Sie schrie förmlich auf. Ich hielt den Hörer unwillkürlich ein Stück vom Ohr entfernt.
»Was ist geschehen?«
Glenda schluckte und schluchzte in einem vor ihrer Antwort. »Die Katastrophe ist eingetreten, John. Man hat es nicht verhindern können…«
»Was hat man nicht verhindern können? Rede, Mädchen!«
»Den Großbrand.«
»Okay, und wo?«
»Im Hafen…«
Nach dieser Erwiderung wurde selbst ich still und spürte, dass sich die Gänsehaut auf meinem Rücken verstärkte. Ausgerechnet der Hafen. Das schwache Glied in der Kette. Was dort alles an brennbarem und explosivem Material lagerte, war kaum zu ermessen. Wenn die Flammen es schafften, die Container zu zerschmelzen, das traute ich ihnen nach allen Erfahrungen zu, konnte die Riesenstadt London dem Untergang geweiht sein.
»Du sagst ja nichts, John!« vernahmen wir die dünne Stimme der Glenda Perkins.
Was sollte ich sagen? Ich musste zunächst meine Gefühle unter Kontrolle bekommen. »Was ist mit Sir James?«
»Am Brandort. Sämtliche Feuerwehren sind alarmiert worden. Auch die Mitglieder des Katastrophenschutzes. Die Polizei ebenfalls. Man versucht abzusperren, was eben noch menschenmöglich ist. Ich höre nur mehr Sirenen in Richtung Hafen fahren.«
»Wir auch. Hat Sir James noch etwas von uns gesagt?«
»Nein, aber er setzt die Hoffnungen auf euch. Wenn ihr die Bestien oder den Flammenengel stoppt, bricht vielleicht auch das Feuer zusammen.«
»Wir wollen es hoffen«, flüsterte ich und erklärte Glenda noch unser Fahrziel.
»Was wollt ihr dort?« fragte sie.
»Feuer löschen«, erwiderte ich zum Abschied. Es klang verdammt sarkastisch, mir war in diesem Augenblick nichts anderes eingefallen. Unser nächstes Ziel war Greenwich, aber noch befanden wir uns in London und mussten erst den östlichen Straßenring überqueren. Danach verbreiterte sich die Themse, da sie bereits in Richtung Mündung lief. Ich gab wieder Gas. Meine Freunde sagten nichts. Aber ihre Gedanken waren ebenso trübe wie die meinen…
***
Der Himmel war zu einer einzigen Fackel geworden, und die Gesichter der Menschen wirkten bleich wie die von Toten.
Bisher hatte das gewaltige Feuer acht Schiffe zerrissen und ihre Einzelteile gegen den Nachthimmel geblasen. Danach hatten sich die Flammen zwar ausbreiten können, aber sie waren noch nicht bis an die großen
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